Artensterben Immer weniger Vögel in Sachsen-Anhalt
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15. Februar 2025, 18:08 Uhr
Die heimische Vogelwelt ist in Gefahr. Die Bestände sind in den vergangenen Jahren deutlich zurückgegangen. Auch in Sachsen-Anhalt. Und die Prognosen sind alles andere als gut. Über Gründe und Auswirkungen des Vogelsterbens.
- Den Vögeln fehlt es oft an Platz und Nahrung.
- Viele Vögel sind einem Virus zum Opfer gefallen.
- Der Klimawandel ist die größte Bedrohung für die Vögel.
Axel Schonert bleibt stehen und lauscht. In der Ferne schnattern ein paar Graugänse an der Elbe bei Dabrun. Und auch die trompetenartigen Rufe der Kraniche bleiben dem Ornithologen nicht verborgen. Ansonsten aber ist es ruhig. Zu hören ist nur der Wind, der sanft über die grünen Wiesen weht: "Es ist tatsächlich deutlich stiller geworden draußen. Insbesondere so die Kleinvögel in der freien Landschaft, die sind ja kaum noch da."
Noch vor wenigen Jahren – so erzählt der Kemberger Vogelexperte – waren sie nicht zu überhören. Die Feldlerchen und Goldammern, die Braunkehlchen und Schafstelzen. "Das sind die Arten, die uns üblicherweise mit ihrem Gesang erfreuen, die die Landschaft schön angenehm für uns machen." Aber das fröhliche Gezwitscher ist seltener zu hören – in Wäldern und an Feldern, in unseren Parks und Gärten.
Kein Platz und keine Nahrung für Vögel
"Die Bestände brechen weiter zusammen und wir verlieren Jahr für Jahr kontinuierlich Brutpaare. Das ist die Entwicklung in allen Industrienationen, eigentlich in allen Ländern Europas", sagt der Vogelschützer aus dem Kreis Wittenberg. "Amsel, Drossel, Fink und Star – das haben wir als Kinder alle gesungen. Ob heutige Kinder das auch noch tun, weiß ich gar nicht, gerade diese Charakterarten fehlen ja", so der 50-Jährige.
Den Vögeln fehlen einfach Platz und die Nahrung. Auf das große Insektensterben folgt längst das Vogelsterben. Der große öffentliche Aufschrei? Bleibt bisher weitgehend aus, bedauert Schonert.
Die Angst vor einem Vogel-Virus
Für Aufsehen hatte zuletzt lediglich die jährliche Zählung "Stunde der Wintervögel" des Naturschutzbundes (Nabu) gesorgt. Demnach wurden in diesem Winter fast 20 Prozent weniger Amseln gesichtet. Dafür verantwortlich sei das Usutu-Virus. Der aus Afrika eingeschleppte Erreger rafft die Singvögel dahin. Vor allem Amseln, aber auch andere Arten wie den Grünfink.
"Das ist aktuell besonders in Niedersachsen so, in Sachsen-Anhalt derzeit Gottseidank nicht." Aber: ein Virus kann sich ausbreiten und regional zu erheblichen Bestandseinbrüchen führen: "Auf Vogelpopulationen, die sowieso unter Druck stehen, könnte das ganz gravierende Auswirkungen haben."
Klimawandel ist die größte Bedrohung
Hauptbedrohung für die Zukunft unserer Vogelwelt bleibe aber der Klimawandel, sagt der Experte aus dem Kreis Wittenberg mit sorgenvollem Blick auf das ökologische Gleichgewicht: "Es gibt keine Tierart einfach so, weil der liebe Gott Spaß hatte, sie zu schaffen und bunt anzumalen, sondern die haben ja alle eine Funktion im Naturhaushalt."
Falle auch nur eine Art weg, führe das zu Verschiebungen im ganzen System. Die Folgen? Gar nicht absehbar. "Das können wir wohl erst in Jahren oder Jahrzehnten richtig beurteilen, wie sich da die Dinge verändert haben", sagt Axel Schonert und zieht die Mütze auf dem Kopf zurecht. "Wir müssen uns als Gesellschaft entscheiden. Nehmen wir das Vogelsterben so hin. Gewönnen wir uns daran, dass wir immer mehr einen stummen Frühling erleben. Oder geben wir uns Mühe, dem entgegenzusteuern?" Und die Zeit drängt, ergänzt der Naturschützer aus Kemberg.
Lebensräume für Vögel schaffen
Inzwischen ist in Deutschland schon fast jede zweite Brutvogelart gefährdet oder sogar vom Aussterben bedroht. Den Klimawandel stoppen, das geht weder einfach noch schnell, das weiß auch der Kemberger Ornithologe. Aber im Kleinen könne fast jeder etwas tun, etwa bei der Gestaltung des eigenen Gartens. Ein englischer Rasen, wo kein Schmetterling mehr fliegt und keine Hummel mehr brummt, sei eine lebensfeindliche Öko-Wüste.
Da zwitschern auch keine Vögel mehr, so Axel Schonert. "Lasst doch Blumen wachsen, lasst eine Ecke stehen mit Gestrüpp, legt eine Hecke an oder einen Komposthaufen, da werden sich Zaunkönig und Amsel freuen, weil da immer Würmer und Schnecken sind." Das schaffe Lebensräume für die gefiederten Freunde und könne wirklich helfen, sagt der Vogelexperte und atmet tief ein: "Wenn viele im Kleinen etwas tun, dann wird auch Großes erreicht." Und was, fragt der Ornithologe, gäbe es denn Schöneres, als in der Natur dem wundervollen Gesang der Vögel zu lauschen?
MDR (Martin Krause, Max Schörm)
MDR SACHSEN-ANHALT
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