Porträt OB-Wahl in Halle: Geier will aus der zweiten Reihe nach ganz vorn
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20. Februar 2025, 15:20 Uhr
Auf dem Weg durch Halle-Neustadt wird Egbert Geier von Schülern angesprochen und muss Autogramme auf die Federmappe geben. Der SPD-Kommunalpolitiker hat sich in der Stadt einen Namen gemacht – spätestens seitdem er den zuerst suspendierten und schließlich pensionierten OB Wiegand vertrat. Jetzt will der diplomierte Verwaltungs- und Betriebswirt bei der Stichwahl am Sonntag offiziell Oberbürgermeister werden. Das Porträt eines Mannes, der aus der zweiten Reihe nach ganz vorn strebt.
- OB-Kandidat Geier stellt trotz seines SPD-Parteibuchs eine überparteiliche Führung der Stadt in Aussicht.
- Die Geldnöte von Halle sind und bleiben in nächster Zeit eine Herausforderung für den künftigen Oberbürgermeister.
- Im Wahlkampf erhält Geier viel Unterstützung.
Egbert Geier hat Fahrradfahrtwind um die Nase. Am Wochenende ist der 59-Jährige gerne mit dem Rennrad auch weit über die Stadtgrenzen von Halle hinaus unterwegs – unter der Woche eher gediegener. "Ich habe verschiedene Räder", sagt Geier. "Selbstverständlich alle mit Muskelkraft und ohne E-Antrieb", fügt er augenzwinkernd hinzu. Neben dem umweltfreundlichen Fortbewegungsmittel schlägt das Herz des SPD-Kommunalpolitikers auch für die Fliegerei: Auf seinem Schreibtisch im Ratshof steht das riesige Modell einer Lufthansa-Maschine.
Ähnlich wie bei Herausforderer Vogt, der mit seiner Tierliebe punktet und ansonsten das Private privat sein lässt, stellt auch Egbert Geier in seinem Wahlkampf die Sache in den Mittelpunkt, betont trotz seines Parteibuchs die Überparteilichkeit in seinem Führungsanspruch. "Für mich ist einfach wichtig, dass ich die Innenstadt belebe, dass wir da vorankommen. Beim Kaufhof ist jetzt einiges im Gange. Ich möchte mich aber auch verstärkt um die Neustadt kümmern", erklärt Geier sein Vorhaben.
OB-Wahl in Halle: Geier musste sich im Wahlkampf erst freischaufeln
Egbert Geier, drahtig-sportliche Erscheinung, der im Gespräch gern mal einen freundschaftlichen Klaps auf die Schulter gibt, muss sich immer wieder den Vorwurf anhören, lange Zeit nur Verwalter gewesen zu sein. Bei einer Wahlveranstaltung begründet er dies mit der Situation bis zum Pensionierungsgesuch vom suspendierten Ex-OB Wiegand. Er habe nicht frei handeln können, da unklar war, ob und wann Wiegand zurückkehrt und etwaige Entscheidungen wieder kassiert. Echte Beinfreiheit hat Geier somit erst seit August. Auch im Wahlkampf musste sich Geier erst freischwimmen, wirkte eher zurückhaltend, entwickelte aber in den vergangenen Wochen zunehmend Verve und Biss, etwa im Stichwahl-Duell der MZ.
Geier ist in Wertheim, im Norden von Baden-Württemberg zur Welt gekommen, mit seiner Zwillingschwester und einer weiteren Schwester aufgewachsen. Beide waren an Geiers Seite, als er im ersten Wahlgang mit etwas über 37 Prozent der Wählerstimmen in die Stichwahl einzog, gefolgt von Alexander Vogt, der mit über 19 Prozent der Stimmen parteilos antritt.
Geboren im Westen, nach der Wende in den Osten
Geier zog es schon früh in den Osten. Direkt nach der Wende im Jahr 1991 wurde er Stadtkämmerer im sächsischen Meißen. In einem früheren Interview sagte er, so, wie er dort die Arbeit im Stadtrat erlebte, hatte er sich Demokratie in einer Stadtverwaltung vorgestellt. Nach einer weiteren Station in Weimar kam Geier vor über 19 Jahren nach Halle, wo er zunächst Finanz- und Personalbeigeordneter wurde und kurz darauf später Bürgermeister.
"Mir ist es ganz wichtig, für ein gutes Klima in der Stadt zu sorgen, also zwischen den Menschen und zwischen der Verwaltung und dem Stadtrat. Eine dritte Bürgerservicestelle auf den Weg zu bringen sei deshalb wichtig."
Dass er in der finalen Phase des Wahlkampfes etwa bei Plakaten auf das Emblem der SPD verzichtet, ist Stärke und Schwäche zu gleich. Einerseits betont er damit sein überparteiliches Handeln zum Wohle der Stadt, andererseits werfen ihm Kritiker vor, angesichts der schlechten Umfragewerte der SPD nicht mit ihr in Verbindung gebracht werden zu wollen.
Schwierige Finanzlage in Halle ist Herausforderung
Der stetig wunde Punkt der Stadt ist deren Finanzlage. Die Stadt befindet sich in der Konsolidierung. Dafür zeichnet Geier als Finanzbeigeordneter verantwortlich, wird etwa von der Fraktion "Hauptsache Halle" deshalb kritisiert. Der Schuldenberg bestand indes schon als Geier 2006 nach Halle kam.
Mit den Aufgaben und Herausforderungen der Stadt wurden die Geldnöte jedoch nicht kleiner. Das weiß auch Geier: "Ich mache regelmäßig darauf aufmerksam, dass wir staatliche Leistungen erfüllen, aber nicht die entsprechende finanzielle Ausstattung dafür bekommen, so der Verwaltungsexperte. "Es gibt sicherlich noch die eine oder andere Möglichkeit, dass man über den Weg der Digitalisierung das ein oder andere optimiert."
Rückendeckung kommt dabei von unerwarteter Seite. Ausgerechnet Herausforderer Vogt nennt Geier einen "guten Finanzer", auf dessen Expertise er sich auch stützen möchte, wenn er Oberbürgermeister werde. Geier indes freut sich über stabile Gewerbesteuereinnahmen, die ihm etwas Beinfreiheit verschaffen. Stabil soll auch die Grundsteuer bleiben: "Das bleibt alles im besprochenen Rahmen", so Geier. Insofern sei er sich sicher, dass die anstehenden Haushaltsberatungen "spannend" werden, und man dennoch schnell einen genehmigungsfähigen Haushalt bekomme.
Vier Buchstaben machen den Unterschied
Bürgermeister Geier will den Wahlkampfendspurt mit guten Nachrichten aus der Wirtschaft und unter Verweis auf seine Erfahrung und Kompetenz aus Jahrzehnten in der Verwaltung für sich entscheiden. Dabei verweist er auf seine Stärke in der vermittelnden Kommunikation, belegt dies etwa mit der breiten Unterstützung aus dem Stadtrat.
Außer der AfD, die Kontrahent Vogt unterstützt, und dem Verein "Hauptsache Halle" befürworten alle Fraktionen Geier. Auch die CDU hat sich zwischenzeitlich für ihn ausgesprochen. Unerwarteten Rückenwind gab es auch von CDU-Wirtschaftsminister Sven Schulze am Rande eines Termines. Hier sagte Schulze, er hoffe, die gute Zusammenarbeit mit Geier auch nach dem Wahlsonntag fortsetzen zu können.
Vier schlanke Buchstaben – "Ober-" vor seiner bisherigen Funktion als Bürgermeister – könnten am Sonntag für Egbert Geiert vieles verändern. Was genau? Geier sagt: "Diese Buchstaben bringen mich in eine andere Verantwortung. Ich freue mich drauf und ich werde alles dafür tun, dass die Stadt davon profitiert und die Wählerinnen und Wähler das gute Gefühl haben, den richtigen Mann gewählt zu haben."
MDR (Marc Weyrich, Fabian Brenner, Attila Dabrowski, Kalina Bunk)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 23. Februar 2025 | 19:00 Uhr
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