Zwei Ringe stecken auf einer Regenbogenflagge. 1 min
Seit 2017 können gleichgeschlechtliche Paare heiraten. Mehr zur Bilanz nach sieben Jahren in Sachsen-Anhalt hören Sie im Audio. Bildrechte: MDR/MDR Data
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Nach sieben Jahren "Ehe für alle" hat die Toleranz gegenüber homosexuellen Paaren in Sachsen-Anhalt insgesamt zugenommen, so der Lesben- und Schwulenverband des Landes.

MDR SACHSEN-ANHALT So 16.06.2024 16:00Uhr 00:40 min

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Rückblick Sieben Jahre "Ehe für alle": Eine Bilanz der Gleichstellung

16. Juni 2024, 17:24 Uhr

Nach langer Diskussion hatte der Bundestag im Juni 2017 die "Ehe für alle" beschlossen. Sieben Jahre später ist der Anteil der Eheschließungen von schwulen und lesbischen Paaren stabil. Vor allem in den Städten Sachsen-Anhalts geben sich Paare das Ja-Wort. Vielfalt ist sichtbarer geworden, doch der Lesben- und Schwulenverband warnt vor zunehmenden Übergriffen.

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In Sachsen-Anhalt haben im vergangenen Jahr 209 gleichgeschlechtliche Paare geheiratet – das sind rund 2,5 Prozent aller Ehen. Deutschlandweit war der Anteil im vergangenen Jahr ähnlich hoch. Das geht aus den Daten der Statistischen Ämter hervor.

Seit der Einführung der sogenannten "Ehe für alle" in 2017 haben bis zum Jahresende 2023 bundesweit rund 96.000 gleichgeschlechtliche Paare geheiratet oder ihre Lebenspartnerschaft in eine Ehe umgewandelt.

Vor sieben Jahren beschloss der Bundestag das Gesetz in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause. Seitdem ist der Anteil gleichgeschlechtlicher Ehen stabil – er liegt bundesweit zwischen zwei und drei Prozent. Insgesamt gab es in etwa gleich viele Hochzeiten zwischen zwei Frauen wie zwischen zwei Männern.

Was ist mit Menschen mit dem Geschlechtseintrag "divers"?

Es gibt vergleichsweise wenig Ehen, in denen eine Person dem sogenannten Dritten Geschlecht zugeordnet ist. Das Statistische Bundesamt ordnet diese Ehen aus Gründen der Geheimhaltung daher zufällig den gemischt- oder gleichgeschlechtlichen Eheschließungen zu.

Ehe für alle löst Lebensparternschaften ab

Seit Oktober 2017 dürfen gleichgeschlechtliche Paare heiraten. Zuvor hatte der Bundestag am 30. Juni 2017 das Gesetz verabschiedet. Das Gesetz zur "Ehe für alle" sollte alle Paare rechtlich gleichstellen. Schwule und Lesben konnten bereits vorher eine eingetragene Lebenspartnerschaft eingehen. Lebenspartnerschaften waren der regulären Ehe bereits in vielen Punkten rechtlich angeglichen. Dafür hatten Gerichte durch verschiedene Urteile gesorgt.

Dennoch sind Lebenspartnerschaften in einigen Bereichen benachteiligt: Bei einer Adoption müssen die Partner das Kind nacheinander adoptieren und können nicht direkt gemeinsam als Eltern anerkannt werden. Und in manchen Alltagssituationen gibt es Ungleichheiten, die bisher noch nicht durch ein Gericht beseitigt wurden. Die Bundeszentrale für politische Bildung schreibt von Fällen, in denen die Eltern über die Art des Begräbnis ihres toten Sohnes entscheiden dürfen – und nicht der eingetragene Lebenspartner.

Weniger Menschen heiraten

In den Jahren seit der Wiedervereinigung ist die Zahl der Eheschließungen pro Kopf immer weiter zurückgegangen. Im Jahr 1990 heirateten noch 6,5 von 1.000 Personen. Im Jahr 2023 sind es nur noch 4,3 Eheschließung je 1.000 Personen – der bisher niedrigste Wert.

Ehen von gleichgeschlechtlichen Paaren haben den Abwärtstrend kurzzeitig unterbrochen. Nachdem Lesben und Schwule heiraten durften, stieg die Zahl aller Eheschließungen in Deutschland 2018 so stark an wie nie zuvor. Etwa zwei Drittel der gleichgeschlechtlichen Ehen in diesem Jahr waren Umwandlungen eingetragener Lebenspartnerschaften.

Während der Corona-Pandemie heirateten weniger homosexuelle Paare. Im Jahr 2022 gab es einen Nachholeffekt durch die gelockerten Corona-Maßnahmen. Im vergangenen Jahr hat sich die Zahl der Ehen im Vergleich zu den Vorjahren stabilisiert.

Gleichgeschlechtliche Ehen vor allem in Sachsen-Anhalts Städten

In Sachsen-Anhalt heiraten homosexuelle Paare vor allem in den drei kreisfreien Städten. Über einen längeren Zeitraum betrachtet heiraten anteilig am meisten gleichgeschlechtliche Paare in Dessau-Roßlau, Halle und Magdeburg.

In Magdeburg war der Anteil 2023 am höchsten mit 3,8 Prozent unter allen Kreisen, gefolgt von Dessau mit 3,3 Prozent. Vergleichsweise wenige lesbische und schwule Paare haben im Landkreis Wittenberg geheiratet. Hier lag der Anteil bei 1,2 Prozent.

Ehe für alle hat zur Normalisierung beigetragen

"Die Toleranz gegenüber homosexuellen Paaren hat seit der Einführung der Ehe für alle generell zugenommen", sagt Jonas Leutz vom Lesben- und Schwulenverband in Sachsen-Anhalt. Der Verband setzt sich für die Gleichberechtigung aller sexuellen Orientierungen und Geschlechtsidentitäten ein.

Ein Mann lächelt in die Kamera
Jonas Leutz, Lesben- und Schwulenverband Sachsen-Anhalt Bildrechte: Lina Nebelungen

Durch die "Ehe für alle" hätten sich mehr Menschen erstmals mit queerem Leben beschäftigen müssen: "Viele haben gemerkt, das ist jetzt gar nicht so ein Problem, wie sie immer dachten," sagt Leutz. Auch in Alltagssituationen wie bei Familienfeiern seien offen homosexuelle Paare normaler geworden.

Leider gelte das oft nur beispielsweise für Frauen, die sich "typisch weiblich kleiden". Wer aus der Norm ausbreche, werde häufiger dumm angemacht, sagt Jonas Leutz. Laut dem Lesben-und Schwulenverband ist die Akzeptanz von Homosexuellen und queeren Lebensweisen in den vergangenen Jahren teilweise zurückgegangen. Es würden nicht nur mehr Straftaten angezeigt, sondern eine größere Gruppe lehne wieder offen beispielsweise Homosexuelle ab. Hasskriminalität richte sich besonders gegen Trans-Menschen oder Menschen, die sich nicht eindeutig einem Geschlecht zuordnen.

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Der Lesben- und Schwulenverband setzt sich auf Bundesebene auch für eine Reform des Abstammungsrechts ein. Laut Verband hat die Ehe für alle hier noch keine Gleichheit hergestellt. Derzeit wird bei heterosexuellen Ehepaaren der Mann nach der Geburt des Kindes automatisch rechtlich zum Vater – auch wenn er nicht der leibliche Vater ist. Bei lesbischen Paaren ist beispielsweise nur die leibliche Mutter automatisch ein Elternteil. Ihre Ehefrau muss das Kind erst adoptieren, um als Elternteil anerkannt zu werden. Das Bundesjustizministerium hat Anfang des Jahres ein Eckpunktepapier zur Modernisierung des Abstammungsrechts vorgelegt.

MDR (Leonhard Eckwert, Duc Hai Le)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT | 16. Juni 2024 | 17:00 Uhr

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