10. Jubiläum Harz: Festival "Theaternatur" sucht nach dem Glück

• Das Motto des Theaternatur-Festivals lautet in diesem Jahr "Wege zum Glück?".
• Das Festival lebt von seiner Nähe zur Natur auf der Naturbühne Benneckenstein.
• Viele Menschen vor Ort sorgen mit ihrem Engagement dafür, dass das Festival so erfolgreich ist.

Mitten im Oberharz, zwischen abgeholzten Fichtenwäldern und dem Ortsrand, liegt die Naturbühne Benneckenstein. Leiter Jan-Hendrik Hermann sagte MDR KULTUR, die Bühne sei ein genialer Ort für das Theaternatur-Festival. Weswegen man in diesem Jahr hier bereits das zehnte Jubiläum des Festivals feiern kann.

Das Motto lautet dieses Mal "Wege zum Glück?". Festivalleiter Hermann erklärte, dass angesichts von Krisen und Katastrophenmeldungen viele Menschen einen pessimistischen Blick auf die Zukunft hätten und ihnen das Glück verlorengegangen sei. Das Festival wolle fragen, was den Menschen Kraft gebe und wo sie hin wollten. Es gehe um Sehnsüchte und Träume und das Wiederfinden von Lust.

Das war auch von Beginn an die Idee des Festivals: Die damals fast vergessene Waldbühne nicht einfach mit eingekauften Operetten oder Musicals zu bespielen, sondern einen – im wahrsten Wortsinn – natürlichen Raum für Gedankenspiele zu schaffen. Deswegen gäbe es dank einer Förderung hauptsächlich Kinder-, Tanz- oder Musik-Performances von Freien Theatern zu erleben.

Hermann hob hervor: "Ich denke, dass wir etwas entwickeln können und dass wir nicht kommerziell arbeiten müssen, ist etwas sehr Besonderes, was in so einer Region ohne diese Fördermöglichkeiten nie umsetzbar wäre." Gerade im ländlichen Raum habe dies eine ganz andere Relevanz, als wenn man in Metropolen wie Berlin oder Hamburg Theater mache, denn dort gebe es ein ganz anderes Publikum.

Davon profitieren dann alle: das Publikum, das tatsächlich aus dem Ort kommt, aber auch aus Nordhausen, Hannover oder Leipzig – aber auch die Theatermacher selbst. Denn es sind gerade junge Absolventen, die man beteiligt.

So wie Lena Reißner, sie inszeniert das Stück "Glückglückglückglückglück", das sie selbst geschrieben hat. Und zwar vor Ort und speziell für den Ort, denn hier spielt, ob Wasser oder Wald, die Natur insgesamt eine besondere Rolle. Ihre Uraufführung betrachtet die Ambivalenz zwischen beschaulicher Idylle und unkontrollierbarer Kraft, die sich in der Natur und damit auch direkt vor Ort spiegelt.

Gerade bei körperaktiven Tätigkeiten wie dem Tanz zeigt sich die Wirkung der Natur auf den Menschen. Bildrechte: Theaternatur-Festival

Die Choreografin Karolin Stächele sagte MDR KULTUR, wenn es brutal heiß sei und abends wiederum sehr kühl, windig oder verregnet, übertrage sich das auch auf die Tanzperformance. Ein Gefühl oder eine Atmosphäre, die anscheinend das ganze Festival prägt, denn eine Outdoor-Inszenierung ist eine Herausforderung – schafft aber auch eine besondere Wirkmacht.

Das fasziniert auch Frieda Lange, die als zweite Eigenproduktion das Stück "Monte Rosa" der jungen österreichischen Dramatikerin Teresa Dopler im kleineren Waldstudio inszeniert. Die Regisseurin sagte bei MDR KULTUR, sie finde das Stück "wahnsinnig vielschichtig, ganz poetisch, ganz berührend und gleichzeitig auch unheimlich witzig".

Das Bergsteigerstück "Monte Rosa" besticht durch seine skurrilen Texte. Bildrechte: Frieda Lange

Da es in den Bergen spiele, habe sie die Südharzer Alphornbläser engagiert. Eine Idee, die sie gemeinsam mit Dramaturgin Amelie Lopper entwickelt habe. Beide haben gerade ihr Studium in Hamburg beendet und sind geradezu euphorisch, beim Festival mitwirken zu dürfen. Statt langfristig Gelder zu beantragen, empfinden sie es als Luxus, ihr Stück hier einfach machen zu können.

Für die Organisatoren bedeutet das aber umso mehr Arbeit, denn Fördermittel zu akquirieren, ist keine Kleinigkeit. Umso mehr freut sich auch Ronald Fiebelkorn, Bürgermeister der Stadt Oberharz am Brocken, über das ehrenamtliche Engagement vom Verein Harzrevier, wie er bei MDR KULTUR erklärte.

Wobei er sich auch an die Anfänge erinnert, als die bunte Theatertruppe vor zehn Jahren erstmals in den Harzer Bergen aufkreuzte: Das sei "ein kleiner Kulturschock" gewesen. Aber durch das Kennenlernen der Künstlerszene sei sie für ihn "normal" geworden. Jetzt sei er froh und stolz, dass das Festival gerade im Harz stattfinde.

Für Bürgermeister Ronald Fiebelkorn waren die Theatermenschen anfangs "ein kleiner Kulturschock". Bildrechte: Theaternatur-Festival

Daran, dass sich der Verein zwischenzeitlich zerstritten hat und der Regisseur Janek Liebetruth die künstlerische Leitung aufgeben musste, mag man ungern erinnern. Vielmehr freut man sich über das beständige Tun der rund 40 Mitglieder.

Jedes Jahr wieder bekochen sie die Künstler, säubern die Bänke im Wald, stehen an der Kasse und organisieren die Technik. Dazu gibt es lokale Sponsoren, denn nur so können wiederum die Fördermittel von Kreis und Land gegenfinanziert und damit überhaupt ermöglicht werden. Das ist nicht wenig, aber am Ende, sagt Harzrevier-Vorstandsvorsitzender Volker Herholt, profitieren auch da alle Beteiligten: "Der Ort profitiert natürlich, während des Festivals gibt es hier keine Zimmer mehr, und das ist schön. Davon profitieren alle, die hier wohnen. Aber davon profitieren eben auch die Künstler."

Quelle: MDR KULTUR (Sandra Meyer)
Redaktionelle Bearbeitung: op, vp