Eine schwangere Frau hält sich den Bauch
Seit Mai 2023 können Frauen ihr Kind nicht mehr in Zeitz zur Welt bringen. (Symbolbild) Bildrechte: colourbox.com

Geburtsstation geschlossen Wie Frauen in Zeitz Schwangerschaft und Geburt nach der Schließung erleben

von Annekathrin Queck, MDR SACHSEN-ANHALT

25. Januar 2024, 16:58 Uhr

Nach der Schließung der Geburtshilfe müssen Frauen aus Zeitz für die Geburt deutlich längere Anfahrtswege einplanen. Die beiden Mütter Sylvia Horn und Lisa Albrecht mussten vor der Geburt sogar mehrfach zwischen Zeitz und der ausgewählten Klinik pendeln. Mögliche Komplikationen und längere Fahrtwege bereiten auch Schwangeren große Sorgen.

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Nach der Schließung der Geburtsstation in Zeitz müssen schwangere Frauen für die Entbindung zum Teil weite Strecken auf sich nehmen. Zwei Mütter, die das erlebt haben, sind Sylvia Horn und Lisa Albrecht (Name von der Redaktion geändert).

Sylvia Horn hat ihr Kind im September entbunden und war schon vor der Schließung der Geburtsstation schwanger. Eigentlich wäre sie für die Geburt gerne in Zeitz geblieben, erzählt sie im Gespräch mit MDR SACHSEN-ANHALT. Ihre ursprüngliche Vorstellung sei gewesen, dass sie, wenn die Wehen einsetzen, ins Krankenhaus fährt und dort eine natürliche Geburt erlebt.

Krankenhäuser in Gera und Altenburg als Alternativen

Als die Schließungspläne bekannt wurden, schaute sich Sylvia Horn mit ihrem Partner die Krankenhäuser in Gera und Altenburg an. Auch über Borna hätten sie nachgedacht, aber die Entfernung sei ihnen zu groß gewesen. Die Wahl fiel dann auf Altenburg, weil dort "alles ein bisschen familiärer" war, erzählt Sylvia Horn. Gera als "riesengroßes Klinikum" kam für sie dagegen nicht infrage.

Während die Fahrt zum Krankenhaus in Zeitz gerade einmal eine Viertelstunde gedauert hätte, musste Sylvia Horn nun einen Weg von ungefähr 40 Minuten mit dem Auto einplanen.

Kontroll-CTG und Kaiserschnitt

Auch die Geburt selbst lief schließlich anders, als sie es sich ursprünglich erhofft hatte. Weil das CTG auffällig war, musste sie alle zwei Tage zwischen Zeitz und Altenburg pendeln, um dort ein Kontroll-CTG machen zu lassen. Bei ihrem dritten Termin, ungefähr eine Woche nach dem errechneten Geburtstermin, sei die Geburt dann eingeleitet worden.

Stichwort: CTG (zum Aufklappen)

Bei der Kardiotokografie (auch: Cardiotokografie, CTG) handelt es sich um eine Untersuchungsmethode, mit der der Herzschlag des Kindes erfasst werden kann. Dabei erfolgt eine kontinuierliche Messung des zeitlichen Abstandes zwischen zweier Herzschlägen des Fötus.

Die parallele Aufzeichnung der Wehentätigkeit der schwangeren Frau erlaubt Rückschlüsse auf Veränderungen der kindlichen Herzfrequenz im Bezug zu den Wehen, um beispielsweise eine Gefährdung des Babys unter der Geburt zu erkennen.

Allerdings habe sie trotz Einleitung keine Wehen bekommen, erinnert sich Sylvia Horn. Als dann auf einmal die Herztöne ihres Kindes weg waren, sei sie vor die Wahl gestellt worden, ob sie trotzdem eine natürliche Geburt versuchen oder einen Kaiserschnitt wolle.

Wegziehen aus Zeitz – trotz langer Fahrtzeit keine Option

Sylvia Horn entschied sich für den Kaiserschnitt und ist nach eigener Aussage froh, dass sie sich dafür entschieden hat, weil bei ihrem Sohn – wie sich später herausstellte – die Nabelschnur um den Hals lag.

Den erhöhten Aufwand rund um die Geburt würde Sylvia Horn für ein zweites Kind wieder auf sich nehmen, sagt sie. Aus Zeitz wegzuziehen, ist für sie demnach keine Option. Die Familie lebe dort, Sylvia Horn wohnt in einem Haus. Außerdem sei sie das Pendeln durch ihre Arbeit in Leipzig sowieso schon gewohnt.

Interview: Wie Schwangere vor der Schließung der Geburtshilfe betreut wurden (zum Aufklappen)

Zur Gesprächspartnerin:
Carola Köhler war bis April letzten Jahres Beleghebamme im Klinikum Zeitz. Sie ist bereits seit 1982 Hebamme und hat schon mehrere Tausend Geburten begleitet. Außerdem betreut sie Frauen in der Schwangerschaft und im Wochenbett.

MDR SACHSEN-ANHALT: Wie war die Versorgung der Schwangeren in Zeitz vor der Schließung der Geburtshilfe?

Carola Köhler: Vor der Schließung war es so, dass wir hier fünf freiberufliche Hebammen waren. Jede Hebamme hat ihre "eigenen" Frauen betreut. Diese Frauen wurden dann auch von der jeweiligen Hebamme entbunden. Egal, ob das jetzt nachts um zwei oder ein Feiertag oder Sonntag war. Wir sind immer mit unseren Frauen in die Klinik mitgegangen, haben sie vorher betreut, Kurse gegeben und hinterher weiterbetreut.

Vor ungefähr zwei Jahren haben wir uns dann zusammengeschlossen und Dienste organisiert, sodass die Hebammen mal ein Wochenende frei hatten und auch mal beruhigt in den Urlaub gehen konnten. Das heißt, dass die Frauen auch von den anderen Hebammen betreut wurden – 24 Stunden lang, bis die nächste Ablösung kam. Mit Wehen oder Blasensprung kam noch eine zweite Hebamme mit hinzu. Also es war eine optimale Betreuung, eine Eins-zu-Eins-Betreuung.

Machen die Hebammen, die damals dabei waren, jetzt noch weiter und bieten zum Beispiel Geburtsvorbereitungskurse in ihren eigenen Praxen an oder wie ist die Situation?

Vier Wochen vor der Schließung haben wir noch eine Hebamme eingestellt als Beleghebamme und das, obwohl das Haus da schon wusste, dass es nicht weitergeht. Diese Hebamme ist in eine andere Klinik gegangen. Und meine zwei Kolleginnen, mit denen ich das über 20 Jahre gemacht und aufgebaut habe, machen jetzt beide auch nur noch Kurse und Nachbetreuung.

Die Schließung hat für sie wahrscheinlich auch einen finanziellen Verlust bedeutet, oder?

Ja, weil die Geburtshilfe wegfällt. Wir haben in Zeitz und Umgebung auch nicht so wahnsinnig viele Schwangere, dass sich das in dem Sinne rechnet, dass wir unseren Verdienst genauso wiederhätten wie vorher.

Es wurde ja auch überlegt, ein Geburtshaus in Zeitz zu eröffnen. Warum hat man sich dagegen entschieden?

Ein Geburtshaus wäre keine Option, weil da ganz viele finanzielle Dinge dranhängen und man auch viele Auflagen erfüllen muss. Im Geburtshaus kann auch nicht jede Frau entbinden. Das sind vielleicht von zehn Frauen zwei, die da einbinden könnten, weil sie von der Anamnese her wirklich gar nichts haben dürfen, nicht mal Schwangerschaftsdiabetes oder hohen Blutdruck. Von daher wäre das überhaupt keine Option gewesen.

Zu welchen Kliniken fahren die Frauen denn jetzt?

Das kommt darauf an, in welchem Ort die Frauen wohnen. Rings um Zeitz gibt es auch viele Dörfer und ein paar sind näher an Borna, manche näher an Altenburg oder Naumburg. Die Frauen gehen danach, welche Klinik einen guten Ruf hat, wo man sich gut aufgehoben fühlt und wo ihr Kind auch dann optimal versorgt ist, wenn es etwas hätte. Die Frauen schauen sich zwei oder höchstens drei Kliniken an und entscheiden dann.

Hebamme Carola Köhler
Hebamme Carola Köhler in ihrer Praxis in Zeitz. Bildrechte: Carola Köhler

Wahl zwischen Borna und Leipzig

Auch Lisa Albrecht hätte gerne in Zeitz ihr Kind geboren. Obwohl sie vor der Schließung der Geburtsstation schwanger gewesen ist, hat sie nach eigener Aussage nicht mehr damit gerechnet, dass sie in Zeitz entbinden kann. Eine mögliche Schließung sei schon damals Thema gewesen.

Um eine geeignete Klinik für die Entbindung zu finden, habe sie sich mit Arbeitskollegen, Bekannten und Familienmitgliedern ausgetauscht. Viele hätten vom Krankenhaus in Borna geschwärmt. Auch das Elisabeth-Krankenhaus in Leipzig sei ihr empfohlen worden, erzählt Lisa Albrecht.

Sorgen wegen des längeren Fahrtwegs

Ihr Partner und sie hätten ihre Wahl von der Strecke abhängig gemacht und sich am Ende für Leipzig entschieden: "Wir wohnen an der B2 in Bornitz und bis Leipzig brauchen wir 35 Minuten." Da das Elisabeth-Krankenhaus direkt in Connewitz sei und man nicht durch die ganze Stadt fahren müsse, habe sich das am ehesten angeboten.

Trotzdem hat ihr der längere Fahrtweg Sorgen bereitet. Ein Gedanke sei zum Beispiel gewesen: "Was ist, wenn es so heftig losgeht und man die 35 Minuten nicht mehr hat?" Sie habe zwar gehört, dass das bei der ersten Geburt eher nicht passiert, aber bei der zweiten könne es wohl schon schneller gehen.

Zwischen Zeitz und Leipzig gependelt

Auch Lisa Albrecht hat sich – wie Sylvia Horn – eine natürliche Geburt gewünscht, am Ende sei aber eine Einleitung nötig gewesen, weil bei ihr in der Schwangerschaft Bluthochdruck festgestellt wurde. Deshalb musste sie vor der Geburt mehrfach zur Kontrolle nach Leipzig fahren.

Sie sei bestimmt fünf, sechs Mal im Elisabeth-Krankenhaus gewesen – jeweils zwei Mal pro Woche – ehe entschieden wurde, dass sie eine Einleitung bekommen soll, erinnert sich Lisa Albrecht. Zwischendurch sei sie auch schon mal zwei Tage wegen einer Dauermessung des Blutdrucks im Krankenhaus gewesen und habe Tabletten nehmen müssen.

Unkomplizierte Geburt nach Einleitung

Als sie dann schließlich zur Einleitung Ende Oktober in die Klinik gekommen sei, hätte sie abends Wehen bekommen und in der Nacht ihre Tochter geboren. "Ich war nur knappe drei, dreieinhalb Stunden im Kreißsaal, was für eine Erstentbindung gut ist", erzählt Lisa Albrecht. Probleme oder Komplikationen gab es demnach nicht.

Sie sei froh gewesen, dass ihr Partner bei der Geburt dabei sein konnte. Wenn die Einleitung länger gedauert hätte, hätte er zwischendurch nämlich wieder nach Hause fahren müssen, sagt Lisa Albrecht, weil man erst nach der Geburt ein Familienzimmer bekommt.

Stationsschwester Katrin steht an den Bettchen von wenige Stunden alten Babys in der Geburtenstation.
Neugeborene Kinder im Elisabeth-Krankenhaus in Leipzig. (Archivbild) Bildrechte: picture alliance / ZB | Waltraud Grubitzsch

Zufrieden mit Krankenhaus und Geburt

Auch wenn ihr die Kontrolltermine im Krankenhaus vor der Geburt manchmal etwas viel oder zu übertrieben erschienen, ist sie nach eigener Aussage mit ihrer Geburtserfahrung und der Betreuung im Elisabethkrankenhaus zufrieden gewesen. Im Nachhinein sei das alles nicht mehr so schlimm.

Für ein zweites Kind würde sie den Aufwand nochmal auf sich nehmen, "auch wenn es dann wahrscheinlich schwieriger ist, weil man sich um eine Betreuung kümmern muss".

Nach Schließung der Geburtshilfe: Schwangere machen sich mehr Sorgen

Auch für Frauen, die erst nach der Schließung der Geburtshilfe schwanger geworden sind, hat sich einiges verändert. In einem Geburtsvorbereitungskurs der in Zeitz tätigen Hebamme Carola Köhler erzählt eine der Frauen, dass ihre größte Sorge der lange Fahrtweg zur Klinik ist. Die umliegenden Krankenhäuser seien alle ungefähr eine halbe Stunde entfernt. In Zeitz hätte sie dagegen nur einen Weg von fünf Minuten gehabt.

Fragen wie: "Schaffe ich es rechtzeitig?", "Was passiert, wenn ich zu früh in der Klinik bin?", "Muss ich dann wieder nach Hause oder werde ich noch drei Mal hin- und hergeschickt?" würden ihr Angst machen. Außerdem habe sie die Sorge, dass sie, wenn sie zu lange mit dem Losfahren wartet, ihr Baby vielleicht unterwegs bekommen könnte.

Hebamme Carola Köhler
Ein Geburtsvorbereitungskurs in der Praxis von Carola Köhler. (Archivbild) Bildrechte: Carola Köhler

Eine prägende Geburtserfahrung

"Wir sind alle noch im Winter dran", sagt sie mit Blick in die Runde, "und haben die Sorge, dass es dann nochmal geschneit hat und die Straßen vielleicht nicht frei sind." Eine weitere Angst sei, dass der Partner wegen einer Corona-Infektion nicht mit ins Krankenhaus kommen könne.

Mit Blick auf die Geburt eines zweiten Kindes sagt sie: "Die Erfahrung, die man jetzt sammelt, prägt natürlich." Die anderen Frauen nicken zustimmend. Die Entscheidung für oder gegen ein weiteres Kind sei auf jeden Fall davon beeinflusst, ob bei der ersten Geburt alles gut verlaufen sei oder es Probleme gegeben habe.

Anmerkung der Redaktion: Der Name von "Lisa Albrecht" wurde von der Redaktion geändert. Der echte Name ist bekannt, wird aber bewusst nicht genannt, um die Privatsphäre zu wahren. Auch die Schwangeren aus dem Geburtsvorbereitungskurs wollten anonym bleiben.

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Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 25. Januar 2024 | 17:00 Uhr

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