Digitalpolitik Sachsen-Anhalts neuer CIO: Chef-Digitalisierer will alle "glücklich machen"

16. Oktober 2021, 12:00 Uhr

Bernd Schlömer ist der neue "Chief Information Officer" (CIO) der Landesregierung. Er ist seit zwei Wochen Staatssekretär im Ministerium für Infrastruktur und Digitales und seit dieser Woche CIO. Der ehemalige Bundesvorsitzende der Piratenpartei ist seit 2015 FDP-Mitglied. Seine Aufgabe als CIO: die Digitalisierung der Landesverwaltung und den Internetausbau im Land voranzubringen.

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Bernd Schlömer hat wohl den ungewöhnlichsten Lebenslauf in Sachsen-Anhalts neuer Landesregierung: Der Digital-Staatssekretär hat Sozialwissenschaften und Kriminologie studiert. "Danach wollte ich Gefängnisdirektor werden", sagt Schlömer. Stattdessen arbeitete erstmal für die Universität der Bundeswehr in Hamburg und engagierte sich politisch. Von 2012 bis 2013 war er Bundesvorsitzender der Piratenpartei. 2015 ist er dann in die FDP eingetreten.

Im selben Jahr hat er auch im Bundesverteidigungsministerium angefangen. Dort hat er zarte Bande nach Sachsen-Anhalt geknüpft: Schlömer hat im Verteidigungsministerium mit darüber nachgedacht, wie die Cyberagentur des Bundes entwickelt werden kann, die im vergangenen Jahr in Halle gegründet wurde.

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Ziele des CIO: digitale Verwaltung und digitale Gesellschaft

Seit Dienstag hat Staatssekretär Schlömer noch eine weitere Aufgabe: Er wurde zum Chief Information Officer, kurz CIO, berufen. Als CIO ist er Beauftragter für Informations- und Kommunikationstechnologie der Landesregierung. Er vertritt Sachsen-Anhalt auch im IT-Planungsrat, in dem sich Bund und Länder in Fragen der digitalen Verwaltung abstimmen.

Schlömer sieht im Land zwei ganz deutliche Aufgaben: "Es wird um zwei Dinge gehen: Wie digitalisieren wir uns selber, also die digitale Verwaltung. Und als zweite die digitale Gesellschaft in Sachsen-Anhalt: Wir müssen alles tun, damit wir flächendeckend Glasfaser erreichen. Nur so können Menschen an Wissen, Bildung und Informationen teilhaben."

Digitalministerin Hüskens: Schlömer war erste Wahl für CIO-Posten

Er wolle keine Zügel anlegen und prüfen, sondern beschleunigen, ermöglichen und Dinge einfach tun und umsetzen.

Wirtschaft, Zivilgesellschaft, Schulen, Kitas – sie alle lechzen nach digitalen Angeboten.

Bernd Schlömer, CIO Sachsen-Anhalt

Schlömer ist 50 Jahre alt und in Meppen im Emsland geboren. Das Lob seiner Chefin, Digitalministerin Lydia Hüskens, könnte höher nicht sein: "Er brennt für die Idee und dafür, den öffentlichen Bereich voranzubringen. Bei so einem Thema brauche ich einen Staatssekretär, der wirklich im Thema steht und mit den Leuten reden kann", sagt Hüskens. Schlömer sei ihre erste Wahl gewesen, er verfüge auch über große politische Expertise.

Schlömer war zuletzt in Berlin aktiv. Bei der Abgeordnetenhauswahl 2016 war er FDP-Spitzenkandidat für den Berliner Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, erhielt 3,3 Prozent der Stimmen und zog über die Bezirksliste ins Abgeordnetenhaus. Dort arbeitete er bis September 2021 unter anderem im Ausschuss für Kommunikationstechnologie und Datenschutz.

Schlömer: "Das Internet ist eine gute Sache"

Bei seinem ersten öffentlichen Auftritt als Staatssekretär in Sachsen-Anhalt hat er sich in dieser Woche dem Thema Desinformation gewidmet. Auf der diesjährigen Netzwerktagung der Medienanstalt Sachsen-Anhalt war einer seiner ersten Sätze: "Das Internet ist eine gute Sache. Das vergisst man immer, weil wir immer über Bedrohungen und Herausforderungen sprechen." Aber durch die Vernetzung könnten Menschen miteinander kommunizieren, interagieren, sich bilden und qualifizieren. "Es werden zahlreiche Liebesbotschaften versendet und nicht nur schlechte Sachen."

Trotzdem sei Desinformation wohl die größte Herausforderung der Digitalisierung. Eine Strategie dagegen: "Wir müssen die richtigen Begriffe verwenden, insbesondere in der Politik. Man spricht nicht von Fake News, sondern von Falschinformationen oder gezielten Falschinformationen."

Schlömer: "Das Internet gestalten wir, nicht die Konzerne"

Bei seinem kurzen Vortrag zeigt Schlömer, dass er voller Ideen steckt: Er könne sich eine Bundeszentrale für digitale Bildung vorstellen, warnt beim Blocken von Inhalten vor Überregulierung, weil die die Meinungsfreiheit gefährden könne, und fordert einen modernen Rechtsstaat, der Kriminellen im Internet gerecht werden könne. Plattformbetreiber wie Facebook oder Twitter sollten stärker in die Verantwortung genommen werden und unabhängige Wissenschaftler die Methoden der Plattformen prüfen können.

Aus den Pandemie-Erfahrungen leitet Schlömer ab, dass Politik und Verwaltung besser kommunizieren müssten. Es sei aber gleichzeitig eine Aufgabe für alle Menschen, besser und verständlich zu informieren. So ließen sich schnell Gegenstrategien gegen Falschinformationen auf den Weg bringen. Jeder sei aufgefordert, sich solidarisch zu erklären, wenn Menschen im Internet einen Shitstorm erleiden, sagt Schlömer. Wir könnten das Internet also selber besser machen: "Das Internet gestalten wir und nicht die Konzerne."

Die Aufgaben des CIO

Schlömer ist erst der dritte CIO Sachsen-Anhalts. Die Position gibt es seit 2011 – der CIO wird per Kabinettsbeschluss bestimmt. Bis vergangenes Jahr war Finanzminister Michael Richter CIO; in der Corona-Krise hatte Finanz-Staatssekretär Rüdiger Malter den Posten übernommen.

Neu in dieser Legislaturperiode: Jedes Ministerium und auch die Staatskanzlei soll einen "Chief Digital Officer" (CDO) benennen. Mit ihnen zusammen will Schlömer alle Ministerien auf die Digitalisierung einstimmen.

Digitalisierung eines der wichtigsten Politikfelder

Denn die Digitalisierung sei eines der drei wichtigsten Politikfelder, sagt Schlömer. Im Koalitionsvertrag kann er dazu seine Aufgaben lesen. Dort heißt es: "Wir erarbeiten zu Anfang der Legislaturperiode eine Digitalisierungsstrategie – einschließlich der E-Government-Strategie – in einem Arbeitskreis zwischen CDOs und dem CIO des Landes."

Glasfaserausbau vorantreiben, Sachsen-Anhalts Verwaltung digital machen: eine Mammutaufgabe, auch schon in den vergangenen Jahren. Was bislang falsch lief? "Ich kann nicht sagen, woran es gelegen hat und es geht auch nicht darum, irgendwelche Dinge aufzutun. Wir müssen uns auf die Zukunft konzentrieren", sagt Schlömer. Und er sagt: "Wir werden versuchen, das so zu machen, dass alle glücklich und mit Internet ausgestattet sind." Ein großes Versprechen, das Sachsen-Anhalt nicht zum ersten Mal hört.

MDR/Marcel Roth

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 16. Oktober 2021 | 12:00 Uhr

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