Hochschule Magdeburg-Stendal So soll Künstliche Intelligenz den Deichschutz verbessern

04. Dezember 2024, 19:05 Uhr

Bricht ein Deich, droht oft ein großer Schaden. Ein Projekt der Hochschule Magdeburg-Stendal soll helfen, Gefahren frühzeitig zu erkennen – durch den Einsatz von Künstlicher Intelligenz.

Wissenschaftler der Hochschule Magdeburg-Stendal wollen mithilfe von Künstlicher Intelligenz den Schutz von Deichen verbessern. Ein 12-köpfiges Forschungsteam für Wasserbau und Wasserbauliches Versuchswesen arbeitet dafür an einem Forschungsprojekt. Es soll vier Jahre laufen. Die Idee: Ein Programm soll mit Künstlicher Intelligenz so trainiert werden, dass es in Zukunft verschiedene Deichschäden selbstständig erkennt, erklärt Bernd Ettmer, der das Projekt federführend leitet.

KI wird mit Drohnen-Bildern trainiert

"Die Künstliche Intelligenz an sich ist jetzt erstmal nicht so intelligent. Das ist genau genommen erstmal ein Algorithmus – im einfachsten Fall eine Software, die wir zur Verfügung haben und die trainiert werden muss", so Ettmer. Trainiert wird sie demnach mit Bildern, die von einer Drohne aufgenommen werden und beispielsweise Risse oder Wühlmauslöcher zeigen.

Deiche in Sachsen-Anhalt

Seit Jahrhunderten dienen Deiche als primäre Schutzmaßnahme gegen einströmende Wassermassen der Meere, Seen oder Flüsse ins Binnenland. In Sachsen-Anhalt umfasst das Deichnetz laut Umweltministerium insgesamt 1.360 Kilometer, von denen bisher 75 Prozent nach dem aktuellen Stand der Technik saniert wurden und den DIN-Normen entsprechen. Bei 17 Prozent der Deiche bestehe jedoch Anpassungsbedarf, und acht Prozent gelten nach wie vor als dringend sanierungsbedürftig.

Obwohl Sachsen-Anhalt das Bundesland mit den niedrigsten Niederschlagsmengen ist, haben die Starkregenereignisse in den vergangenen 20 Jahren zugenommen. Durch den ansteigenden Druck von Wassermassen auf der Flussseite sind vor allem ältere Deichanlagen anfällig dafür, dass Wasser schnell eindringt und die Deiche abrutschen. Die Folgen sind immense Schäden an Infrastruktur und Landwirtschaft, die durch eindringendes Wasser im Hinterland entstehen.

Risse im Deich oft nur schwer zu erkennen

Professor Ettmer, der selbst mehrere Jahre im Katastrophenschutz tätig war, hält das für den vor heranrückenden Wassermassen für wichtig. Oft seien potenzielle Schäden am Deich während der Routineinspektionen nur schwer zu erkennen, sagt er. Daher biete die Erfassung aus der Luft mithilfe von Drohnen eine "erhebliche Verbesserung" bei der Erkennung von möglichen Rissen, Brüchen oder anderen Schäden am Deich.

Tausende Schadensbilder werden für Wissenschaft analysiert

Die Wissenschaftler fliegen mit modifizierten Drohnen in Höhen von 60 bis 80 Metern über die Schutzwälle und machen Tausende von Bildern. Dieses Bildmaterial wird im Anschluss ausgewertet. Allein die manuelle Sichtung und Auswertung des Materials würde Monate in Anspruch nehmen – zu spät, um instabile Deichabschnitte bei Hochwasser rechtzeitig zu erkennen und zu sichern. Genau hier wollen die Wissenschaftler zukünftig auf Künstliche Intelligenz setzen, um Abhilfe zu schaffen.

Ziel sei es, die KI mit möglichst vielen Rissen zu trainieren. "Damit ich der KI am Ende einen großen Flussabschnitt geben kann und sage: Suche mir in diesem Flussabschnitt nach Schäden und wenn da Schäden sind, markiere die oder zeichne sie ein", beschreibt Stefan Orlik, Laboringenieur für Wasserbau an der Hochschule.

Wissenschaftler beobachten in einem Test, bei welchen Wassermengen ein Deich bricht.
In einem Modellversuch wollen die Wissenschaftler herausfinden, bei welchen Wassermassen der Deichbruch droht. Bildrechte: MDR/ Janett Scheibe

Modellversuch: Wann gibt ein Deich nach?

Um eine Vielzahl unterschiedlicher Bilddaten zu generieren und die KI zu trainieren, sammeln die Wissenschaftler Tausende verschiedene Schadensbilder von Deichen im Freien sowie im Labor. Bei einem simulierten Deichbruch im Modellversuch beobachten die Experten zudem, wie sich eindringendes Wasser auf einen Deich auswirkt und wie der Deich darauf reagiert, indem er schließlich nachgibt.

Drohnen, die aus der Luft und der Seite eingesetzt werden, dokumentieren, wie sich der Deich bei steigendem Wasser verhält und letztendlich zusammenrutscht. Da Ereignisse in der Praxis oft anders ablaufen als theoretisch angenommen, sind derartige Tests aus Sicht von Projektleiter Ettmer unerlässlich. Das tatsächliche Ergebnis in einem Praxistest fiel demnach beispielsweise anders aus, als von den Wissenschaftlern anfänglich erwartet. "Was wir gesehen haben: Dass der Deich sehr schnell gebrochen ist und ein Rutschen des Deiches eingesetzt hat. Und dass nicht wie erwartet erst einmal ein Riss in dem Deich entsteht", resümiert Ettmer.

Ziel der Wissenschaftler ist es, ein effizientes KI-Tool zu entwickeln, das man in Zukunft beispielsweise dem Katastrophenschutz zur Verfügung stellen könnte. Dieser könnte dann eine Drohne autonom über ein gefährdetes Gebiet fliegen lassen und mittels KI-Auswertung markierte Bilddaten bekommen, wo beschädige Deichabschnitte gezielt mit Sandsäcken oder Spundwänden gesichert werden sollten.

Drohnen auf einem Tisch.
Solche Drohnen fotografieren in dem Projekt im Sekundentakt die Veränderungen am Modelldeich. Bildrechte: MDR/ Janett Scheibe

Da das Projekt erst Anfang dieses Jahres gestartet wurde, werden derzeit erst die Grundlagen geschaffen. "Aktuell betreiben wir die Drohnen mit einer Standard-RGB-Kamera. Die nächste Aufgabe ist es, zu schauen, welche Sensoren wir für die adäquate Umsetzung des Projektes brauchen. Das können Spektralkameras, Laserscannung oder Thermalkameras sein", beschreibt Daniel Hesse, Oberingenieur für Wasserbau, sein Aufgabengebiet für die nächsten Jahre.

Bis zum Abschluss des Projekts im Jahr 2027 planen die Forscher, mit der Kombination aus Drohne und KI ein zusätzliches Mittel zur Prävention vor Hochwasser und Überschwemmungen zur Verfügung zu stellen.

Mehr zum Einsatz Künstlicher Intelligenz

MDR (Janett Scheibe, Kalina Bunk)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 17. Dezember 2024 | 19:00 Uhr

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