Forschungsschiff "Polarstern" Klimawandel am Nordpol: Magdeburger Forscher von Expedition zurück
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von Leonard Schubert, MDR SACHSEN-ANHALT
06. November 2023, 04:49 Uhr
Das Eis der Arktis erforschen und Klimamodelle verbessern: Das war das Ziel der Mathematiker Carolin Mehlmann und Thomas Richter aus Magdeburg. Die beiden Forscher waren acht Wochen auf dem Eisbrecher-Schiff Polarstern bis zum Nordpol unterwegs. Zurück in Magdeburg berichten sie von ihren Erkenntnissen, dem Leben an Bord und Eisbär-Sichtungen.
- Die Forschungen der beiden Magdeburger werden einen Beitrag zur Verbesserung von Klimamodellen leisten.
- An Bord der Polarstern mussten beide Forscher viele Herausforderungen bewältigen, etwa Eisbären und fehlendes Sonnenlicht.
- Im Anschluss an die Forschungsreise ist ein Themenjahr "Mathematik und Klimawandel" geplant.
Wer denkt bei einem Mathematikstudium daran, dass er oder sie irgendwann mal zwischen Eisbergen und Eisbären steht? Die Mathematiker Carolin Mehlmann und Thomas Richter von der Universität Magdeburg haben genau das erlebt. Acht Wochen waren die beiden Mathematiker aus Magdeburg auf dem Forschungsschiff "Polarstern" in der Arktis unterwegs und sind bis an den Nordpol gefahren. Mit anderen Wissenschaftler haben sie an einem Projekt zum Meereis gearbeitet.
Ihr Ziel: Die Entwicklung von marginalen Eiszonen mathematisch zu modellieren, um so Klimamodelle zu verbessern. Die Eiszonen also, die aus vielen kleinen Schollen bestehen und häufig am Rand von großen Eisflächen zu finden sind. Die Arbeit dazu hatte es in sich.
Forschung ertragreich
"Wir haben wirklich zwei Monate lang eigentlich pausenlos an irgendetwas gearbeitet", berichtet Thomas Richter. Dabei konnten Richter und Mehlmann neue Erkenntnisse gewinnen. "Zusammengefasst kann man sagen: Kleine Eisschollen werden nicht nur vom Wind bewegt, sondern die Bewegung hängt stark davon ab, was in der Umgebung passiert. (...) Wir können das gut klären. Aus mathematischer Sicht ein tolles Ergebnis."
Die Erkenntnisse tragen laut Mehlmann und Richter maßgeblich dazu dabei, bisherige Modelle zur Vorhersage des Meereises zu verbessern. "Wir haben jetzt schon einen Effekt herausgefunden, der vernachlässigt wird und in den Modellen nicht richtig dargestellt wird. Das erklärt zum Teil, warum diese Modelle nicht richtig funktionieren."
Zurück in Magdeburg arbeiten sie nun daran, die gewonnenen Erkenntnisse effizient umzusetzen und in die mathematischen Modelle einzuarbeiten. "Mathematisch ist die Frage geklärt. Aber für die Anwendung in den Modellen ist die gerade noch zu aufwändig zu berechnen", erklärt Mehlmann. Wenn das Problem gelöst ist, könnten die verbesserten Meereismodelle dann wiederum dabei helfen, die Modelle zur Klimavorhersage zu verbessern.
Alltag an Bord: Eisbären-Wachdienst
Neben ihrer eigenen Forschung mussten die beiden Magdeburger viele praktische Aufgaben an Bord übernehmen und das Leben auf dem Eisbrecher "Polarstern" meistern.
Carolin Mehlmann war unter anderem als Bärenwache im Einsatz. "Einmal war gerade ein Eisbär da, als ich meine Wache begonnen habe. Dann kriegt man ein Fernglas in die Hand gedrückt und dann musste ich den Eisbären verfolgen. Es war schon eine gewisse Drucksituation, dass man den nicht aus den Augen verliert."
Wenig Tage mit Sonne
Unterschätzt haben die beiden Mathematiker den Einfluss der fehlenden Sonne. Das dunkle, trübe Wetter sei sehr anstrengend gewesen, berichtet Mehlmann: "Wir hatten nur fünf Sonnentage in zwei Monaten. Es war zwar immer hell, aber immer grau und trüb. Da war ich gar nicht so drauf eingestellt, das war schon sehr anstrengend." Bei einer vorherigen Exkursion in die Antarktis sei das kein Problem gewesen.
Insgesamt seien die Bedingungen an Bord aber deutlich besser gewesen als erwartet, erzählt Richter. Zum einen hätte es mehr Zugang zum Internet gegeben als vorher gedacht. Zum anderen sei das Schiff geräumiger gewesen als befürchtet. "Ich hatte wirklich eine Sorge davor, dass es sehr beengt ist auf dem Schiff, dass ich immer mit anderen Leuten interagieren muss. Aber es gab dann doch recht viel Platz, vor allem in die Höhe."
Zurück in Magdeburg hatten die beiden Forscher keine Zeit, sich von der anstrengenden Reise zu erholen. Mit Semesterbeginn im Oktober sind beide sofort wieder in den normalen Betrieb an der Universität Magdeburg eingestiegen. Statt Eisschollen, Helikopter und Eisbären heißt es nun wieder: lehren, Mails schreiben. Und in den Stunden dazwischen: Daten auswerten und das neue Modell weiterentwickeln.
Themenjahr "Mathematik und Klimawandel" geplant
Dazu kommt ein großes Projekt: das Themenjahr "Mathematik und Klimawandel". In der Veranstaltungsreihe wollen beide für alle Interessierten Einblicke in mathematische Forschungen zum Klimawandel geben und zeigen, wie Mathematik bei der Lösung praktischer Probleme hilft.
Richter sagt: "Wir haben nach wie vor damit zu kämpfen, dass Mathematik als etwas sehr Trockenes, Langweiliges gilt. Aber sehr oft arbeitet man daran, Probleme in der Welt zu verstehen und Lösungen dafür zu entwickeln."
Themenjahr "Mathematik und Klimawandel"
Zum Themenjahr sind unter anderem Vorträge mit Experten geplant. Mit denen können Teilnehmende über ihre Forschung diskutieren. Auch Mehlmann und Richter werden über ihr Projekt in der Arktis berichten. Sie hoffen, damit junge Menschen für Mathematik und Physik zu begeistern.
Das Themenjahr beginnt im November. Der Vortrag über die Reise an den Nordpol ist für den 14. Dezember geplant.
MDR (Leonard Schubert)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 29. Oktober 2023 | 14:00 Uhr
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