Kommentar Jetzt stellen sich Zukunftsfragen: Welche Folgen der Pokalsieg des Syntainics MBC haben muss
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17. Februar 2025, 17:52 Uhr
Sensationell sichert sich der Syntainics MBC den Pokal. Der Titelgewinn erfüllt eine ganze Region mit Stolz. Und der Klub aus Weißenfels sammelt Argumente für eine erfolgreiche Zukunft. Was jetzt passieren muss.
- Der Syntainics MBC hat Geschichte geschrieben – und zwar mit dem ersten nationalen Titel eines ostdeutschen Basketball-Klubs.
- Jahrelange Tristesse ist neuer Euphorie gewichen. Die Aufbruchstimmung im Umfeld ist größer denn je.
- Nun stellen sich auch Zukunftsfragen: Eine neue Halle und ein höheres Budget müssen her, um in der Bundesliga langfristig zu bestehen.
Es war eng am Montagnachmittag auf dem Rathaus-Balkon in Weißenfels. Platz für alle Helden des Syntainics MBC gleichzeitig war dort nicht. Also mussten die Profis anstehen, um sich von den Fans auf dem Marktplatz feiern zu lassen. Doch darauf warteten sie gern.
Beim Blick in die Masse wurde dann schnell deutlich, was der sensationelle Pokalsieg des Syntainics MBC für die Region bedeutet: Eine Stadt voller Stolz. Alle Augen hatten sich am vergangenen Wochenende auf Weißenfels, eine 39.000-Einwohner-Stadt im Burgenlandkreis, gerichtet.
Kaum jemand hatte an den Erfolg des Syntainics MBC im Final-Turnier des Pokalwettbewerbs geglaubt – und doch durfte der Außenseiter am Ende den Pokal gen Decke der Stadthalle Weißenfels strecken.
Erster Ost-Klub mit nationalem Titel
Weißenfels hat Geschichte geschrieben. Als erster Klub aus den neuen Bundesländern konnte sich der Syntainics MBC einen nationalen Titel sichern. Zwar war es nicht der erste Triumph in der Vereinsgeschichte. 2004 hatte Weißenfels auf internationalem Parkett geglänzt und die FIBA EuroCup Challenge gewonnen. Doch der Erfolg damals war teuer erkauft. Weißenfels hatte sich finanziell übernommen. Es folgte die Insolvenz.
Diesmal fußt der Pokalsieg auf einer gesunden Entwicklung – und fühlt sich noch wichtiger als damals an. Schließlich spielte der Syntainics MBC beim Top Four nicht nur um den Pokal, sondern auch um seine Zukunft.
Lange fehlte die Perspektive
Was sich dramatisch anhört, ist gewiss so. In den vergangenen Jahren fehlte die Euphorie beim Syntainics MBC komplett. Die Fans hatten sich an Partien gegen klangvolle Namen wie den FC Bayern München oder Alba Berlin gewöhnt. Wirklich ausverkauft war die Stadthalle nie. Die Spielzeiten plätscherten so vor sich hin. Am Ende stand irgendwie immer gequält der Klassenerhalt. Irgendwie ging aber auch nie mehr. Es drohte Gleichgültigkeit.
Weißenfels spielt Bundesliga – wie besonders allein dieser Zustand war und ist, dafür ging das Verständnis zusehends verloren. Doch in einer strukturschwachen Region, mit dem kleinsten Etat aller Klubs überhaupt Erstliga-Basketball zu organisieren, diese Herausforderung meisterte der Verein immer wieder. Zur Einordnung: Weißenfels verfügt in dieser Spielzeit laut eigenen Angaben über einen Gesamt-Etat von knapp vier Millionen Euro. Beim FC Bayern München, den der Syntainics MBC im Halbfinale sensationell besiegte, sind es schätzungsweise etwa 30 Millionen Euro.
Was den Fans fehlte, war die Perspektive – auch, wenn daran mehr oder weniger im Hintergrund ständig gearbeitet wurde. Allen voran, Geschäftsführer Martin Geissler, traf über die Jahre hinweg wegweisende Entscheidungen: Die Kräfte im Nachwuchsbereich in Zusammenarbeit mit dem Basketball-Verband Sachsen-Anhalt unter dem Dach der Mitteldeutschen Basketball Academy zu bündeln, war so eine, oder auch die Bundesliga-Damen der Lions aus Halle in den Verein zu integrieren.
Zwei entscheidende Personalien
Entscheidend aber waren zwei Personalien: Im April 2023 stieg Christian Zeidler als Gesellschafter beim Syntainics MBC ein, und zwar als einer, der mitgestalten will. Immer wieder erhöhte Zeidler sein finanzielles Engagement, um beispielsweise Spieler wie Center Martin Breunig zu halten. Schlussendlich war der Unternehmer maßgeblich daran beteiligt, das Top Four überhaupt erst nach Weißenfels zu holen.
Außerdem ging Geschäftsführer Geissler im vergangenen Sommer ein Wagnis ein, das sich auszahlte: Mit Janis Gailitis verpflichtete der Klub einen neuen Cheftrainer, der zuvor noch nie außerhalb seines Heimatlandes gearbeitet hatte. In Lettland war der 39-Jährige zwar Serienmeister gewesen. Ob der Lette auch in der wesentlich stärkeren Basketball-Bundesliga direkt Erfolg haben würde, war jedoch unklar. Spätestens seit dem Pokalsieg sind alle Zweifel beseitigt. Gailitis hat ein Gewinner-Team geformt.
Große Herausforderungen warten auf Weißenfels
Und nun stellen sich Zukunftsfragen beim Syntainics MBC. Vor allem muss in eine Diskussion neuer Schwung kommen. Ab der Saison 2032/33 darf in der Bundesliga nämlich eine Mindest-Kapazität von 4.500 Fans nicht mehr unterschritten werden. So beeindruckend die Stimmung am Wochenende auch war: In der Stadthalle Weißenfels finden derzeit lediglich 3.000 Zuschauer ihren Platz.
Der Syntainics MBC braucht früher oder später eine neue Halle. Sonst, das hatte Geschäftsführer Martin Geissler in der Vergangenheit bereits erklärt, könnte sogar ein Wegzug aus Weißenfels drohen – auch, wenn das keineswegs das Ziel sei und angesichts des aktuellen Erfolgs unrealistisch erscheint. Der Pokalsieger will in Weißenfels bleiben, braucht dafür aber in den kommenden Jahren mehr denn je die politische und wirtschaftliche Unterstützung der Region. Auch das Budget wird sich mittelfristig deutlich erhöhen müssen, um in der höchsten deutschen Spielklasse wettbewerbsfähig zu bleiben.
Wirtschaft und Politik in der Pflicht
Der Bürgermeister von Weißenfels, Martin Papke (CDU), und der Landrat des Burgenlandkreises, Götz Ulrich (CDU), wählten am Montag bei dem Empfang im Rathaus große Worte, um den Pokalsieg des Syntainics MBC zu würdigen. "Wir sind stolz auf unsere Mannschaft. Das gibt gerade in dieser schweren Zeit einen unglaublichen Ruck für die Region", sagte Papke beispielsweise. "Da, wo die Politik scheitert, können wir sehen, dass der Sport uns auffängt und Verbundenheit mit einer Region schafft."
Fest steht: Die Unterstützung wie bei der Ausrichtung des Top Four, für die sich Geschäftsführer Martin Geissler bei den Politikern am Montag bedankte, wird weiterhin Bestand haben müssen, will die Stadt sein Aushängeschild halten – auch, wenn das bei all den Feierlichkeiten nach dem Pokalsieg gewiss noch kein großes Thema war.
Die Euphorie verfestigen
Der Syntainics MBC jedenfalls hat am vergangenen Wochenende ja bereits in den vergangenen Monaten ausreichend Argumente für eine erfolgreiche Zukunft gesammelt. Die Euphorie der Sensation zu verfestigen, beispielsweise neue Sponsoren von einem Engagement zu überzeugen, dürfte die große Aufgabe für die kommenden Wochen und Monate werden.
Der Klub hat mit der Ausrichtung des Top Four bewiesen, dass er auch organisatorisch bei den Besten mitspielen kann. Auf dem Parkett peilt der Syntainics MBC die Play-offs an. Auch das wäre ein wahnsinniger Erfolg.
Doch erst einmal hieß es am Montag: die Gegenwart genießen. Denn diesen historischen Augenblick auf dem Rathaus-Balkon hatten sich alle Beteiligten verdient.
MDR (Daniel George)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT HEUTE | 17. Februar 2025 | 19:00 Uhr
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