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Nach Halle zweifelt auch die Stadt Weißenfels an den Ergebnissen des Zensus 2022 und will die Einwohner nun selbst zählen. Oberbürgermeister Martin Papke schätzt die Erfolgschancen aber aus gering ein. Mehr dazu im Audio. Bildrechte: imago images/imagebroker
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MDR SACHSEN-ANHALT Mi 30.10.2024 11:17Uhr 00:37 min

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Zweifel an Bevölkerungszahlen Stadt Weißenfels will Zensus überprüfen

30. Oktober 2024, 17:56 Uhr

Der Zensus 2022 hat mehreren Städten in Sachsen-Anhalt einen Einwohnerverlust bescheinigt. Damit würden den Kommunen auch weniger finanzielle Zuweisungen vom Land bekommen. Einige Städte wollen deshalb ihre Bevölkerung selbst nachzählen. Zuletzt kam Halle mit einer Aktion auf mehr Einwohner als der Zensus. Nun will auch Weißenfels die Ergebnisse prüfen, wird damit allerdings wenig Erfolg gegen das Statistische Landesamt haben.

Auch Weißenfels hat Zweifel an den Ergebnissen des Zensus 2022. Das sagte Oberbürgermeister Martin Papke (CDU) MDR SACHSEN-ANHALT. Der Zensus bescheinigt Weißenfels deutlich weniger Einwohnerinnen und Einwohner als das Melderegister der Stadt hergibt. Die Stadt im Burgenlandkreis will die Bevölkerungszahlen deshalb jetzt selbst nachprüfen.

Die Zahlen des Zensus sind laut Papke nun für einen Zeitraum von zehn Jahren verbindlich. Für Weißenfels bedeute das, dass der Stadt pro Jahr rund 1,5 Millionen Euro aus dem Finanzausgleichsgesetz fehlen. Der Oberbürgermeister kritisierte, die von den Kommunen zu erbringenden Leistungen blieben aber die gleichen.

Schlechte Chancen gegen den Zensus

Mit Meldedaten, Steuer-ID, Kitakindern und anderen Parametern könne man die tatsächlichen Zahlen verlässlich ermitteln. Papke fordert daher vom Landtag Sachsen-Anhalt eine Änderung des Paragraphen 25 im Finanzausgleichsgesetz. Dieser sieht vor, dass Leistungen an die Einwohnerzahlen gekoppelt sind und durch das Statistische Landesamt errechnet sowie festgesetzt werden. Nachträgliche Korrekturen der Bevölkerungszahlen würden nicht berücksichtigt. Papke sagte, man brauche eine Regelung, die betroffenen Städten eine valide Überprüfung ermöglichen.

Allerdings sagte Papke auch, er sehe wenig Chancen, erfolgreich gegen die Ergebnisse des Zensus vorzugehen. Damit reagierte er auch indirekt auf Angaben der Stadt Halle. Sie hatte bei einer eigenen Zählung eine deutlich höhere Einwohnerzahl festgestellt als das Statistische Landesamt. Papke sagte, obwohl Halle sich in einem Anhörungsverfahren befände, seien alle erhobenen Daten des letzten Zensus bereits vernichtet worden. Eine stichhaltige Prüfung sei so nicht mehr möglich.

Stadtratsvorsitzender Jörg Freiwald (r.) überreichte die Ernennungsurkunde an den neuen Weißenfelser Oberbürgermeister Martin Papke
Weißenfels Oberbürgermeister Martin Papke (links) geht nicht davon aus, dass die Stadt die Ergebnisse des Zensus anfechten kann. (Archivbild) Bildrechte: Katharina Vokoun/ Stadt Weißenfels

Halle zählt selbst: Mehr Einwohner als gedacht

Die Stadt Halle hatte ebenfalls Zweifel am Zensus, der etwa 17.000 Einwohnerinnen und Einwohner weniger zählte als das Melderegister. Deswegen hat Halle selbst gezählt und kam auf einen Verlust von nur rund 4.500 Menschen. Das Statistische Landesamt kritisierte die eigene Zähl-Aktion. Beim Zensus werden anhand einer Stichprobe rund zehn Prozent der Bevölkerung befragt und danach die Einwohnerzahl hochgerechnet. Im kommenden Monat ist eine Anhörung der Stadt beim Statistischen Landesamt geplant.

Wie wurde die Einwohnerzahl beim Zensus ermittelt?

Der Zensus 2022 hat zum Stichtag 15. Mai die Einwohnerzahl aller Gemeinden Deutschlands ermittelt. Als Daten-Grundlage dienten dabei die Zahlen des Melderegisters, die jedoch mit statistischen Mitteln korrigiert wurden: Einerseits wurden Doppelungen durch mehrere Wohnsitze entfernt, andererseits Befragungen auf Stichproben-Basis sowie Erhebungen an Wohnheimen und Gemeinschaftsunterkünften durchgeführt.

Wie ist der Zensus in Sachsen-Anhalt abgelaufen?

In Sachsen-Anhalt wurden rund 260.000 Menschen durch eine sogenannte Haushaltsbefragung interviewt. Das entspricht gut zehn Prozent der Bevölkerung. Dabei ging es auch um Informationen zu Bildung und Erwerbs-Situation. Rund 2.300 Interviewerinnen und Interviewer haben in den 38 kommunalen Erhebungsstellen daran mitgearbeitet.

Was bedeuten die Zensus-Zahlen?

Die Zensus-Daten sind vor allem Grundlage für Ausgleichszahlungen. Sie bestimmen, wie viel Geld Städte und Gemeinden in Zukunft durch den Länder- sowie den kommunalen Finanzausgleich und durch EU-Fördermittel zugewiesen bekommen. Auch die Einteilung der Wahlkreise und die Stimmen-Verteilung im Bundesrat orientieren sich an der per Zensus ermittelten Einwohnerzahl. Für die Jahre 2022 und 2023 werden die neuen Zensus-Ergebnisse zu einem Drittel und dann zu zwei Dritteln angewendet. Je nach Einwohner-Entwicklung erhöhen sich also für Kommunen und Länder schrittweise die fälligen Nachzahlungen beziehungsweise zustehenden Nachschläge.

Was bringt der Zensus Sachsen-Anhalt?

Der Zensus bescheinigt Sachsen-Anhalt einen Bevölkerungsschwund von 1,8 Prozent – also rund 40.000 Einwohnern. Das bedeutet Mindereinnahmen über den Finanzausgleich ab 2025 von etwa 15 Millionen bis 25 Millionen Euro. Für den Landeshaushalt hat so eine Schwankung nach Angaben des Finanzministeriums keine Auswirkung. Jedoch ändert sich die Verteilung der Mittel für die Kommunen.

Wie sieht es in anderen Ländern aus?

Gravierender sind die Auswirkungen beispielsweise für das Land Berlin. Wegen des errechneten erheblichen Rückgangs der Bevölkerung werden dort bis 2028 bis zu 550 Millionen Euro Mindereinnahmen ein. Hamburg rechnet mit 190 Millionen Euro jährlich weniger, Mecklenburg-Vorpommern mit 180 Millionen Euro. Einen statistischen Bevölkerungszuwachs und damit Steuer-Mehreinnahmen haben hingegen das Saarland sowie die Hansestadt Bremen. Auch Thüringen wird mehr Geld über den Länderfinanzausgleich erhalten, da der dort errechnete Bevölkerungsrückgang noch unter dem Bundesdurchschnitt liegt.

Ist der Zensus rechtssicher?

Das Register-gestützte Verfahren wurde erstmals beim Zensus 2011 genutzt und nun beim Zensus 2022 wieder herangezogen. Die Umstellung auf diese Methode landete seinerzeit vor Gericht: Berlin und Hamburg als große Einwohner- und Geld-Verlierer klagten. Sie kritisierten, dass sich mit einer Haushalts-Stichprobe von zehn Prozent die Einwohnerzahl nicht ausreichend präzise hochrechnen lasse. Doch – entschied das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 19. September 2018.

Mehr zum den Ergebnissen des Zensus in Sachsen-Anhalt

MDR (Jörg Wunram, Attila Dabrowski, Fabienne von der Eltz)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 30. Oktober 2024 | 06:30 Uhr

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