Wernigerode Neue Mess-Station an der Holtemme: Wie sie beim Hochwasserschutz helfen soll
Hauptinhalt
17. Januar 2025, 18:59 Uhr
An der Holtemme in Landkreis Harz ist am Donnerstag eine neue Pegelstation offiziell in Betrieb genommen worden. Laut Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft ist der Pegel "Steinerne Renne" jetzt mit modernster Mess- und Übertragungstechnik ausgestattet, die eine präzisere und schnellere Vorhersage von drohenden Hochwassern erlaubt.
- An der Holtemme bei Wernigerode wurde eine moderne Pegelanlage mit hochpräziser Messtechnik installiert.
- Die neue Station ergänzt die bestehende Anlage und wird zwei Jahre parallel betrieben.
- Der Landesbetrieb für Hochwasserschutz investiert landesweit in die Modernisierung von Pegeln.
Recht gemütlich rauscht die Holtemme dieser Tage am neuen Pegelhäuschen an der Steinernen Renne nahe Wernigerode vorbei. Eine typisch gelbe Latte mit schwarzen Strichen und Zahlen lässt einen aktuellen Wasserstand von 30 Zentimetern erkennen. "Das ist absolut normal", sagen die Mitarbeiter vom Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft (LHW). Doch die Skala reicht bis 2,50 Meter – nicht ohne Grund. Aus Erfahrung ist bekannt, dass der Wasserstand der Holtemme enorm und sprunghaft ansteigen kann.
Modernste Technik soll vor Hochwassern warnen
Deshalb ist das neue Pegelhäuschen mit allerhand Messvorrichtungen gespickt, um in puncto Hochwasserschutz präziser und vor allem schneller Vorhersagen treffen zu können. Friedemann Gohr vom LHW kennt das mit hellem Holz vertäfelte Häuschen und sein systemisches Innenleben aus dem Effeff. "In der Gewässersohle haben wir eine Drucksonde. Wir haben Winkelcodierer mit Schwimmern verbaut. Und auf dem Mess-Steg haben wir noch eine Radarsonde installiert", fachsimpelt der Gewässerkundler. "Mit all diesen Instrumenten können Wasserstände und deren Änderungen erfasst werden."
Außerdem liefere ein angedockter Niederschlagsmesser weitere Werte, die in die Daten einflössen, die in die Hochwasserschutzzentrale übertragen würden. Und all dies geschehe permanent, ergänzt Friedemann Gohr. Und er spricht die doppelte Absicherung an. "Die Daten können sowohl über Leitung als auch über Funk übertragen werden." Und im Falle eines Stromausfalls springe ganz autark "eine Brennstoffzelle ein."
Hochwasser 2017: 16 Millionen Euro Schaden
All dies soll die Zuverlässigkeit sicherstellen – und vor allem schneller sein als je zuvor. Darauf setzt auch der Landkreis Harz als Katastrophenschutzbehörde. Bei einem drohenden Hochwasser müssten Vorkehrungen getroffen werden, sagt Landrat Thomas Balcerowski (CDU): "Menschen zu evakuieren beziehungsweise sie auf Aufenthaltsmöglichkeiten hinweisen, je nach Situation und Lage", darauf komme es im Ernstfall an. Dafür brauche man rechtzeitige Informationen und "deshalb ist eine solch moderne Messstelle sehr, sehr wichtig", so Balcerowski.
Das Quellgebiet der Holtemme liegt in knapp 900 Metern Höhe bei den Harzer Hohneklippen. Meist beschaulich schlängelt sich das Flüsschen dann durch Wernigerode, Derenburg und Halberstadt, bis es schließlich in der Börde in der Bode verschwindet. Doch die Holtemme kann auch zum reißenden, wilden Strom mutieren – wie etwa 2017. Damals entstanden durch das Hochwasser Schäden von über 16 Millionen Euro. Auch die Pegelanlage an der Steinernen Renne wurde stark in Mitleidenschaft gezogen.
Altes Pegelhäuschen bleibt in Betrieb
Sachsen-Anhalts modernster Pegel an der Holtemme dürfte nun so manche Anrainer ruhiger schlafen lassen. Zu denen gehört auch Umweltminister Armin Willingmann (SPD) – hat er doch das Sommerhochwasser 2017 noch vor Augen. "Damals hat man schon mit etwas bangem Herzen geschaut, wie unglaublich schnell der Pegel stieg", erinnert sich Willingmann. Vor diesem Hintergrund sei er froh, dass "künftig die Daten steigender Pegel sehr viel früher gemeldet werden können, um entsprechende Vorsorge zu treffen."
Neben der neuen High-Tech-Station an der Steinernen Renne, in die 1,5 Millionen Euro investiert wurden, sammelt das alte Pegelhäuschen ebenfalls noch seine Daten in einem zweijährigen Parallelbetrieb. Die modernere Anlage könnten so besser kalibriert werden. "Und wir werden in regelmäßigen Abständen ein kleines Messboot zu Wasser lassen, um Menge und Geschwindigkeit durchströmenden Wassers bestimmen zu können", erklärt Friedemann Gohr.
Auch klimatische Veränderungen werden erforscht
Der Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft unterhält landesweit 56 Hochwassermeldepegel – nicht nur an der Holtemme, sondern etwa an Selke, Ilse, Saale oder Ohre. Sie zuverlässig in Schuss zu halten, gehöre zur sogenannten "Stabil im Klimawandel"-Strategie, sagt die LHW-Direktorin, Martina Große-Sudhues. Dazu zählten "bauliche Maßnahmen oder wenn nötig die Verdichtung des Messnetzes." Ebenso gehöre die Modernisierung bestehender Anlagen dazu, nämlich diese "auf den neuesten Stand der Technik zu heben, um den Hochwasserschutz auf Vordermann zu bringen", so Große-Sudhues.
Die Drucksonde in der Gewässersohle der Holtemme misst im Übrigen auch die Wassertemperatur. "Damit können wir die Prozesse um den Klimawandel besser verstehen", verspricht sich Friedemann Gohr. Einen weiteren modernisierten Hochwasserpegel will der Landesbetrieb für Hochwasserschutz und Wasserwirtschaft noch in diesem Monat an der Kalten Bode bei Elend in Betrieb nehmen.
Bei drohendem Hochwasser durch Schneeschmelze oder Starkregen seien aktuelle Pegeldaten unverzichtbar, heißt es aus dem Umweltministerium. Über Wasserstände zahlreicher Flüsse in Sachsen-Anhalt könne sich jeder ein Bild machen. Die Werte sind im Internet auf den Seiten der Hochwasservorhersagezentrale öffentlich einsehbar – auch jene der neuen Pegelanlage der Holtemme an der Steinernen Renne.
MDR (Swen Wudtke, Oliver Leiste)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 16. Januar 2025 | 19:00 Uhr
Not Found
The requested URL /api/v1/talk/includes/html/79f67cdc-ff22-41d0-b2cb-1b6afe5d56bf was not found on this server.