Eine Frau in einem roten Kleid sitzt auf einer Wiese in einem Garten. Neben ihr sitzt ein schwarzer Hund. 10 min
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MDR SACHSEN-ANHALT Fr 09.08.2024 08:15Uhr 10:14 min

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Vierbeiner im Büro? Wo Hunde in Sachsen-Anhalt unter dem Schreibtisch sitzen dürfen

12. August 2024, 05:11 Uhr

Die Zahl der Hunde ist in Sachsen-Anhalt spürbar gestiegen. Fast 180.000 Vierbeiner werden landesweit gehalten. Doch wo sollen die Hunde bleiben, wenn Herrchen und Frauchen arbeiten müssen? Den Hund mit ins Büro zu nehmen war lange verpönt. Inzwischen aber lenken viele Unternehmen ein. Doch wie es sich in Behörden und Verwaltungen verhält, zeigen exemplarisch ein Beispiele aus Wittenberg.

MDR-Reporter André Damm
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  • Dürfen Hunde mit ins Büro? In der Wittenberger Stadtverwaltung wird das von Fall zu Fall entschieden.
  • In der Wittenberger Kreisverwaltung ist das Mitbringen von Hunden dagegen aus mehreren Gründen tabu.
  • Eine Einrichtung darf allerdings fast schon als "Hundeparadies" bezeichnet werden.

Wittenberg ist schon seit einiger Zeit auf den Hund gekommen – im besten Sinn. In der Kindertagesstätte "Pittiplatsch" tollt Labrador-Retriever Charly umher. In der Hundertwasserschule schnüffelt ein ausgebildeter Begleithund und in einigen Firmen werden Besucherinnen und Besucher von entspannten Vierbeinern empfangen.

Hundertwasserhaus Luther Melanchthon Gymnasium in Wittenberg
Luther Melanchthon Gymnasium in Wittenberg Bildrechte: imago/Christian Schroedter

Wittenbergs Oberbürgermeister Torsten Zugehör bezeichnet sich eher als "Katzentyp", hat aber gegen Hunde am Arbeitsplatz prinzipiell nichts einzuwenden. Zwar dürfen die Fellnasen offiziell nicht die Stadtverwaltung betreten, aber der Rathauschef will das nicht als Dogma sehen.

Entscheidung von Fall zu Fall

"Wir schauen uns da immer den Einzelfall an. Wenn Mitarbeiter gerade einen Welpen aufziehen, geht das im Rathaus natürlich nicht. Dann bieten wir die Möglichkeit von Homeoffice an", sagt Torsten Zugehör. "Wenn der Hund dagegen stubenrein, nicht aggressiv und kein Kläffer ist, spricht nichts dagegen, ihn mitzubringen."

Allerdings müsse alles passen, so Zugehör. Wer direkt mit Besucherinnen und Besuchern zu tun hat, da sei ein Hund als Begleiter nicht unbedingt angebracht. Außerdem müssten die Kolleginnen und Kollegen zustimmen.

Besseres Arbeitsklima durch Hunde?

Dass ein Vierbeiner für frischen Wind in mitunter angestaubten Amtszimmern sorgen kann, will der Oberbürgermeister nur indirekt bestätigen. Mit einem Schmunzeln im Gesicht sagt er: "Bei uns sind alle mit Schwung bei der Arbeit, dafür brauchen wir keinen Hund. Aber es stimmt schon, dass ein Hund das Arbeitsklima auflockern kann, dass es dann ein bisschen lässiger zugeht. Manchen Kollegen könnte das schon gut tun."

Aktuell weiß Zugehör von einem Mitarbeiter der Stadtverwaltung, der seinen Hund täglich ins Büro bringt. Das erfolge aber aus medizinischer Sicht. 

Eine Frau sitzt am Schreibtisch mit einem Hund auf dem Schoß. Im Hintergrund sind noch Kollegen. 4 min
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"Das können wir den Besuchern nicht zumuten"

Die Wittenberger Kreisverwaltung, die mehr als 700 Mitarbeitende beschäftigt, ist dagegen tabu für Hunde, sagt Landrat Christian Tylsch, der selbst einen Hund hält. Er führt eine Vielzahl von Argumenten an, die für ein Verbot sprechen.

"Wenn wir Publikumsverkehr haben, kann da kein Hund sitzen. Das können wir den Besuchern nicht zumuten", sagt Tylsch. "Möglicherweise gibt es auch Mitarbeiter, die eine Tierhaar-Allergie haben."

Ich sage immer: gleiches Recht für alle.

Landrat Christian Tylsch

Der Hauptgrund aber, Vierbeiner nicht in die Kreisverwaltung zu lassen, ist laut Tylsch der Gleichheitsgrundsatz: "Ich sage immer: gleiches Recht für alle. Wenn der Mitarbeiter am Empfang seinen Hund nicht mitbringen darf, darf es der im Archiv auch nicht. Das wäre ja sonst unfair und ein Fall für den Personalrat."

Ein Hund auf dem Schoß einer Frau im Büro.
Es sollte auch Tabus für Hunde im Büro geben, sagt Hunde-Forscherin Juliane Bräuer. Bildrechte: picture alliance/dpa | Daniel Karmann

Das sagt die Forschung zu dem Thema

Hunde-Wissenschaftlerin Juliane Bräuer sagt, es gebe wenig Zweifel, dass es gut ist für beide, also für Hund und Besitzer. "Wir wissen, dass Hund und Besitzer eine enge Beziehung haben. Es kommt zur Ausschüttung von einem Bindungshormon, sowohl beim Hund als auch beim Besitzer, wenn sie sich anschauen oder berühren. Ähnlich wie eine Mutter-Kind-Bindung." Hunde sind soziale Tiere, die nicht allein sein wollen. Die Forschung zeigt, dass das Zusammensein mit Hunden gesund ist für den Menschen und z.B. den Blutdruck senken kann. Außerdem könne es die Arbeitszufriedenheit beim Besitzer steigern, oft auch bei Kollegen. Spaziergänge mit dem Hund könnten zur Arbeit, in der Mittagspause und auf dem Nachhauseweg erledigt werden. So könne man theoretisch auch mal länger arbeiten.

Beachten sollte man laut Bräuer bei einem Hund im Büro, dass Kolleginnen und Kollegen allergisch oder ängstlich reagieren können. Sprich: Alle Kolleginnen und Kollegen müssen mit dem Hund im Büro einverstanden sein. Die Hundebesitzer müssten große Rücksicht nehmen und die Regeln beachten. "Man sollte sich als Hundebesitzer ganz klar sein, dass das ein Privileg ist. Und es sollte auch Tabus geben", so Bräuer. Die Wissenschaftlerin rät dazu, die Tiere nicht in jeden Raum rein zu lassen. Juliane Bräuer empfiehlt auch ein Türschild, dass den Hund in dem jeweiligen Raum ankündigt. Und sie sagt auch, dass sie vorher als Hundebesitzerin prüfen würde, ob der Hund zur Arbeitssituation im Büro passt. Denn es könne zum Beispiel mehr Dreck entstehen, der saubergemacht werden muss. Dadurch könnten Kosten entstehen. Das sollte vorher geklärt werden.

Die Wissenschaft ist laut Juliane Bräuer noch nicht soweit, dass man sehr viel darüber weiß, was genau ein Hund am Arbeitsplatz für Auswirkungen hat. Wissenschaftlerin Juliane Bräuer arbeitet mit an einem Pilotprojekt an der Friedrich-Schiller-Universität in Jena. Dort können Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter unter gewissen Vorrausetzungen ihre Hunde mit ins Büro bringen. Ziel des Projektes ist, herauszufinden, ob die Zulassung von Bürohunden zu einer Verbesserung des Arbeitsumfeldes führen kann. Insgesamt soll das Projekt zehn Monate laufen.

Forscherin Juliane Bräuer
Für Hunde-Wissenschaftlerin Juliane Bräuer ist die Hund-Mensch-Beziehung für beide Seiten von Vorteil. Bildrechte: Lionell Bischof

Hunde im Büro: Motivation und Stress-Abbau?

Tatsächlich scheinen die meisten Verwaltungen bürokratische Schranken für Hunde aufzubauen. Ministerpräsident Reiner Haseloff konnte zwar auf Anfrage von MDR Sachsen-Anhalt nicht beantworten, ob in allen Ministerien und Landeseinrichtungen ein Hundeverbot gilt. Er könne sich anderes aber nicht vorstellen. 

Allerdings gibt es zumindest eine Einrichtung in Sachsen-Anhalt, die als Hundeparadies durchgehen kann: die Landes-Forstbetriebe, die immerhin 280 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter beschäftigen. "Da sind viele Förster dabei, die berufsmäßig auf ihren Hund angewiesen sind", erzählt Anna Ehlers, die für die Öffentlichkeitsarbeit der Dienststelle zuständig ist. "Ich bringe auch meinen Hund manchmal mit, damit er zu Hause nicht allein bleiben muss. Das ist schon eine Entlastung." Nach ihren Worten sei das für beide Seite eine angenehme Situation.

Das bestätigt auch der Bundesverband Bürohunde, der sich 2014 in Berlin gegründet hat. Auf der Homepage heißt es, dass Hunde im Büro die Mitarbeitenden motivieren würden und für Stressabbau sorgen. Außerdem sei eine Art von Wertschätzung, die den Beschäftigten mit Hund entgegengebracht wird.

Hunde in Sachsen-Anhalt: Anstieg um 62 Prozent

In Sachsen-Anhalt hat sich die Zahl der Vierbeiner in den vergangenen Jahren sprunghaft erhöht. Wurden 2018 landesweit noch 109.000 Hunde gehalten, waren es voriges Jahr schon 177.000 – ein Anstieg um 62 Prozent. Das zeigen Zahlen des Landesverwaltungsamts Sachsen-Anhalt.

MDR (André Damm, Daniel George)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 09. August 2024 | 08:10 Uhr

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