Weltmeisterin aus Wernigerode Aktive Fechterin mit 72 Jahren: Künstliche Hüfte und viel Erfahrung
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von Carsten Reuß, MDR SACHSEN-ANHALT
20. Januar 2024, 05:00 Uhr
Die Wernigeröderin Ute Fibranz ist 72 Jahre alt. Sie ist vielfache Teilnehmerin an Europa- und Weltmeisterschaften der Senioren und war sogar schon einmal Senioren-Fecht-Weltmeisterin. Vor Kurzem konnte sie ihr 60-jähriges Fechtjubiläum begehen. Die Jugendlichen in ihrem Verein schätzen sie auch als Trainerin sehr.
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Jeden Dienstagabend kann man Ute Fibranz in der Sporthalle der Diesterwegschule in Wernigerode treffen. Dort trainiert der Fecht-Nachwuchs des Wernigeröder Sportvereins "Rot-Weiß" 1949 e.V. Fibranz ist Leiterin der Fecht-Abteilung des Vereins und trainiert den Nachwuchs – und 72 Jahre alt.
Ute Fibranz trainiert auch noch selbst. Denn seit Jahren startet sie bei den Fecht-Senioren-Weltmeisterschaften. Da heißt es, sich fit zu halten. Am besten geht das beim Kräftemessen mit der Jugend. Immer wieder sieht man die Fechterin während des Trainings mit einem ihrer Schützlinge kämpfen. Eine künstliche Hüfte und sechs Jahrzehnte Fecht-Erfahrung treffen auf jugendliche Schnelligkeit.
Die Jugend ist ja wesentlich schneller auf den Beinen. Da muss man seine Erfahrungen einbringen.
Wobei Schnelligkeit relativ ist: Die Seniorensportlerin ist zwar nicht mehr so agil auf den Beinen, dafür umso schneller bei der Reaktion – auf einen Angriff des Gegners zum Beispiel, den sie, eh der sich versieht, nach einer Parade mit einem Gegentreffer bestraft. "Die Jugend ist ja wesentlich schneller auf den Beinen. Da muss man seine Erfahrungen einbringen", so Ute Fibranz.
Jugendliche verlieren gegen die Senioren-Weltmeisterin
Die Jugend selbst scheint kein Problem damit zu haben, gegen die betagte, aber erfahrene Trainerin zu verlieren. Emma Seidel, 13 Jahre alt und amtierende Vizelandesmeisterin im Degenfechten, sagt: "Es macht Spaß, mit ihr zu Fechten. Sie ist auch echt ganz lieb, und man lernt sehr viele Techniken von ihr."
Ute Fibranz ist das Urgestein ihres Vereins. Angefangen hatte sie vor 60 Jahren bei der damaligen BSG Motor Wernigerode. Im Alter von 12 Jahren hatte Ütchen, wie sie damals liebevoll genannt wurde, erstmals eine Klinge in der Hand. Das Fechten machte ihr von Anfang an Spaß. Auch erste Erfolge bei den damaligen Spartakiaden stellten sich ein.
Fechten in der DDR: Dresden, Magdeburg, Jena
Als Ute Fibranz dann später eine Ausbildung zur Chemielaborantin in Dresden begann, setzte sie dort ihren Fechtsport fort. Ob beim dann folgenden Studium in Magdeburg oder am Ort ihrer ersten Arbeitsstelle in Jena: Immer fand sie einen Fechtverein und blieb so ihrem Sport treu. Bis heute. Das Fechten ist ihr eine Herzensangelegenheit. "Schon wenn ich die Hallentür aufmache und das Geklapper höre, dann geht mir das Herz auf", sagt Ute Fibranz
Schon wenn ich die Hallentür aufmache und das Geklapper höre, dann geht mir das Herz auf.
Die Zeugnisse ihres langen Sportlerinnenlebens bewahrt die 72-Jährige in ihrer Wernigeröder Wohnung auf. Es sind Erinnerungen an große Wettkämpfe. Sie zeigt Alben voller Zeitungsartikel, jede Menge Urkunden und Medaillen von Deutschen Meisterschaften, Europa- und sogar Weltmeisterschaften.
Ihr größter Stolz ist aus Plastik
Besonders stolz ist sie auf eine etwas unscheinbar aussehende Medaille aus transparentem Plastik mit einem Band in den ungarischen Nationalfarben rot-weiß-grün. Es ist die Goldmedaille der WM in Ungarn 2014. Da wurde Ute Fibranz mit ihrer Mannschaft Weltmeisterin im Florettfechten. "Das geht unter die Haut und ist ein tolles Gefühl", erinnert sie sich.
Die Erfolge von Ute Fibranz
2023: Deutsche Veteranenmeisterschaften – 3. Platz (Degen)
2022: Deutsche Veteranenmeisterschaften – 2. Platz (Degen) & 3. Platz (Florett)
2011: Deutsche Seniorenmeisterschaften – Bronze (Degen)
1996 + 1997: Deutsche Senioren-Meisterin (Degen)
Mit Nationalteam:
2014: Weltmeisterschaft: Gold (Florett)
2014: Europameisterschaft: Silber (Florett)
2014: Europameisterschaft: Bronze (Degen)
1998: Europameisterschaft: Bronze (Degen)
Doch auch, wenn sie nicht auf dem Treppchen gestanden hat, sei jede WM ein tolles Erlebnis gewesen. "Das kann man gar nicht so wiedergeben", sagt sie mit einem Lächeln im Gesicht.
Nächste WM in Dubai
Noch ganz frisch sind ihre Erinnerungen an die letzte WM vor drei Monaten in den USA. Ein tolles Erlebnis, sagt Fibranz. Auch wenn sie Lospech gehabt habe und schon zu Anfang auf sehr schwere Gegnerinnen traf. Eine gute Platzierung war so nicht drin.
Doch egal: Inzwischen trainiert sie schon wieder fleißig. Die nächste WM ist im Herbst in Dubai. Und da will Ute Fibranz unbedingt hin. Und erste Qualifikationspunkte für eine Teilnahme hat sie im Dezember bei einem Turnier in München schon gesammelt.
MDR (Luise Kotulla)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 18. Januar 2024 | 19:00 Uhr
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