Sanierung Was aus dem ehemaligen Bahnhof in Hordorf werden soll
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21. April 2025, 17:45 Uhr
Ein Eisenbahn-Enthusiast will den Bahnhof von Hordorf sanieren. Vor ihm liegt einiges an Arbeit, denn der Bahnhof ist nicht nur stark verwittert, sondern hat auch eine traurige Geschichte, die berücksichtigt werden soll.
- Der Bahnhof von Hordorf soll Büro, Museum und Biker-Werkstatt werden.
- Gleichzeitig soll auch die Erinnerung an das Zugunglück 2011 am Leben erhalten werden.
- Ein Schienenbus soll vor dem Bahnhof parken.
Wer schon mal ein kleines Häuschen saniert hat, weiß, was da auf einen zukommt. Wenn es dann aber gleich ein ganzer Bahnhof ist, dann wird das Vorhaben garantiert zu einem Mammutprojekt. Und vor dem steht nun der neue Eigentümer des ehemaligen Bahnhofs in Hordorf bei Oschersleben.
Die Bleibe von Udo Christiansen ist momentan noch ein kleiner Wohnwagen mit Vorzelt – direkt an der ehemaligen Bahnsteigkante. Denn in seiner künftigen Wohnung im Dachgeschoss ist der Lack ab – alles muss erstmal von Grund auf Vordermann gebracht werden. Mit einem Spachtel sticht Christiansen gerade die alte Deckenvertäfelung aus Styropor ab – zum Vorschein kommen Wasserschäden im Mauerwerk. "Damit habe ich gerechnet", meint der gelernte Elektriker und begabte Handwerker. Denn er weiß, die Dachziegel seien ein großes Flickwerk, das auch beim Anblick von außen zwischen klassisch rot bis stark verwittert wechselt.
Freund der Eisenbahnfreunde
Eine Etage tiefer im ehemaligen Stellwerk will er ein Büro für seinen Hausmeisterservice einrichten, und zwar mit authentischen Elementen. Neben dem Fahrkartenschalter mit seinem typischen Guckloch durch die Glasscheibe will Christiansen auch einen Weichenhebelblock ganz museal aufstellen. "Die Bahn hat zwar alles rausgerissen. Aber ich besorge mir die Teile bei Eisenbahnfreunden oder einem Eisenbahnverein", guckt er optimistisch nach vorne.
In Hordorf hält schon lange kein Zug mehr. Immerhin: Als er dem Lokführer des vorbeirauschenden RE11 von Magdeburg nach Thale zuwinkt, bekommt Christiansen eine Lichthupe zurück. Da geht ihm sichtlich das Herz auf. Auch, wenn er seinen noch jungen und verspielten Rhodesian Ridgeback ruft, der in Anlehnung seiner doch großen Pfoten "Little Foot" heißt. Beide vertrauen sich blind, so scheint es.
Erinnern an das Unglück 2011
Udo Christiansen kennt die traurige Geschichte um den Bahnhof Hordorf. Dass er an jenem Ort des tragischen Zugunglücks 2011 sein neues Domizil aufbaut, bereitet dem rüstigen Westfalen ein flaues Gefühl. Er wolle sich jedenfalls um den Ort des Erinnerns kümmern. Am Gedenkstein für die Opfer, nur wenige Schritte vom Bahnhof entfernt, "möchte ich einige Krokusse und andere Blumen anpflanzen, damit es einfach schöner aussieht."
Stichwort: Das Zugunglück von Hordorf Beim Zugunglück von Hordorf waren Ende Januar 2011 ein Personenzug und ein mit Kalk beladener Güterzug zusammengestoßen. Zehn Menschen kamen ums Leben, 23 weitere wurden zum Teil lebensgefährlich verletzt. Der Lokführer des Güterzugs wurde knapp zwei Jahre später zu einer Bewährungsstrafe verurteilt. Er hatte nach Ansicht des Landgerichts Magdeburg zwei Haltesignale übersehen, weshalb es auf der eingleisigen Strecke zum Zusammenstoß beider Züge gekommen war.
Udo Christiansen ist sowas wie eine urige Type. Er stammt aus einer Eisenbahnfamilie, deshalb die Liebe zum ehemaligen Bahnhof in Hordorf. Geboren in Hamm und aufgewachsen in Dortmund, zieht es ihn ganz bewusst nach Sachsen-Anhalt in die Börde. Seine westfälische Herkunft schwingt in jeder Silbe mit: "Die Menschen hier im Osten sind viel freundlicher, zugänglicher", spricht Christiansen aus eigener Erfahrung, wobei er auf Basis der Nachbarschaftshilfe große Unterstützung erfahre.
Aus der alten Güterhalle will er eine Bikerwerkstatt machen, hat er doch nicht nur das Eisenbahner-Gen im Blut, sondern auch jenes der leidenschaftlichen Motorradfahrer. Er erzählt von seiner Vision, nach der Menschen wie er hier kostenlos schrauben und bei Bedarf auch ein Nachtquartier finden könnten.
Einem Schrotthaufen Leben einhauchen
Vom Dach bis zur Bahnsteigkante: Am und im einstigen Bahnhof wartet verdammt viel Arbeit. Doch Udo Christiansen scheint nichts über den Kopf zu wachsen. Denn – als ob die Sanierung seines Bahnhofs noch nicht genug wäre, heißt es für einen lange ausrangierten Schienenbus "Letzter Halt: Bahnhof Hordorf". Gleichfalls ein Mammutprojekt, diesem Schrotthaufen Baujahr 1963, wieder Leben einzuhauchen.
Dieser Schienenbus ohne Motor sei äußerst selten, nur drei Exemplare soll es davon geben, sagt Christiansen. Der MAN VB19 sei "ein Geschenk von der Chiemgauer Lokalbahn. Und somit habe ich den Waggon vor der Verschrottung gerettet." Vorerst, denn am Schienenbus gibt es kaum eine heile Fensterscheibe und kaum Interieur – dafür aber Rost an allen Ecken und Enden. Der Lack ist buchstäblich ab. Und so macht der Schienenbus einen eher traurigen Anblick, als ihn ein schwerer Autokran von einem Tieflader über das Dach der Güterhalle auf seinen vorläufigen Stellplatz hebt. Das Stück Abstellgleis für seine endgültige Position müsse erst noch verlegt werden, meint Christiansen. Ihm schwebe vor, aus dem heruntergekommenen Schienenbus ein attraktives Café zu machen. Vor seinem geistigen Auge sehe er schon viele Gäste, die für Kaffee und Kuchen vorbeikämen.
Den Schienenbus komplett zu restaurieren, das wird ein Weilchen dauern. Doch Udo Christiansen ist Optimist und setzt erstmal andere Prioritäten: Seine Wohnung über dem Stellwerk will er noch in diesem Jahr beziehen. Und die Schrauberwerkstatt für Biker – mit Biertresen zum Fachsimpeln – soll im nächsten Jahr eingeweiht sein.
MDR (Swen Wudtke, Max Schörm)
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 21. April 2025 | 16:40 Uhr
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