Kommentar Rückenwind aus der Politik für Feuerwehrschule Heyrothsberge ist laues Lüftchen

26. Januar 2023, 15:27 Uhr

Die Feuerwehr in Sachsen-Anhalt wird am Institut für Brand- und Katastrophenschutz in Heyrothsberge ausgebildet. Dem Institut fehlen Lehrerinnen und Lehrer. Ein Zukunftskonzept, das das Innenministerium nun für die Schule erarbeitet, geht nicht weit genug: ein Kommentar der MDR-Reporter Max Hensch und Annette Schneider-Solis.

Das "Flaggschiff" ist leck. Immer weiter bleibt das Institut für Brand- und Katastrophenschutz (IBK) Heyrothsberge hinter der Armada deutscher Feuerwehrschulen zurück, die es dereinst anführte. Es ist verwunderlich, dass das Sinken des Instituts auf Raten erst jetzt die Alarmglocken im Innenministerium leise anklingeln lässt.

Denn seit mehr als zehn Jahren geht das Institut für Brand- und Katastrophenschutz in Heyrothsberge im Jerichower Land den Bach hinunter. Der Kapitän und 20 Matrosen gingen innerhalb von vier Jahren von Bord. Außerplanmäßig, also nicht durch die Rente. Das ist fast ein Drittel der aktuellen Belegschaft. Sie gingen zu Berufsfeuerwehren oder wechselten an Ausbildungsstätten anderer Bundesländer, weil dort die Bedingungen deutlich lukrativer sind: vollständige Übernahme der Krankenversicherung, früherer Renteneintritt, Feuerwehr- oder Lehrzulagen.

Personalprobleme: Ausbilder fehlt, Unterricht fällt aus

Mehr als die Hälfte der Azubis heuern nach ihrem Abschluss ab. Externe Bewerber scheinen wenig Interesse am einstigen Flaggschiff IBK Heyrothsberge zu haben. Der Direktorenposten ist seit zwei Jahren unbesetzt, auf der Brücke hat vor zwei Jahren der Erste Offizier, einer der Ausbilder, das Kommando übernommen. Er fehlt in der Mannschaft, wo für seine Arbeit wieder jemand anders nachrücken muss, der dann wiederum ebenso fehlt bei der Unterrichtsabdeckung. Fünf Stellen sind derzeit unbesetzt. Neue Stellen soll es geben – wie Bewerber dafür gefunden werden sollen, bleibt offen.

Bereits jetzt fällt massiv Unterricht aus. Der Krankenstand ist hoch, die Belegschaft im Maschinenraum arbeitet sich ab. Die renommierte Task Force wanderte vor Jahren nach Sachsen ab, weil die Rund-um-die-Uhr-Bereitschaft nicht mehr gewährleistet werden konnte. Das sind Verhältnisse, die jedem privatwirtschaftlichen Unternehmer in Zeiten massiven Fachkräftemangels Schweißausbrüche bescheren würden.

Innenministerium handelt spät

Das Innenministerium von Sachsen-Anhalt stapelt in Personalfragen tief und glaubt, potentielle Kandidaten seien daran interessiert, "Teil eines Projektes" zu sein – etwas neu aufzubauen, an einem Standort, der früher international von hoher Bedeutung war. Der heute in seinen Strukturen desolat, sanierungsbedürftig und einer Einrichtung mit diesem zentralen Stellenwert für das Rettungswesen in Sachsen-Anhalt unangemessen ist.

Es ist gut, dass die Innenministerin nun zumindest den Willen zu handeln signalisiert. Es muss aber die ernsthafte Frage gestellt werden, warum das erst jetzt passiert. Der zuständige Referatsleiter des Ministeriums ist seit mehr als zehn Jahren im Amt und im regelmäßigen Austausch mit Vertretern der Basis. Und die Probleme, die nun angegangen werden sollen, sind so lange schon bekannt.

IBK Heyrothsberge im Konkurrenzkampf um Fachkräfte

Aber: Reicht es überhaupt, was das Ministerium hier vorschlägt? Betrachtet man allein die Lehrer, soll hier eine Rente mit 62 und eine Zulage von 140 Euro monatlich kommen. Das ist immer noch nicht so gut wie ein leitender Job bei einer Berufsfeuerwehr und nicht besser als ein Ausbilderposten in vielen anderen Bundesländern. Mit denen aber steht das IBK im Konkurrenzkampf um Fachkräfte. Es gibt also viel zu tun. Zumal die Innenministerin einräumt, dass dies alles hehre Absicht ist, von der man aber Finanzministerium und Landtagsfraktionen erst noch überzeugen muss.

Man hätte sich einen kraftvolleren Ansatz beim Thema Feuerwehr-Ausbildung gewünscht, welches auch ehrenamtliche Helfer betrifft. Das Ehrenamt, besonders in der Feuerwehr, ist eine der größten Errungenschaften, die unsere Gesellschaft hervorgebracht hat. Menschen, die in ihrer Freizeit ihr Leben für andere riskieren, müssen in die bestmögliche Lage versetzt werden, Einsätze gefahrfrei und routiniert zu bestreiten. Punkt. Und da muss es in einem Ministerium mehr Elan und mutigere Ansätze geben, um dafür politische Veränderung zu erreichen. Damit das Leck gestopft und das einstige Flaggschiff IBK zumindest erst einmal wieder aufholen kann zur Armada der Feuerwehrschulen in Deutschland, die es einst anführte.

MDR (Max Hensch, Annette Schneider-Solis, Julia Heundorf)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 25. Januar 2023 | 19:00 Uhr

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