Einkaufen 24/7 Land-Supermärkten drohen Beschränkungen – FDP will Gesetzesänderung
Hauptinhalt
21. Februar 2024, 14:21 Uhr
Kilometerweite Wege zum Einkauf: Das ist in ländlichen Regionen seit Jahren Alltag, weil sich dort normale Supermärkte nicht rechnen. Ein Unternehmens-Konzept mit Selbstbedienungsläden hält dagegen. Zwei Filialen gibt es schon in Sachsen-Anhalt. Dort kann rund um die Uhr eingekauft werden. Doch das Landesverwaltungsamt hat nun darauf verwiesen, dass die Regelung zu Ruhetagen auch für Geschäfte ohne Mitarbeiter gilt. Die FDP will eine Gesetzesänderung beantragen.
Aktuelle Nachrichten des Mitteldeutschen Rundfunks finden Sie jederzeit bei mdr.de und in der MDR Aktuell App.
- Auch wenn sie ohne Personal auskommen, drängt die Verwaltung bei Selbstbedienungsmärkten auf eine Sonntags-Schließung.
- Die FDP hat angekündigt, das Ladenöffnungszeitengesetz ändern zu wollen.
- Der Sonntag ist für viele Selbstbedienungsläden etwa in Wörlitz der umsatzreichste Tag.
Den neuen Land-Supermärkten mit bislang unbeschränkten Öffnungszeiten droht die Sonntags-Schließung. In einem Rundschreiben, das MDR SACHSEN-ANHALT vorliegt, drängt das Landesverwaltungsamt darauf, das Ladenschlussgesetz einzuhalten. Die Behörde bezieht sich auf die im vergangenen Jahr in Wörlitz (Landkreis Wittenberg) und Görzig (Landkreis Anhalt-Bitterfeld) eröffneten Selbstbedienungsläden. Sie können rund um die Uhr mit Kundenkarte genutzt werden.
Ruhetage gelten auch für Geschäfte ohne Personal
In dem Schreiben an die Landkreise und kreisfreien Städte wird auf eine Bewertung des Wirtschaftsministeriums verwiesen, wonach die benannten Geschäfte als Verkaufsstelle im Sinne des Gesetzes zu bewerten sind. Die geltenden Öffnungszeiten würden auch dann greifen, wenn in den Selbstbedienungsläden gar kein Personal vorhanden ist. Sonn- und Feiertage seien als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung zu schützen, heißt es und so steht es auch im Grundgesetz. Dies gelte nicht nur für Verkaufspersonal im Sinne des Arbeitnehmerschutzes, sondern auch für Kundinnen und Kunden.
Der Sonntag und die staatlich anerkannten Feiertage bleiben als Tage der Arbeitsruhe und der seelischen Erhebung gesetzlich geschützt.
Auf Anfrage von MDR SACHSEN-ANHALT teilte das Wirtschaftsministerium mit, dass Sachsen-Anhalts Ladenöffnungszeiten keine anderen Regelungen zulasse. Dies sei durch mehrere Gerichtsurteile bestätigt. Das Ministerium prüfe aber inwieweit Gesetzesänderungen möglich sind. Dazu führe man Gespräche mit dem Handel.
FDP will Ladenöffnungszeitengesetz anpassen
Auch die FDP Landtagsfraktion kündigte an, das Ladenöffnungszeitengesetz in Sachsen-Anhalt für vollautomatisierte Geschäfte ändern zu wollen. FDP-Fraktionschef Andreas Silbersack sagte: "Das Gesetz ist an dieser Stelle angestaubt. Die Menschen können sonntags an der Tankstelle bedient werden und Brötchen holen oder am Kiosk Süßigkeiten kaufen, ein Stück Butter im vollautomatisierten Minimarkt aber nicht. Das ist nicht vermittelbar".
Das Gesetz müsse an den technologischen Fortschritt angepasst werden. Darüber hinaus sei die Öffnung am Sonntag für den wirtschaftlichen Betrieb solcher Verkaufsstellen auch deshalb entscheidend, weil dies der umsatzstärkste Tag sei. Diese Geschäfte hätten zudem als Treffpunkte und Gemeinschaftszentren eine wichtige Funktion.
Orte hoffen auf Ausnahmeregelung
Wörlitz' Ortsbürgermeisterin Erika Miertsch (CDU) zeigte sich MDR SACHSEN-ANHALT wenig begeistert von den drohenden Beschränkungen. Der Sonntag sei der umsatzstärkste Tag der Woche, erklärte auch sie. Selbst Bürger, die anfangs skeptisch gewesen seien, würden nun den Laden nutzen. "Die Umsätze stimmen", so Miertsch. Daher sei man froh über die Einkaufsmöglichkeit im ländlichen Bereich. Die Ortsbürgermeisterin hofft nun auf eine Ausnahmeregelung, da der Ortsteil Wörlitz staatlich anerkannter Erholungsort ist. Auch der Landkreis Wittenberg will das Schreiben zunächst prüfen und mit den Betreibern sprechen.
Sonntag ist der umsatzstärkste Tag der Woche.
Mittlerweile gibt es deutschlandweit 35 dieser digitalen "Enso"-Dorfläden – mit Schwerpunkt in Niedersachsen. Die Filiale in Görzig war im September 2023 eröffnet worden, die Filiale in Wörlitz im April 2023. Die nächstgelegenen Einkaufsmöglichkeiten für beide Orte sind jeweils etwa sechs Kilometer entfernt. In Letzlingen im Altmarkkreis Salzwedel soll ein weiterer Markt folgen.
Was sagt das Ladenschlussgesetz?
Ladenschluss ist Ländersache und wird hierzulande durch das Ladenöffnungszeitengesetz Sachsen-Anhalt geregelt. Darin heißt es zunächst: "Verkaufsstellen dürfen an Sonn- und Feiertagen für den geschäftlichen Verkehr mit Kunden nicht geöffnet sein". Doch es werden Ausnahmen definiert, einmal nach Art der Läden (Tankstellen, Geschäfte an Bahnhöfen), nach Lage der Geschäfte (in Kur- und Erholungsorten) sowie nach Sortiment (Brot, Blumen, Zeitungen). Details unter: §§2-8 LÖffZeitG LSA
Was sind diese Selbstbedienungsläden?
Bei den genannten Läden handelt es sich um Filialen mit dem Namen "Tante Enso", die zu einem Unternehmen aus Bremen gehören. Sie gehen in kleine Orte mit bis zu 3.000 Einwohnern, die sich für große Discounter nicht lohnen. Vor Ort müssen 300 Menschen gefunden werden, die dafür Genossenschaftsanteile zeichnen.
Die Geschäfte listen etwa 3.000 Artikel, auch regionale Produkte – inklusive gekühlter Ware sowie Obst und Gemüse.
Wie funktionieren die 24/7-Läden?
Die kleinen Geschäfte haben in der Regel werktags Kern-Öffnungszeiten, zu denen auch Verkaufspersonal im Laden ist. Zu diesen Zeiten können auch Reklamationen und Pfand-Rückgaben bearbeitet werden.
Außerhalb der Öffnungszeiten ist ein Zutritt rund um die Uhr nur mit Kundenkarte möglich. Kundinnen und Kunden kassieren ihre Artikel dann selbst ab.
MDR (Susanne Reh, André Plaul, Annekathrin Queck) | Erstmals veröffentlicht am 20.02.2024
Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 20. Februar 2024 | 07:10 Uhr
Not Found
The requested URL /api/v1/talk/includes/html/263b1285-3b02-4546-92d8-9b5b35eb241d was not found on this server.