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In der JVA Burg wurde die Ehefrau eines Häftlings nach dem Besuch ihres Mannes tot aufgefunden. (Symbolbild) Bildrechte: picture alliance / Klaus-Dietmar Gabbert/dpa-Zentralbild/ZB | Klaus-Dietmar Gabbert
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MDR SACHSEN-ANHALT Mo 07.04.2025 14:30Uhr 00:29 min

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Nach Besuch Tote in der JVA Burg: Besucherin starb nach Gewalt "gegen ihren Hals"

07. April 2025, 17:57 Uhr

Ein Insasse der JVA Burg soll während der Besuchszeit seine Ehefrau getötet haben. Der Obduktionsbericht erhärtet nun diesen Verdacht. Die Frau war zum sogenannten Langzeitbesuch ihres Ehemannes – diese werden akustisch oder optisch nicht überwacht. Die Anstaltsleitung hat derlei Besuche nun vorerst ausgesetzt.

In der JVA Burg im Jerichower Land hat ein Häftling möglicherweise seine Ehefrau getötet. Wie die Staatsanwaltschaft Stendal MDR SACHSEN-ANHALT am Freitag mitteilte, hatte die 35-Jährige den 37 Jahre alten Tatverdächtigen am Donnerstag besucht und wurde dann tot aufgefunden. Bediensteten und Rettungskräften war es laut der Ermittlungsbehörden nicht gelungen, die Frau wiederzubeleben.

Seit Montag ist klar: Die tote Häftlingsbesucherin ist nach Gewalt "gegen ihren Hals" verstorben. Das habe die Obduktion ergeben, teilten Staatsanwaltschaft und die Polizei in Stendal mit. Was genau das bedeutet, dazu wollten die Behörden auf Anfrage von MDR SACHSEN-ANHALT am Montag unter Verweis auf laufende Ermittlungen keine Angaben machen. Zu dem Tötungsdelikt ermittele die Kriminalpolizei. Sie habe umfangreiche Spuren gesichert, hieß es. Nach Medienberichten waren bei einer ersten Leichenschau leichte Würgemale am Hals der Frau festgestellt worden. Das Opfer stammt demnach aus dem Altmarkkreis Salzwedel.

JVA Burg 2 min
In der JVA Burg soll ein Häftling seine Ehefrau bei einem Besuch getötet haben. Mehr dazu im Video. (Symbolbild) Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Ergebnis der Obduktion kommende Woche erwartet

Gegen den 37-jährigen Ehemann der Toten wird demnach wegen eines Anfangsverdachts des Totschlags ermittelt. Er sitzt seit einigen Jahren in Haft, aber laut Medieninformationen nicht als Gewalttäter, sondern unter anderem wegen Betrugs und Urkundenfälschung.

Besuch in JVA Burg wurde nicht überwacht

Die Frau hatte ihren Mann in einem sogenannten Langzeit-Besuchsraum der Haftanstalt getroffen. Dort dürfen Gefangene ungestörten Kontakt mit ihrem Partner haben – auch Sex. In diesen Zellen gibt es keine Kameraüberwachung. Ein Langzeitbesuch dient dazu, Beziehungen zu Angehörigen wie Kindern in geschützten Räumen zu ermöglichen.

Unterdessen hat die Anstaltsleitung in Burg alle geplanten sogenannten Langzeitbesuche "bis auf Weiteres" ausgesetzt. Das bestätigte am Montagabend ein Sprecher des Justizministeriums. Zuvor hatte die "Mitteldeutsche Zeitung" berichtet. Die schon genehmigten Besuche würden nun "einzelfallbezogen" neu geprüft, hieß es. Mögliche weitere Maßnahmen der JVA hingen auch von den Ermittlungen der Behörden ab.

SPD-Innenpolitiker Erben: Sicherheit der JVA Burg muss überprüft werden

Der innenpolitische Sprecher der SPD-Landtagsfraktion, Rüdiger Erben, äußerte sich auf Nachfrage von MDR SACHSEN-ANHALT am Freitag erschüttert. Erben betonte, die Ermittlungen müssten sorgfältig abgewartet werden. Klar sei jedoch, es müsse geprüft werden, ob rechtliche Vorgaben und interne Abläufe in Burg noch die nötige Sicherheit gewährleisten.

Ein 'Weiter so' dürfe es nicht geben – weder im Umgang mit hochgefährlichen noch mit vermeintlich unauffälligen Gefangenen. Erben erinnerte daran, dass auch der Attentäter von Halle in dem Gefängnis Bedienstete bedrohen und einen Fluchtversuch unternehmen konnte. Ihn mache die Fülle der Vorfälle dort stutzig.

Linken-Politikerin von Angern fordert schnelle Klärung des Tathergangs

Die Vorsitzende der Linken im Landtag, Eva von Angern, teilte MDR SACHSEN-ANHALT mit, die Tat in einem Gefängnis, quasi in Obhut des Staates, sei besonders dramatisch. Die Angehörigen des Opfers und die Öffentlichkeit bräuchten daher schnell Klarheit über den Tathergang. Die Landesregierung müsse die Frage beantworten, ob sie zu verhindern gewesen wäre.

Der innenpolitische Sprecher der Grünen im Landtag, Sebastian Striegel, sagte laut einer Mitteilung der Fraktion, es stehe der konkrete Verdacht eines Femizids im Raum. Es sei schwer zu verstehen, wie eine Besucherin in einem Hochsicherheitsgefängnis Opfer eines so schrecklichen Verbrechens werden könne. Gerade an diesem Ort müsse der Staat Sicherheit gewährleisten. Es brauche zügige und gründliche Ermittlungen, auch durch das Justizministerium.

Striegel ergänzte im Gespräch mit dem MDR, in Burg gebe es eine Häufung von sicherheitsrelevanten Vorkommnissen. Da müsse man auch nach strukturellen Ursachen fragen.

Mauer und Tor der Justizvollzugasanstalt Burg.
Die JVA in Burg gilt laut Justizministerium als eines der modernsten Gefängnisse Deutschlands. (Archivfoto) Bildrechte: picture alliance/dpa | Klaus-Dietmar Gabbert

Der innen- und justizpolitische Sprecher der FDP-Fraktion, Guido Kosmehl, sprach sich im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT am Freitagnachmittag dafür aus, Sicherheit bei den unbeobachteten Langzeitbesuchen zu verbessern. Man müsse nach Möglichkeiten suchen, die die Privatsphäre der Beteiligte nicht verletzen. Kosmehl sagte, grundsätzlich sei er für solche Langzeitbesuche.

Blick auf die Auߟenmauer der Justizvollzugsanstalt Burg 1 min
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MDR SACHSEN-ANHALT Fr 04.04.2025 10:00Uhr 00:37 min

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JVA Burg erneut Thema im Rechtsauschuss

Nach dem Todesfall soll das Gefängnis in Burg erneut Thema im Landtags-Rechtsausschuss werden. Der Vorsitzende Christian Hecht von der AfD sagte dem MDR, man habe bereits einen entsprechenden Antrag auf der Tagesordnung für die nächste Sitzung. Er erwarte dann konkrete Informationen von der Justizministerin. Hecht betonte, bislang wisse er über den neuen Vorfall auch nicht mehr, als in den Medien berichtet werde. So sei nicht einmal klar, ob ein Tötungsdelikt vorliege. Mittlerweile sei er aber zu der Überzeugung gekommen, dass in Burg etwas grundsätzlich nicht so laufe, wie es in einer modernen JVA laufen sollte.

JVA Burg gilt als eines der modernsten Gefängnisse Deutschlands

Franziska Weidinger (CDU), Ministerin für Justiz und Verbraucherschutz des Landes Sachsen-Anhalt
Sachsen-Anhalts Justizministerin Franziska Weidinger (CDU): Der Rechtsausschuss hofft auf Informationen der Ministerin. (Archivfoto) Bildrechte: picture alliance/dpa | Klaus-Dietmar Gabbert

Das Justizministerium sprach unterdessen den Angehörigen und Freunden des Opfers seine Anteilnahme aus. Auf Anfrage von MDR SACHSEN-ANHALT teilte das Ministerium mit, eine Aufarbeitung unter Beteiligung des Justizvollzugs sei eingeleitet worden. Da das konkrete Geschehen bislang ungeklärt ist, seien die Ermittlungen von Polizei und Staatsanwaltschaft abzuwarten. 

Die Justizvollzugsanstalt (JVA) Burg wurde 2009 in Sachsen-Anhalt eröffnet. Sie zählt nach Angaben des Justizministeriums zu den modernsten und sichersten Gefängnissen Deutschlands und bietet Platz für rund 650 männliche Strafgefangene mit mittlerem bis hohem Sicherheitsstandard.

MDR (Lars Frohmüller, Christoph Dziedo, Cornelia Winkler)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 07. April 2025 | 13:00 Uhr

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