Klimawandel abmildern CO2 einsparen: So stellt Sachsen-Anhalts Wirtschaft die Energieversorgung um
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16. Juli 2023, 09:01 Uhr
Firmen in Sachsen-Anhalt überprüfen derzeit ihre Energieversorgung, um den Ausstoß von CO2 zu reduzieren. Geht es nach den Plänen der Politik, soll so genannter grüner Wasserstoff für die Energieversorgung der Zukunft eine wichtige Rolle spielen. Er soll neben der Industrie und dem Verkehr auch in der Energieversorgung und beim Beheizen von Gebäuden genutzt werden. Eine erste Versuchsanlage entsteht derzeit im Süden Sachsen-Anhalts.
- Viele Firmen in Sachsen-Anhalt stellen ihre Energieversorgung um, damit zukünftig weniger CO2 ausgestoßen wird.
- Neben Windkraft und Photovoltaik soll zukünftig grüner Wasserstoff ein wichtiger Energielieferant sein.
- Eine erste Wasserstoff-Versuchsanlage entsteht gerade im Süden Sachsen-Anhalts.
Wochenlang ist um das sogenannte Heizungsgesetz gestritten worden. Nur mit großer Not hat sich die Bundesregierung auf einen Entwurf geeinigt. Er sieht im Kern vor, dass Hausbesitzer mehr Zeit bekommen sollen für den Heizungstausch, der ein wesentlicher Beitrag sein soll für mehr Klimaschutz im Gebäudesektor. Künftig sollen nur noch Heizungen neu eingebaut werden dürfen, die zu mindestens 65 Prozent mit erneuerbaren Energien betrieben werden können.
Wie die privaten Heizungsbesitzer müssen auch Unternehmen derzeit ihre Energieversorgung überprüfen. "Wer sich jetzt keine Gedanken darüber macht, hat in zwanzig Jahren ein Problem – das wissen die Betriebe aber", sagt Franziska Böckelmann im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT. Für die Industrie- und Handelskammer (IHK) Halle-Dessau arbeitet Böckelmann als Referentin für Energie und Industrie. Veranstaltungen, auf denen die IHK über solche Themen informiere, seien seit Längerem sehr gut besucht.
Regional produzierter Strom als Standortvorteil
Gerade bei Neuansiedlungen von Unternehmen wird deshalb schon heute auf die Energieversorgung der Zukunft geschaut. Den Chiphersteller Intel habe auch die gute Versorgung mit regional erzeugtem Strom aus Windkraft vom Standort Magdeburg überzeugt, heißt es. Das Berliner Unternehmen "Florida Eis" will für die neue Fabrik in Schönebeck Photovoltaik- und Solarthermie-Anlagen auf Teilen des Dachs verbauen. Außerdem plant das Unternehmen demnach kleinere Windkraftanlagen auf dem Gelände. Später sollen dort dann 40.000 bis 70.000 Packungen pro Tag und jährlich etwa 5.000 Tonnen Eis hergestellt werden, angeblich CO2-neutral.
In Merseburg hat der Walzenhersteller PM TEC Rolls & Covers eine Photovoltaikanlage installiert, mit der das Unternehmen seinen kompletten Energiebedarf decken kann. Der größte Stromverbraucher im Land, der Chemiepark Leuna, muss seine Energieversorgung ständig anpassen, wie auch der Ukraine-Krieg eindrücklich gezeigt hat. Dort versorgt das Unternehmen Infraleuna die rund 100 Firmen mit Energie.
Chemiepark Leuna ist der größte Stromverbraucher im Land
"Wichtigste Quelle für nachhaltig erzeugten Strom wird eine Solaranlage sein, die wir auf der Hochhalde Leuna planen", sagt Infraleuna-Vorstandsvorsitzender Christof Günther auf Nachfrage von MDR SACHSEN-ANHALT. So sei "eine signifikante Reduktion des Gasbedarfes am Chemiestandort" zu erreichen. Ziel aller Maßnahmen ist letztlich immer, möglichst wenig Kohlenstoffdioxid (CO2) zu verbrauchen.
So soll der CO2-Ausstoß verringert werden Um den Treibhausgasausstoß der EU zu senken, wurde bereits 2005 das sogenannte Emissionshandelssystem eingerichtet. Es sieht vor, dass Unternehmen für den Ausstoß von Gasen wie Kohlendioxid Verschmutzungsrechte brauchen, die sie entweder ersteigern müssen oder kostenlos zugeteilt bekommen. Der Preis für diese Rechte wird in den kommenden Jahren immer weiter steigen, um Anreize zu setzen, Emissionen zu vermeiden.
Rund um den Chemiepark Leuna werden die Stromtrassen verstärkt, damit "in der Region erzeugte erneuerbare Energie lokal für die Verbesserung der Klimabilanz des Standortes" genutzt werden kann. Dazu habe man durch große Investitionen in die Energieanlagen des Chemiestandorts schon in den letzten Jahren den CO2-Fußabdruck kontinuierlich reduzierten können, so Infraleuna-Chef Günther.
Wasserstoffwirtschaft soll entstehen
Neben Photovoltaik und Windkraft soll vor allem so genannter "grüner" Wasserstoff eine wichtige Rolle für die Energieversorgung der Wirtschaft spielen, etwa als Energiespeicher oder in der Energielieferant Stahlindustrie. Als grün wird Wasserstoff bezeichnet, der per Elektrolyse aus Wasser mit Strom aus erneuerbaren Energien erzeugt wird. Bei der Herstellung von grünem Wasserstoff entsteht kein Kohlendioxid als schädliches Treibhausgas.
"Da sind wir noch ganz am Anfang. Die ersten Anlagen, die jetzt gebaut werden, die decken nur Bruchteile des Bedarfs", sagt IHK-Expertin Böckelmann. Eine solche erste Versuchsanlage entsteht gerade im Energiepark Bad Lauchstädt. Dort soll mit Hilfe von Windenergie Wasserstoff erzeugt werden, der anschließend zunächst im Chemiepark in Leuna genutzt wird. Die Leitungen dorthin sollen bereits angelegt sein.
Politprojekt soll Machbarkeit bestätigen
Im Energiepark soll der Wasserstoff in einer Salzkaverne zwischengespeichert werden, die hunderte Meter unter der Erde liegt. Nach Angaben der Projektpartner ist es die erste Kaverne weltweit, in der grüner Wasserstoff gespeichert wird. In dem Projekt sollen erstmals die Herstellung, der Transport per Pipeline, die Speicherung in einer Kaverne und die Nutzung durch die Wirtschaft untersucht werden. Der Regelbetrieb soll Anfang 2025 starten.
Ministerpräsident Reiner Haseloff (CDU) hat das Projekt bei der Grundsteinlegung Mitte Juni als "Meilenstein" für die Produktion, Verteilung, Speicherung und Nutzung von grünem Wasserstoff bezeichnet. Langfristig müsse eine Wasserstoffwirtschaft ermöglicht werden. Bis die Versorgung in Gänze auf Wasserstoff umgestellt ist, dauere es allerdings noch viele Jahrzehnte. "Es muss klar sein, dass wir nicht den Hebel umdrehen können. Ehe eine komplette Volkswirtschaft auf Wasserstoff umgestellt ist, werden wir wahrscheinlich im 22. Jahrhundert sein. Aber auch deswegen müssen wir mal anfangen", so der Politiker.
MDR (Hannes Leonard), dpa
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 17. Juli 2023 | 08:30 Uhr
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