Politische Aufarbeitung Untersuchungsausschuss zum Anschlag in Magdeburg trifft sich erneut

03. März 2025, 08:15 Uhr

Im Landtag von Sachsen-Anhalt hat der Untersuchungsausschuss mit seiner Arbeit begonnen: der Aufarbeitung des Anschlags auf den Weihnachtsmarkt in Magdeburg. Ziel ist, die Ereignisse, Umstände und Hintergründe zu untersuchen – und auch die Schuldfrage. Dafür werden voraussichtlich mehr als 100 Zeugen befragt. Ergebnisse sollen noch vor der nächsten Landtagswahl im Sommer 2026 vorliegen. Am Montag findet die zweite Sitzung statt – allerdings nicht öffentlich.

Am Montag trifft sich zum zweiten Mal der parlamentarische Untersuchungsausschuss zum Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt. In der nicht öffentlichen Sitzung soll laut Einladung unter anderem über Beweisanträge sowie Anträge auf Aktenvorlage beraten werden. Mitte Februar hatte im Landtag von Sachsen-Anhalt der Untersuchungsausschuss mit seiner Arbeit begonnen.

Die Vorsitzende Karin Tschernich-Weiske (CDU) erklärte damals, es sollten zeitnah Zeuginnen und Zeugen gehört werden, unter anderem Betroffene, Ersthelfer und Polizisten. So sollten die Abgeordneten einen genauen Überblick zum Tatgeschehen bekommen.

"Parlamentarischer Untersuchungsausschuss" und "Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt" ist im Landtag auf dem Aktenordner zu lesen.
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Am Ende könnte es 120 bis 150 Zeugen geben.

Karin Tschernich-Weiske (CDU) Vorsitzende des Untersuchungsausschusses

Der Großteil der Befragungen soll demnach bis zum Jahresende erfolgen, auch Mitarbeiter von Bundes- und Landesbehörden sowie von ausländischen Institutionen sollen geladen werden. "Am Ende könnte es 120 bis 150 Zeugen geben", sagte Tschernich-Weiske, "Wir haben bis Dezember Zeit, dann soll der Abschlussbericht entstehen."

Ausschuss soll Hintergründe des Anschlags in Magdeburg aufklären

Der Landtag hatte den parlamentarischen Untersuchungsausschuss in seiner Sitzung am 22. Januar eingesetzt und die 13 Mitglieder benannt. Der Untersuchungsausschuss soll unter anderem die Sicherheits- und Einsatzkonzepte für den Weihnachtsmarkt und deren Umsetzung beleuchten. Außerdem wird es um die Informationslage zum Täter gehen, der 50-Jährige stand vor der Tat bei Ermittlungsverfahren immer wieder in Kontakt mit den Behörden.

Sabine Falk-Bartz 4 min
Zum Anschlag von Magdeburg wird es einen Untersuchungsausschuss im Landtag geben. Einordnungen dazu im Video von MDR-Redakteurin Sabine Falk-Bartz Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Der Antrag dafür kam von den Koalitionsfraktionen CDU, SPD und FDP. Sowohl Koalition als auch Opposition hatten im Vorfeld Anträge zur Besetzung des Ausschusses eingereicht. Der Untersuchungsausschuss soll laut Antrag das Geschehen, die Umstände und die Hintergründe des Anschlags untersuchen. Zunächst soll laut der Ausschuss-Vorsitzenden Tschernich-Weiske vor allem das Tatgeschehen selbst beleuchtet werden. In der Folge könnte es stärker um bestehende Strukturen und die Frage gehen, wie diese reformiert werden müssen.

Karin Tschernich-Weiske, CDU, Landtag Sachsen-Anhalt
Die Vorsitzende des U-Ausschusses, Karin Tschernich-Weiske (CDU), schließt nicht aus, dass die Aufarbeitung des Anschlags personelle Konsequenzen haben wird. Bildrechte: picture alliance/dpa | Klaus-Dietmar Gabbert

Klärung der Schuldfrage

Nach Informationen der Nachrichtenagentur dpa hat das Innenministerium bereits die Unterlagen für das Sicherheitskonzept zur Verfügung gestellt. Zugleich laufe die juristische Aufarbeitung des Falls. In dem Ausschuss müssten auch Sicherheitskonzepte für Großveranstaltungen, einschließlich der Frage der Zuständigkeiten auf kommunaler und Landesebene sowie im Bereich des Maßregelvollzugs, geklärt werden, um mögliche "Versagen in den Institutionen" festzustellen, sagte die Linken-Fraktionsvorsitzende Eva von Angern.

Die Schuldfrage muss geklärt werden, sagte der Fraktionsvorsitzende der CDU, Guido Heuer, vorab. Aus dem Untersuchungsausschuss könnten personelle Konsequenzen folgen. Das schließt auch die Ausschuss-Vorsitzende Tschernich-Weiske nicht aus.

Stichwort: Das ist ein Untersuchungsausschuss

Wenn ein Viertel der Abgeordneten einen Parlamentarischen Untersuchungsausschuss beantragt, muss der Landtag von Sachsen-Anhalt einen solchen bilden. Besonders Oppositionsfraktionen haben damit die Möglichkeit, mögliche Missstände der Landesregierung aufzudecken. In der Wahlperiode 7 von 2016 bis 2021 gab es mit sechs Untersuchungsausschüssen in der Geschichte von Sachsen-Anhalt bislang die meisten – darunter zum Anschlag von Halle. Die Ausschüsse haben den Auftrag, zu einem für die Öffentlichkeit wichtigen Thema aufzuklären. 

Dafür können sie Zeugen und Sachverständige vernehmen und sich Akten vorlegen lassen. Das Ergebnis fasst der Untersuchungsausschuss in einem Bericht für das Landtagsplenum zusammen. Die Abgeordneten in einem Untersuchungsausschuss arbeiten dabei unabhängig von der Landesregierung. Der Untersuchungsausschuss zum Anschlag von Magdeburg ist der erste in dieser Wahlperiode und der 21. insgesamt in der Geschichte von Sachsen-Anhalt seit 1990. Die Beratungen können sowohl öffentlich als auch nicht-öffentlich stattfinden.

Untersuchungsausschuss zu Magdeburg soll Endbericht bis Anfang 2026 vorlegen

Bis zur Landtagswahl im Sommer 2026 muss der Untersuchungsausschuss die Arbeit abschließen. Die Landtagsfraktionen in Sachsen-Anhalt hatten noch vor Einsatz und Beginn der Arbeit im Ausschuss ein zügiges Tempo bei der politischen Aufklärung des Anschlags in Magdeburg gefordert. Im Frühjahr 2026 solle der parlamentarische Untersuchungsausschuss seinen Abschlussbericht vorlegen, hieß es von den Fraktionschefs. Damit solle verhindert werden, dass das Thema im Landtagswahlkampf zu viel Raum einnimmt. "Alles andere würde tatsächlich nur zu einem Missbrauch im Rahmen des Wahlkampfes führen", sagte von Angern. 

CDU-Fraktionschef Heuer sagte, es werde kein Ausschuss sein, der nur einmal im Monat tage. Das Interesse sei, dass der Ausschuss zügig zum Arbeiten komme und nicht als politisches Instrument ausgenutzt werden könne, betonte die Fraktionschefin der mitregierenden Partei SPD, Katja Pähle.

Blick auf den Eingang zum Magdeburger Weihnachtsmarkt wo Betroffene und Trauernde Menschen am 06.01.2025 Blumen,Kerzen und Teddys niederlegen.
Die Landtagsfraktionen fordern Tempo bei der Aufarbeitung des Anschlags. Bildrechte: picture alliance / CHROMORANGE | Axel Kammerer

Regierungserklärung zum Anschlag

Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hatte Ende Januar im Landtag eine Regierungserklärung zum Anschlag abgegeben, über die anschließend diskutiert wurde. Er erklärte, dass alle Tatumstände konsequent aufgeklärt werden und Betroffene gezielt unterstützt werden müssen. Die Landesregierung fühle sich den Opfern gegenüber verpflichtet, ähnliche Taten in Zukunft zu verhindern.

Mehrere Hinweise zum Täter bei Bundesländern und Bundesbehörden

Bereits Mitte Januar war bekannt geworden, dass sich Deutschlands Sicherheitsbehörden mit dem späteren Attentäter von Magdeburg etliche Male auseinandergesetzt hatten. Ein Bericht des Bundesinnenministeriums listet auf 16 Seiten insgesamt 110 Vorfälle auf. Demnach waren Stellen in sechs Bundesländern mit dem Täter beschäftigt, hinzu kämen etliche Bundesbehörden. Hinweise auf mögliche Straftaten habe es unter anderem auch aus Großbritannien gegeben. Bei dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt waren sechs Menschen getötet und knapp 300 verletzt worden.

Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (M) spricht mit Rettungs- und Einsatzkräften bei einer Gedenkfeier für die Opfer des Weihnachtsmarktanschlags in Magdeburg.
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier (Mitte) sprach bei einer Gedenkfeier für die Opfer des Weihnachtsmarktanschlags in Magdeburg mit Rettungs- und Einsatzkräften. Bildrechte: picture alliance/dpa/AFP POOL | Jens Schlueter

Generalbundesanwalt ermittelt nicht zum Anschlag

Generalbundesanwalt Jens Rommel sieht nach dem Anschlag auf den Magdeburger Weihnachtsmarkt keinen Grund für eigene Ermittlungen. Rommel sagte dem SWR, es fehle ein Staatsschutzhintergrund. Es sei kein Angriff auf den Gesamtstaat. Der Täter habe zwar viele staatlichen Stellen bedroht, diese Drohungen jedoch nie umgesetzt. Zudem habe er mit ganz vielen anderen Stellen und Personen im Clinch gelegen.

Rommel erklärte, bei den Anschlägen in Solingen und Mannheim habe man die Täter klar einer terroristischen Organisation zuordnen können. Das sei in Magdeburg nicht der Fall. Rommel sagte, die Tat dürfte eher den Charakter einer "Amokfahrt aus persönlicher Frustration" haben als den Charakter einer terroristischen Tat gegen die Bundesrepublik oder die freiheitlich-demokratische Grundordnung.

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dpa, MDR (Christoph Dziedo, Susanne Ahrens, Lars Frohmüller, Maren Wilczek, Engin Haupt, Manuel Mohr) | Zuerst veröffentlicht am 21. Januar 2025

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 03. März 2025 | 06:00 Uhr

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