Podcast "Digital Leben" Wie aus dem Großraum Leipzig-Halle die Zukunft gestaltet werden soll

05. Januar 2022, 13:41 Uhr

Christian Hummert von der Cyberagentur in Halle und Rafael Laguna von der Agentur für Sprunginnovationen in Leipzig sprechen zum ersten Mal zusammen öffentlich über ihre Jobs, welche Schwierigkeiten sie bisher bewältigt haben und über welche Fragen und Ideen für zukünftige Innovationen sie gerade nachdenken. Dabei geht es um Energie, Klima und auch um ein neues Internet.

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Sie wollen beide die Welt verbessern: der eine in Sachen Cybersicherheit, der andere in allen anderen Belangen. Christian Hummert und Rafael Laguna sind die Chefs der beiden Agenturen des Bundes, die die ganz großen Zukunftsfragen stellen und lösen wollen. Und das alles aus Mitteldeutschland heraus.

In ihrem ersten gemeinsamen Interview ergänzen sie sich: "Die Dinge, die wir jetzt anstoßen, haben viele Leute noch gar nicht auf dem Schirm", sagt zum Beispiel Christian Hummert, der Chef der Cyberagentur des Bundes in Halle. Und Rafael Laguna, Chef der Agentur für Sprunginnovationen (SprinD) in Leipzig, sagt: "Das sind Fragen, mit denen wir uns nicht erst beschäftigen dürfen, wenn sie akut werden."

Die Cyberagentur macht alles, was mit Sicherheit zu tun hat, und die SprinD macht einfach alles, was nicht mit Sicherheit zu tun hat.

Christian Hummert, Cyberagentur

Beide Agenturen haben die Zukunft im Blick und wollen Innovationen anstoßen, die in zehn, 15 Jahren die Welt verändern können.

SprinD: Energie, Klima, Analogcomputer

Laguna treibt vor allem an, Innovationen zu finden, die das Leben der Menschen nachhaltig verbessern. Er will weniger das neue TikTok oder Instagram, sondern eher eine Errungenschaft wie den Buchdruck fördern. Und er zeigt sich ziemlich hoffnungsfroh, was neue Technologien anbelangt: "Ich habe so viel fantastisches Zeug gesehen", sagt Laguna.

Die größte Frage, die es seiner Meinung nach zu lösen gilt, ist die Frage der Energie. Für Laguna ist "die Mutter aller Sprunginnovationen eine Methode zur Energieerzeugung, die CO2-neutral und so günstig ist, dass es sich nicht einmal lohnt, dafür Geld zu berechnen."

Und so fördert die SprinD zum Beispiel ein Projekt für ein 300 Meter hohes Windrad.

Damit lasse sich bis zu drei Mal mehr Strom erzeugen. Aktuell laufe eine Ausschreibung, wie sich CO2 langfristig aus der Atmosphäre entfernen lässt – auch um daraus ein Geschäft zu machen. Außerdem fördert die Agentur die Entwicklung antiviraler Medikamente, die Heilung von Alzheimer und die Entwicklung eines Analogcomputers.

Ein solcher Analogrechner soll schneller und energieärmer als ein Digitalrechner werden und auf wenige Quadratmillimeter passen. Bisherige Rechner führen Algorithmen nacheinander Schritt für Schritt aus. In einem Analogrechner sollen alle Rechenelemente parallel arbeiten. "Digital ist unterkomplex und auch nicht menschlich genug", schreibt die SprinD auf ihrer Internetseite dazu.

Wer die Zukunft vorhersagen will, muss sie machen.

Rafael Laguna zitiert den US-Informatiker Alan Kay

Cybersicherheit: Der Mensch im Fokus

Dass sich auch die Cyberagentur mit dem Menschlichen beschäftigen will, ist nur auf den ersten Blick ungewöhnlich. Denn ihr Chef Hummert sagt, das Internet sei ein wunderbares Instrument, uns mit der Wahrheit zu versorgen. Aber: "Es gibt soviel Pornografie und Werbung und Lügen, dass es immer schwieriger wird, die Wahrheit zu finden."

Das würde die Menschen verunsichern – manche mehr und manche weniger. Und Menschen sind auch verunsichert, weil es aus dem digitalen Raum Angriffe gibt. Im Digitalen könnten dann vielleicht Virenscanner helfen, sagt Hummert. "Aber was macht das eigentlich mit mir? Fühle ich mich dadurch sicherer?", fragt er. Denn es sei wie im echten Leben: Wenn viel Polizei zu sehen sei, fühlten sich manche Menschen dadurch sicherer und andere fühlten sich unsicherer. "Werde ich durch einen Virenscanner also aufmerksamer oder werde ich sogar unaufmerksamer, weil ich glaube, das Programm löst schon alles für mich selbst?"

Das sei so etwas wie gefühlte Cybersicherheit. Hummert fragt sich, ob man sie messen kann und wie sie das Handeln der Menschen beeinflusst. Noch ist daraus kein Projekt geworden, aber diese menschliche Frage gehöre auch bei der Cyberagentur in den Fokus, meint Hummert. "Sichere Gesellschaft" heißt das Projekt in der Cyberagentur.

Und schon jetzt bearbeitet oder stößt die Cyberagentur zwei Forschungsthemen an, die dazu passen. Zum einen Computer-Gehirn-Schnittstellen, bei denen Computer quasi Gedanken lesen können. Wie Gehirne unhackbar werden, fragt die Cyberagentur deshalb in ihrem ersten Forschungsvorhaben.

Und was sie zum zweiten auch erforschen lassen will: so genannte "formal verifizierte Hardware". Dabei soll ein Computerprozessor nur solche Befehle ausführen, die wirklich erlaubt sind. "Wenn man einen solchen Prozessor hätte, könnte eine Schadsoftware nichts Böses mehr erreichen", sagt Hummert.

Für viele mögen solche Vorhaben wie Science-Fiction klingen. Und vielleicht sind sie das auch. Aber genau solche Fragen anzustoßen, ist Aufgabe von Cyberagentur und SprinD. "Vor 15 Jahren hatte sicher auch nicht jeder die Vorstellung von einem Smartphone und wie sich die Welt verändert", sagt Hummert.

Cyberagentur: Encrypted Computing

Das neueste Vorhaben der Cyberagentur ist Encrypted Computing (PDF). Ein Anwendungsfall dafür kann zum Beispiel das Rechnen mit verschlüsselten Daten in der Cloud sein. Das ist bislang nämlich nicht möglich. Zwar können Daten verschlüsselt übertragen und gespeichert werden. Aber um mit diesen Daten etwas zu berechnen, müssen sie entschlüsselt werden.

Eine Firma oder eine Behörde, die mit ihren Daten zum Beispiel nicht auf eigenen Computern rechnen kann oder will, macht das auf Rechnern von Dienstleistern in der sogenannten Cloud. Die Firma oder die Behörde muss dabei dem Cloud-Anbieter vertrauen, dass er nicht mitliest oder die Daten an andere weitergibt.

Um herauszufinden, ob solche Verfahren machbar sind, hat die Cyberagentur eine Studie beim CISPA Helmholtz-Zentrum für Informationssicherheit in Saarbrücken beauftragt. Im Podcast "Digital Leben" stellt Dr. Nico Döttling vom CISPA die Idee des Encrypted Computing vor.

Das Problem derzeit: Auch wenn die Verfahren theoretisch funktionieren – die Berechnung dauert noch viel zu lang für eine praktische Anwendung. Vorteil allerdings: Die Wissenschaftler gehen gerade davon aus, dass diese Verschlüsselungsverfahren auch von Quantencomputern nicht geknackt werden können.

Ein neues Internet?

Und Cyberagentur-Chef Hummert geht noch einen Schritt weiter: Wie würden wir eigentlich mit unserem heutigen Wissen über Cybersicherheit ein Internet entwickeln? "Die Protokolle, die dem Internet zugrunde liegen, haben ganz inhärente Sicherheitslücken und man kann die eigentlich nicht absichern. Könnten wir nicht noch einmal ganz von vorne anfangen?" Das sei eine unglaublich spannende Frage, mit der sich Hummert im neuen Jahr intensiver beschäftigen will.

MDR (Marcel Roth)

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