Tarifstreit im öffentlichen Dienst Kitaleiter in Dessau-Roßlau: Streiken für bessere Betreuungsqualität

21. Februar 2025, 08:32 Uhr

In Dessau-Roßlau sind am Donnerstag mehrere Kitas wegen des Warnstreiks geschlossen geblieben oder hatten nur eingeschränkt geöffnet. Für Freitag sind Streiks im Burgenlandkreis angekündigt. Auch in der folgenden Zeit sind weitere Streiks zu erwarten, denn in den Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst haben die Arbeitgeber bisher noch kein Angebot vorgelegt. Die nächste Verhandlungsrunde steht im März an.

Im Tarifstreit des öffentlichen Dienstes haben sich am Donnerstag in Dessau über 100 Beschäftigte der städtischen Kitas zum Streik versammelt. Mehrere Kitas in der Stadt mussten deshalb geschlossen bleiben, einige öffneten nur mit Notbetreuung.

Diese Einrichtungen blieben geschlossen

In sechs Kitas und einem Hort war laut Stadt keine Notbetreuung möglich:

  • Kita "Fuchs und Elster"
  • Kita "Sausewind"
  • Kita "Luisenkinder"
  • Kita "Märchenland"
  • Kita "Bremer Stadtmusikanten"
  • Kita "Am Georgengarten"
  • Hort "Waldwichtel"

Diese Einrichtungen waren nur eingeschränkt geöffnet

In acht Kitas gab es laut Stadt eine Notbetreuung mit eingeschränkten Öffnungszeiten:

  • Kita "Kinderland"
  • Kita "Mild. Spielbude"
  • Kita "Nesthäkchen"
  • Kita "Pusteblume"
  • Kita "Rasselbande"
  • Kita "Hort Am Kornhaus"
  • Kita "Hort Am Luisium"
  • Kita "Hort Kreuzberg"

Verdi-Streikende in Dessau
Etwa 100 Streikende sind am Donnerstag in Dessau-Roßlau zusammengekommen. Bildrechte: MDR

Kitaleiter: Streik für bessere Betreuungsqualität

Die Gewerkschaften fordern acht Prozent mehr Lohn, mindestens aber 350 Euro mehr monatlich. GEW und Verdi verhandeln zusätzliche freie Tage, um die Belastung der Beschäftigten zu reduzieren. Carsten Sievers, GEW-Gewerkschaftssekretär, sagte MDR SACHSEN-ANHALT: "Nachdem es auch in der zweiten Tarifrunde kein Angebot vom Arbeitgeber gab, wollen wir unsere für Tarifforderungen nun auf der Straße kämpfen."

Ein bärtiger Mann mit roter Mütze und Weste mit der Aufschrift "GEW" vor einem blauen Mikrofon mit der Aufschrift "mdr", hinter ihm ein Gebäude und Menschen und Schnee 1 min
Bildrechte: MDR
1 min

Carsten Sievers von der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft fordert für die Beschäftigten im öffentlichen Dienst mehr Gehalt und mehr freie Tage.

MDR FERNSEHEN Do 20.02.2025 10:29Uhr 00:19 min

https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/dessau/dessau-rosslau/video-streik-gew-forderungen-100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video

Kita-Mitarbeiter in Sachsen-Anhalt haben ihmzufolge deutlich mehr Krankentage als Beschäftigte in anderen Branchen. Schuld daran seien die schlechten Arbeitsbedingungen, vor allem der Personalschlüssel – auf einen Erzieher kommen zu viele Kinder.

Kita-Leiter: "Bessere Bedingungen für Erzieher auch besser für Kinder"

Patrick Schröder, Einrichtungsleiter der Kita "Bremer Stadtmusikanten" forderte auch Eltern dazu auf, die Streiks zu unterstützen, damit sich die Betreuungsqualität erhöht. Er sagte MDR SACHSEN-ANHALT: "Bessere Bedingungen für Erzieher sind auch bessere Bedingungen für Kinder."

Ein Mann mit Brille schaut in die Kamera, hinter ihm ein Gebäude und Menschen 1 min
Bildrechte: MDR
1 min

Patrick Schröder, Erzieher in der Kita Bremer Stadtmusikanten in Dessau, bittet Eltern um Verständnis für den Warnstreik.

MDR FERNSEHEN Do 20.02.2025 10:31Uhr 00:19 min

https://www.mdr.de/nachrichten/sachsen-anhalt/dessau/dessau-rosslau/video-streik-kita-erzieher-100.html

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

Video

Die Vereinigung der kommunalen Arbeitgeberverbände (VKA) hatte die Forderungen der Gewerkschaften bereits als "nicht tragbar" bezeichnet und das mit der hohen Verschuldung der Kommunen begründet. Die nächste Verhandlungsrunde beginnt Anfang kommender Woche.

Am Freitag erneut Streiks im Burgenlandkreis

Auch in anderen Städten Sachsen-Anhalts kommt es derzeit zu Streiks im öffentlichen Dienst. Neben Kitas sind auch Müllabfuhr, Jobcenter und Verwaltungen betroffen.

Für Freitag hat die Gewerkschaft Verdi etwa im Burgenlandkreis erneut zu Arbeitsniederlegungen aufgerufen. Wie die Stadt Weißenfels mitteilt, kann es daher zu Einschränkungen zum Beispiel im Bürgerservice kommen. Außerdem könnten auch dort Kitas die Betreuungszeiten reduzieren.

Der Landkreis teilte mit, man könne nicht abschätzen, wie viele Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Verwaltungen sich beteiligen. Deshalb seien die Auswirkungen auf die Erreichbarkeit der Ämter nicht absehbar. Einwohnerinnen und Einwohner werden gebeten, sich auf der Internetseite des Landkreises zu informieren.

Bisher kein Angebot der Arbeitgeber im Tarifstreit

Mitte Februar hatte in Potsdam die zweite Verhandlungsrunde im Tarifstreit stattgefunden. Dabei hatten die Arbeitgeber kein Angebot vorgelegt. Mit am Verhandlungstisch saß unter anderem auch der Landrat des Jerichower Landes, Steffen Burchhardt (SPD). Er kritisierte die Tarifforderungen für den Öffentlichen Dienst scharf und forderte eine Nullrunde auszuhandeln. Die Gespräche sollen Mitte März fortgesetzt werden. Bis dahin kündigten die Gewerkschaften sowie der Beamtenbund an, ihre bisher regional begrenzten Warnstreiks deutlich auszuweiten.

Landrat: öffentlicher Dienst muss attraktiv bleiben, hat aber auch Vorbildfunktion

Burchhardt, der zum Team der Arbeitgeber gehört, das seit Montag in Potsdam mit den Gewerkschaften wieder verhandelt hat. sagte MDR SACHSEN-ANHALT am Dienstag, die Warnstreiks seien völlig überzogen. Bereits in der letzten Tarifrunde sei die Bereitschaft, ernsthaft zu verhandeln, geringer gewesen als die Lust zu streiken: "Hier wird erst gestreikt und Druck aufgebaut, bevor überhaupt gesprochen wird. Das ist aus meiner Sicht der falsche Weg." Der Landrat räumte ein, der öffentliche Dienst müsse natürlich attraktiv bleiben. Er habe aber auch eine Vorbildfunktion und könne in wirtschaftlich schwierigen Zeiten, in denen einige Branchen ins Wanken geraten, nicht überproportional gestärkt werden: "Man darf nicht vergessen, dass wir erst einen Rekord-Tarifabschluss in 23 erlebt haben und dass die Inflation mittlerweile relativ niedrig bei 2,2 Prozent nur ist."

Besonders kritisch äußerte sich Burchhardt zu der Forderung der Gewerkschaft Verdi, für die Mitarbeiter Zeitkonten einzurichten: "Übersetzt heißt das so viel wie: Jeder Mitarbeiter arbeitet gerade eben so viel, wie er möchte. Und das ist für den Arbeitgeber einfach unplanbar und auch schwierig finanzierbar." Bei dem Modell würde am Ende der Service am Bürger leiden, weil die Arbeitgeber nie wüssten, wie viele Mitarbeiter ihnen eigentlich zur Verfügung stünden: "Deswegen ist das definitiv für uns keine Option. Das ist ja nahezu Anarchie. Das werden wir mit aller Macht verhindern."

Der Landrat forderte die Gewerkschaft auf, sich realistische Vorstellungen zu verschaffen. Man brauche klare Aussagen, was wirklich die höchste Priorität habe, ehe die Arbeitgeber in der Lage seien, ein Angebot auf den Tisch zu legen: "Momentan sind wir Welten auseinander. Das wird ganz schwierig, da zusammenzukommen." Nach den Worten Burchardts haben sich die kommunalen Arbeitgeber in Sachsen-Anhalt vor den Gesprächen darauf verständigt, eine Nullrunde auszuhandeln. Man könne sich aber zum Beispiel vorstellen, Nachtarbeit und Überstunden attraktiver zu machen. Burchardt betonte jedoch: "Die kommunalen Arbeitgeber sind sich diesmal einig. Wir lassen uns von Warnstreiks nicht beeindrucken."

Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD), die die Verhandlungen für den Bund führt, zeigte sich zuletzt zuversichtlich, dass eine Einigung gefunden werden könne. Für die Kommunen führt die VKA-Präsidentin Karin Welge die Verhandlungen. Der Bund hat rund 132.000 Beschäftigte, die Kommunen etwa 2,6 Millionen. In der Tarifrunde vor zwei Jahren war ein Schlichtungsverfahren nötig, um die festgefahrenen Verhandlungen zu lösen.

dpa, AFP, Reuters, MDR (Dennis Blatt, Attila Dabrowski, André Plaul, Lukas Mauri, Fabienne von der Eltz, Alisa Sonntag)

Dieses Thema im Programm: MDR S-ANHALT | SACHSEN-ANHALT HEUTE | 20. Februar 2025 | 19:00 Uhr

404 Not Found

Not Found

The requested URL /api/v1/talk/includes/html/1aa346cf-6852-4160-b273-669b0d958e42 was not found on this server.

Mehr aus Dessau-Roßlau, Anhalt und Landkreis Wittenberg

Symbolbild: Maskierter Einbrecher in einer dunklen Wohnung durchsucht einen Geldbeutel mit EC Karten und Bargeld
Symbolbild: Maskierter Einbrecher in einer dunklen Wohnung durchsucht einen Geldbeutel mit EC Karten und Bargeld Bildrechte: picture alliance / CHROMORANGE | Michael Bihlmayer

Mehr aus Sachsen-Anhalt