
Sieben Jahre nach Eröffnung Rittergut und Barbycafé: Wie sich Loburg seit der Ansiedlung von "Karls" verändert hat
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07. April 2025, 18:42 Uhr
"Karls" plant ein Erlebnis-Dorf im Harz. Im 2.000-Einwohner-Ort Loburg bei Magdeburg hat das Erdbeer-Unternehmen bereits seit sieben Jahren eine Heimat gefunden. In anderen Erlebnisdörfern von Karls dominieren zahlreiche Fahrgeschäfte das Bild, hinter dem Rittergut Barby steht offenbar ein anderes Konzept. Mehr als 200.000 Besucherinnen und Besucher hat das Rittergut mit Café nach eigenen Angaben angezogen. Was hat also die Ansiedlung der Region und dem Tourismus gebracht?
- Vor sieben Jahren hat das Rittergut mit dem umgebauten Barbyschen Gutshaus des Unternehmens Karls in Loburg eröffnet.
- Anfangs fürchteten einige Menschen, der 2.000-Einwohner-Ort würde seine Beschaulichkeit verlieren.
- Was hat die Ansiedlung des Erdbeer-Unternehmens der Region gebracht?
Einmal angefangen mit dem Aufzählen, hört Gabriele Schmohl gar nicht mehr auf. Zwei Seiten hat sie sich in Vorbereitung des Gesprächs mit MDR SACHSEN-ANHALT ausgedruckt. Der Inhalt des Papiers: was in Loburg alles so los ist. Die Zusammenfassung ihrer einstündigen Ausführungen: viel, sehr viel!
Schmohl, 71 Jahre alt, Rentnerin, CDU-Mitglied und ehrenamtliche Ortsbürgermeisterin von Loburg, lacht: "Nein, das hört wirklich gar nicht mehr auf", sagt sie mit einem Blick auf ihre Liste. Zahlreiche Kulturschaffende, Sportvereine und Ehrenamtliche gibt es. Warum in dem 2.000-Einwohner-Ort im Jerichower Land so viel los ist? "Es gibt hier unheimlich viele Leute, die etwas bewegen wollen", sagt Schmohl. "Das hat sich alles nach und nach entwickelt. Inzwischen greift ein Rad in das andere."
Im Zentrum der Entwicklung: das ehemalige Rittergut mit Café, mit Bezug auf das frühere herrschaftliche Geschlecht der von Barbys, betrieben vom Erdbeer-Unternehmen "Karls". Vor sieben Jahren, am 2. April 2018, wurde das Rittergut eröffnet. "Seitdem hat sich Loburg zum Tourismus-Magneten entwickelt", sagt Schmohl. Anfängliche Bedenken wegen der Ansiedlung von "Karls" hätten sich längst zerschlagen. Die Ortsbürgermeisterin sagt: "Wir sind ein Leuchtturm im Jerichower Land."
Abenteuer Loburg: familiäre Wurzeln und Heimatverbundenheit
Zehn Standorte betreibt Karls aktuell in Deutschland, es gibt konkrete Pläne für eine Expansion in die USA. Zuletzt machten Gerüchte die Runde, das Unternehmen suche nach einem neuen Standort im Harz. Inzwischen sind die Pläne offensichtlich konkret. Aber: "Noch nicht ganz spruchreif", wie Karls-Chef Robert Dahl im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT sagt. Die Verkündung bahne sich an, mehrere Standorten seien in der Auswahl gewesen. "Für uns ist der Harz eine prädestinierte Gegend durch die vielen Gäste-Übernachtungen und Tages-Gäste", sagt Dahl. "Da fühlen wir uns wohl, vergleichbar mit der Ostsee-Küste." Der Heimat von Karls also.
Gott sei Dank bin ich vorher nicht hingefahren, dann wäre die Entscheidung vielleicht anders ausgefallen. Das sah auf den Fotos etwas freundlicher aus als in Wirklichkeit.
Auch Loburg ist für Robert Dahl aber Heimat. Seine Familie mütterlicherseits stammt aus dem Ort. Während seine Eltern mit der Erdbeerernte beschäftigt waren, habe er früher als Kind immer sechs Wochen bei seinen Großeltern verbracht. Opa und Oma hätten ihm dann immer von Loburg vorgeschwärmt. Irgendwann, Dahl war längst erwachsen, wurde ihm von seiner Tante ein Brief seines Großvaters übergeben. Darin drückte "mein Opa den Wunsch aus, dass wir aus dem alten Gutsbetrieb in Loburg wieder etwas machen, wenn sich die Chance ergibt", erzählt Dahl.
Die Chance ergab sich. Für 80.000 Euro erwarb Robert Dahl, heute 54 Jahre alt, das alte Rittergut. 2014 war das. "Ich bin gar nicht noch einmal hingefahren, sondern habe mir nur die Bilder in der Anzeige angeschaut und entschieden, dass ich das kaufe", erinnert er sich und schmunzelt: "Gott sei Dank bin ich vorher nicht hingefahren, dann wäre die Entscheidung vielleicht anders ausgefallen. Das sah auf den Fotos etwas freundlicher aus als in Wirklichkeit. Aber so ging das Abenteuer dann los." Das denkmalgeschützte Rittergut zu sanieren, habe Zeit und Geduld in Anspruch genommen, sich schlussendlich aber gelohnt, so Dahl.
Heruntergekommenes Rittergut mit neuem Leben gefüllt
Die Einwohner von Loburg hatten zu Beginn allerdings so ihre Bedenken, zumindest einige. "Manch einer hat gesagt, dass wir hier keine Mickey-Maus-Stadt werden wollen", erinnert sich Gabriele Schmohl. "Das war und ist aber ja gar nicht so angelegt." Was gemeint ist: In den anderen Erlebnisdörfern von Karls dominieren zahlreiche Fahrgeschäfte das Bild, im Grunde sind die Anlagen große Freizeitparks. "Das Rittergut ist aber weit davon entfernt", sagt Gabriele Schmohl. "Die Loburger wollen ihre Beschaulichkeit behalten. Die meisten sind bereit, vieles mitzumachen, aber es muss im Rahmen bleiben."
Die Skepsis habe sich in Grenzen gehalten, weil "Herr Dahl die Loburger mit ins Boot geholt hat", wie Gabriele Schmohl erzählt. "Das heißt, er hat von Anfang an immer erklärt, was er machen möchte – Schritt für Schritt. Da konnte jeder kommen, ob das der Ortschaftsrat oder "Otto Pimpelhuber" waren. Außerdem hat er die Gebäude zu neuem Leben erweckt. Das stand zum Zeitpunkt der Übernahme leer und war sehr heruntergekommen."
"Zugpferd für Region" mit Spielplatz, Tobeland und Erdbeer-Produkten
Inzwischen wird das alte Rittergut gastronomisch genutzt. Besonders beliebt: der Brunch am Wochenende. Auch im Barbycafé kann gespeist werden. Kinder können sich im Tobeland oder dem Ritter-Spielplatz beschäftigen. Auf der anderen Straßenseite findet sich eine Bonbon-Manufaktur, im selben Gebäude außerdem zwei Ferienapartments und direkt daneben die Brennereimanufaktur Kullmann.
Das Unternehmen hat Tradition in Loburg: Seit 1990 wird dort gebrannt. "Seitdem Karls hier ist, versuchen wir auch verstärkt, die touristische Schiene zu gestalten", erzählt Gründer Erich Kullmann. Inzwischen produziert die Brennerei Kullmanns den Erdbeerlikör für alle Märkte von Karls in ganz Deutschland. "Karls ist ein Zugpferd für die Region. Die Leute kommen teilweise aus dem ganzen Land", sagt Erich Kullmann. "Loburg war im Dornröschenschlaf und wurde durch die touristische Attraktion erweckt. Die Brennerei war bekannt, der Storchenhof auch. Jetzt gibt es aber noch mehr. Die Stadt hat sich sehr positiv entwickelt und ich hoffe, dass diese Entwicklung auch noch weiter geht."
Zukunftspläne: Robert Dahl über "den ganz großen Traum" für Loburg
Robert Dahl jedenfalls hat noch weitere Pläne für Loburg. Neben Bonbon-Manufaktur, Barbycafé mit Tobeland und Rittergut und der größten Walnuss-Plantage Deutschlands soll noch mehr entstehen. Dahl hat unter anderem eine frühere katholische Kirche, die entweiht ist, gekauft. Samt Pfarrhaus liegt das ehemalige Gotteshaus am anderen Ende der Stadt. "Das passt perfekt", sagt Dahl. Denn: "Die Vision, der ganz große Traum ist, dass man durch Loburg gehen kann und viele Spots hat, wo man etwas erleben kann: etwas schönes essen, den Storchenhof besuchen, bei der Manufaktur zuschauen, bei der Brennerei. Damit Loburg den Charakter eines Ausflugszieles in der Region hat." Noch mehr als ohnehin schon.
Deshalb könnten in der ehemaligen Kirche bald Yoga-Retreats angeboten werden. "Meine Frau ist Yoga-Lehrerin", sagt Dahl. "Das wäre also eine Idee. In dem Pfarrhaus könnte man Zimmer einrichten und das Kirchenschiff wäre ein schöner Yoga-Spot." Noch seien die Planungen allerdings nicht konkret.
Fest steht indes: Die Parkplätze sollen ausgebaut werden. Aktuell parken zahlreiche Besucherinnen und Besucher nämlich auf dem Marktplatz. "Das ist dort eigentlich aber nicht erlaubt, sondern nur geduldet", erzählt Ortsbürgermeisterin Gabriele Schmohl. Und Robert Dahl sagt: "Ja, wir arbeiten an einer Erweiterung der Parkplätze. Noch ist es uns nicht ganz gelungen, alle notwendigen Genehmigungen zu erhalten."
Arbeitsplätze für die Region
Trotzdem: Loburg entwickelt sich weiter, auch dank der Ansiedlung von Karls. 42 Arbeitsplätze bietet das Unternehmen aktuell. "Das ist ein Faktor für uns hier", sagt Gabriele Schmohl, denn: "Wir haben ansonsten nicht so viele große Firmen und Betriebe."
Mehr als 200.000 Besucherinnen und Besucher hat das Rittergut mit Barbycafé im vergangenen Jahr laut eigenen Angaben gezählt. Davon will der Ort weiter profitieren. In den kommenden Jahren soll beispielsweise die Burg als Ausflugsziel restauriert werden. Orstbürgermeisterin Gabriele Schmohl sagt: "Das ist das nächste Großprojekt, um Loburg touristisch zu entwickeln." Ihre Liste wird also immer länger.
MDR (Daniel George)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 07. April 2025 | 07:30 Uhr
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