Dutzende Frauen und Männer stehen mit orangenen Regenschirmen vor dem Landtag von Sachsen-Anhalt. Im Hintergrund ist der Dom zu sehen. 2 min
Die Aktion vor dem Landtag Sachsen-Anhalt vom Landesfrauenrat Sachsen-Anhalt am Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen soll auf die Notwendigkeit der Verabschiedung des Gewalthilfegesetzes auf Bundesebene hinweisen. Die Regenschirme symbolisierten dabei den Schutz vor Gewalt an Frauen. Bildrechte: picture alliance/dpa | Klaus-Dietmar Gabbert
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MDR SACHSEN-ANHALT Mi 20.11.2024 17:00Uhr 01:41 min

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Sachsen-Anhalt Hunderte suchen Zuflucht in Frauenhäusern – Diskussion um Gebühren für Betroffene

21. November 2024, 11:48 Uhr

Straftaten gegen Frauen haben zuletzt in allen Bereichen zugenommen, das zeigt ein am Dienstag vorgestellter Bericht des Bundeskriminalamtes. Am Mittwoch hat sich der Landtag von Sachsen-Anhalt mit dem Thema befasst. Konkret ging es um eine bessere Finanzierung der Frauenhäuser. Denn immer wieder kommt es vor, dass Frauen durch die Zuflucht in ein Frauenhaus in finanzielle Schwierigkeiten kommen.

Die Finanzierung der Frauenhäuser ist am Mittwoch Thema im Landtag von Sachsen-Anhalt gewesen. Eingebracht hat das Thema Die Linke. Sie fordert, dass das im Bund geplante Gewalthilfegesetz zügig beschlossen wird – trotz des Aus' der Ampel-Regierung. Dafür müsse sich die Landesregierung einsetzen, erklärte Sachsen-Anhalts Linken-Fraktionschefin Eva von Angern. Zudem hatten die Grünen eine aktuelle Debatte zum besseren Schutz von Frauen vor Gewalt beantragt.

Frauenhaus: Diskussion um Gebühren für Frauen

Hintergrund ist, dass Frauen für den Aufenthalt in Frauenhäusern noch immer einen Eigenanteil zahlen müssen. Dieser liegt laut Sozialministerium zwischen fünf und 48 Euro pro Tag. Das Frauenschutzhaus Magdeburg spricht von etwa 620 Euro pro Monat für den Eigenanteil der Betroffenen; dazu kommen noch Kosten für die Unterbringung von Kindern.

Durch den Selbstzahleranteil komme es immer wieder vor, dass Betroffene durch die Zeit im Frauenhaus Schulden anhäufen oder das Schutzangebot aus finanziellen Gründen ablehnen, heißt es von der Landesarbeitsgemeinschaft der Frauenschutzhäuser.

"Gewalthilfegesetz muss kommen" steht auf einem Schild einer Teilnehmerin einer Aktion vom Landesfrauenrat Sachsen-Anhalt.
"Gewalthilfegesetz muss kommen" steht auf einem Schild einer Teilnehmerin einer Aktion vom Landesfrauenrat Sachsen-Anhalt vor dem Landtag in Magdeburg. Bildrechte: picture alliance/dpa | Klaus-Dietmar Gabbert

Bericht des Bundeskriminalamtes zu Gewalt an Frauen

Das BKA hat am Dienstag erstmals einen Bericht speziell zu Straftaten gegen Frauen vorgestellt. Daraus geht hervor, dass es in allen Bereichen einen Anstieg weiblicher Opfer gab. Das betrifft Sexualstraftaten, Gewalt oder auch Hass im Netz.

Besonders stark war der Anstieg 2023 demnach bei politisch motivierter Hasskriminalität gegen Frauen. Hier registrierte das BKA rund 56 Prozent mehr Straftaten als im Vorjahr. Insgesamt waren es 322 Fälle. Eine Erklärung liegt laut BKA "in einer Ideologie der Ablehnung von Gleichberechtigung und Gleichwertigkeit der Geschlechter".

Michael Kretschmer (l-r), Vizepräsident beim Bundeskriminalamt, Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, und Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin für Inneres und Heimat, stehen während der Vorstellung des Bundeslagebildes «Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten» im Haus der Bundespressekonferenz.
Michael Kretschmer (l-r), Vizepräsident beim Bundeskriminalamt, Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, und Nancy Faeser (SPD), Bundesministerin für Inneres und Heimat, stehen während der Vorstellung des Bundeslagebildes "Geschlechtsspezifisch gegen Frauen gerichtete Straftaten" im Haus der Bundespressekonferenz am 19. November. Bildrechte: picture alliance/dpa | Sebastian Gollnow

Die Häuser hätten für das Finanzierungsproblem unterschiedliche Lösungsideen, darunter besondere Härtefallregelungen oder auch Hilfe durch den Weißen Ring oder Spendenaktionen. Das seien aber immer handgestrickte Lösungen, sagte die Sprecherin der Landesarbeitsgemeinschaft, Katja Kaiser. Die von Gewalt betroffenen Schutzsuchenden dürften nicht als Bittstellerinnen dastehen.

Internationaler Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen

Jedes Jahr am 25. November wird Gewalt gegen Frauen mit einem weltweiten Aktionstag in den Fokus gerückt. Im Landtag von Sachsen-Anhalt gab es Mittwochmittag (20. November) ebenfalls eine Gedenkstunde zum Internationalen Tag gegen Gewalt an Frauen. 

Frauenschutzhäuser pochen auf das neue Gesetz

Die Frauenschutzhäuser, die den Eigenanteil benötigen, um eine Finanzierungslücke zu schließen, haben demnach bislang auf das neue Gewalthilfegesetz auf Bundesebene gesetzt – und eine bundesweit einheitliche Finanzierung ohne Eigenanteil. Mit dem Ampel-Aus ist nun allerdings ungewiss, ob das Gesetz noch auf den Weg gebracht wird.

Das SPD-geführte Sozial- und Gleichstellungsministerium in Sachsen-Anhalt erklärte dazu, es habe ebenfalls "ein großes Interesse", die Eigenbeteiligung der von Gewalt betroffenen Frauen für die Nutzung der Schutzangebote abzuschaffen. Das Ministerium verweist aber auf den Bund. Man setze sich weiter für eine "zügige Verabschiedung des Gewalthilfegesetzes ein, das einen Rechtsanspruch auf Schutz vor Gewalt und eine bundesweit einheitliche Finanzierung der Gewaltschutzangebote beinhalten soll, die ohne Eigenbeteiligung der Frauen auskommt".

Stichwort Gewalthilfegesetz Das geplante Gewalthilfegesetzes sieht einen Rechtsanspruch auf Schutz vor Gewalt vor – und eine bundesweit einheitliche Finanzierung der Gewaltschutzangebote ohne Eigenbeteiligung der Frauen.

Nach Angaben von Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) beschäftigt sich kommende Woche die Bundesregierung mit dem Vorhaben. Paus wirbt für fraktionsübergreifende Unterstützung. Nach dem Ampel-Aus komme es jetzt auf die Union im Bundestag an. Sozialverbände kritisieren, Paus habe zu lange gebraucht, um den Gesetzentwurf vorzulegen.

Auch viele Kinder finden Schutz im Frauenhaus

In Sachsen-Anhalt gibt es insgesamt 19 Frauenhäuser mit grundsätzlich 117 Schutzplätzen. Im Jahr 2023 wurden laut Landesverwaltungsamt 518 Frauen und 565 Kinder aufgenommen. Die prozentuale Belegung stieg somit von 68 Prozent auf 75 Prozent. Auch die durchschnittliche Aufenthaltsdauer wurde länger: 2021 lag sie noch bei 55 Tagen; 2023 waren es 66 Tage. 

Die Frauenhäuser haben vergangenes Jahr mehr als 680.000 Euro Wohnkosten eingenommen – teils haben die Frauen den Eigenanteil selbst gezahlt, bei Bewohnerinnen mit Leistungsbezug übernahm die Kosten der Staat.

Hier bekommen Sie Hilfe Das Hilfetelefon "Gewalt gegen Frauen" (08000 116 016) ist kostenlos und rund um die Uhr erreichbar, auch für Angehörige.

Die Vereine Wildwasser Magdeburg und Wildwasser Halle bieten persönliche Beratung bei sexualisierte Gewalt an – sowohl vor Ort als auch per Telefon oder Chat.

Eine Übersicht der Hilfsangebote in Sachsen-Anhalt gibt es unter: www.gewaltfreies-sachsen-anhalt.de

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dpa, MDR (Kalina Bunk), zuerst veröffentlicht am 20.11.2024

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 20. November 2024 | 09:00 Uhr

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