Frauen im Amt Erstes Bürgermeisterinnen-Treffen: Mehr Frauen müssen in die Kommunalpolitik

26. September 2023, 07:30 Uhr

Auf die Frage, welche Kommunen eine Frau an der Spitze haben, gibt es nicht sehr viele Antworten. Spitzenämter in der Kommunalpolitik gehen meistens an Männer. Sachsen-Anhalts Bürgermeisterinnen wollen, dass sich das ändert. Sie treffen sich heute in Zerben, um ihr Netzwerk untereinander zu stärken.

Nicole Golz ist, was nur wenige Frauen von sich sagen können: Sie ist Bürgermeisterin. Seit fast acht Jahren sitzt die parteilose Juristin auf dem Chefsessel im Rathaus der Gemeinde Elbe-Parey, im Norden Sachsen-Anhalts.

Ihr Ziel sei das jedoch nie gewesen, sagt Nicole Golz. "Obwohl ich als Rechtsanwältin und als ehrenamtlich Tätige immer im Ortsgeschehen drin war, bin ich nie darauf gekommen, ein Teil der Kommunalvertretung zu werden. Da musste ich erst angesprochen werden."

Kommunalpolitik und Familie oft schwer vereinbar

Vielen Frauen gehe es ähnlich, meint Nicole Golz. Sich im eigenen Dorf, in der eigenen Stadt politisch zu engagieren, das sei für die meisten einfach gar kein Thema, sagt die 48-Jährige. Hinzu komme, dass Kommunalpolitik auch nicht sehr familienfreundlich sei. "Und in der heutigen Zeit ist es immer noch so, dass insbesondere die Frauen sich um die Familie kümmern, ein bisschen ändert sich das. Aber es ist ganz oft nicht leicht, weil die Sitzungen in den Kommunalvertretungen in der Regel am Abend stattfinden. Da muss sich was tun, was ändern."

 

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In Sachsen-Anhalt gibt es 218 Kommunen. 37 davon haben eine Frau an der Spitze. Das heißt also, nur 17 Prozent. Die bekannteste Rathauschefin im Land ist wohl Simone Borris, die Oberbürgermeisterin von Magdeburg. Und auch in Bernburg, Gardelegen oder Jerichow regieren Frauen.

Frauen-Prozentanteil in Kommunalpolitik oft einstellig

Doch in der Kommunalpolitik sind sie in der Minderheit, nicht nur in Sachsen-Anhalt, sondern bundesweit. In Baden-Württemberg z.B. sind nur knapp neun Prozent der Gemeindeoberhäupter Frauen.

Nicole Golz hatte daher zusammen mit einer Amtskollegin die Idee, ein Treffen zu organisieren. Und zwar im Schloss Zerben in der Gemeinde Elbe-Parey. Dabei gehe es vor allem darum, ein Bewusstsein dafür zu schaffen, wie man Frauen im Zuge der Kommunalwahl im kommenden Jahr motivieren könne, an der Kommunalpolitik teilzuhaben. "Ziel ist es, ein Netzwerk aufzubauen, dass jede Bürgermeisterin, die da ist, wiederum in ihre Kommune mitnimmt, was können wir tun, wie können wir das angehen. Und da hat jeder noch andere Ideen. Und darum geht es, dass wir diese Ideen austauschen", sagt Golz.

Nicht alle Bürgermeisterinnen kommen an dem Tag nach Zerben. Knapp die Hälfte hat sich angekündigt, außerdem werden sechs Gäste erwartet. Darunter auch eine, die sich in der Politik durchgesetzt hat, nämlich Gabriele Brakebusch. Die 69-Jährige war Landtagspräsidentin in Sachsen-Anhalt.

Nur eine Frage der Organisation?

Seit 25 Jahren macht Brakebusch zudem Kommunalpolitik im Bördekreis, oftmals fast gänzlich allein unter Männern und das auch noch in der Männerpartei CDU. "In meiner Partei war das nicht immer einfach, aber das ist ein hartes Stück Arbeit." Sie kenne viele Frauen, die ihr sagten, sie bekämen Familie und Politik nicht unter einen Hut. Brakebusch hat selbst drei Kinder und sagt aus eigener Erfahrung, das sei eine Frage der Organisation.

Anfang Juni des nächsten Jahres sind Kommunalwahlen in Sachsen-Anhalt. Kreistage, Stadt- und Gemeinderäte und auch Ortschaftsräte und Ortsvorsteher werden neu gewählt. Damit noch mehr Frauen sich eine Kandidatur zutrauen, wollen die Bürgermeisterinnen heute in Zerben einen Aufruf formulieren. Frauen in die Kommunalpolitik.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 26. September 2023 | 06:55 Uhr

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Kommentar Uli Wittstock
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