Bitterfeld-Wolfen Uwe Bruchmüller verlässt die CDU – seiner Partei wirft er Arroganz und Intrigen vor

Von Daniel Salpius, MDR SACHSEN-ANHALT

18. September 2023, 16:39 Uhr

Mit Uwe Bruchmüller und Annett Westphal haben am Wochenende in Bitterfeld-Wolfen gleich zwei Ortsteilchefs ihren Austritt aus der CDU erklärt. Damit verbunden sind teils schwere Vorwürfe gegenüber dem CDU-Kreis- sowie dem Stadtverband. Die Partei weist das zurück.

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Thalheims Ortsbürgermeister Uwe Bruchmüller ist nach 31 Jahren Mitgliedschaft aus der CDU ausgetreten. Damit eskaliert bei den Bitterfeld-Wolfener Christdemokraten wenige Tage vor der Oberbürgermeisterwahl ein lang schwelender Konflikt, der auch den umstrittenen Goitzsche-Verkauf berührt. Bruchmüller wirft dem CDU-Stadtverband und dem Anhalt-Bitterfelder CDU-Kreisverband Intrigen gegen seine Person, "Aktionen im Geiste der Stasi" und weitere Verfehlungen vor.

In seinem Austrittsschreiben vom Samstag, das MDR SACHSEN-ANHALT vorliegt, gibt Bruchmüller "führenden Vertretern der CDU" in der Region etwa die Hauptverantwortung für den Verkauf kommunaler Goitzsche-Flächen an Investoren und den dadurch entstandenen "großen Schaden für das Gemeinwohl". Dies lasse eine weitere Mitgliedschaft für ihn nicht zu, so Bruchmüller.

CDU-Fraktion im Bitterfelder Stadtrat seit langem zerstritten

Der Thalheimer sitzt auch im Stadtrat von Bitterfeld-Wolfen und gehört dort einer parteiübergreifenden Arbeitsgruppe an, die die umstrittene Privatisierung der Goitzsche im Jahr 2013 untersucht hat. Inzwischen prüft eine Leipziger Anwaltskanzlei die Punkte, die den Stadträten auffällig erschienen: darunter Quadratmeterpreise von unter zehn Euro für attraktive See-Flächen.

Bruchmüller stört sich unter anderem daran, dass die Aufsichtsräte der kommunalen Unternehmen, die die Grundstücke verkauften, damals und in den Jahren danach ausschließlich mit Christdemokraten besetzt gewesen seien. "Das verwundert einen, weil üblicherweise mehrere Fraktionen in diesen Gremien vertreten sind", sagte er MDR SACHSEN-ANHALT am Montag auf Nachfrage.

Die CDU-Fraktion im Stadtrat von Bitterfeld-Wolfen ist seit langem zerstritten und bereits 2019 auseinandergebrochen. Die abtrünnigen fünf CDU-Räte hatten sich mit Freien Wählern zur "Gemeinsamen Fraktion" zusammengeschlossen, ihr Parteibuch aber nicht abgegeben.

Bruchmüller: "Arrogante Missachtung der Probleme unserer Bürger"

Auch der aktuelle Fraktionsvorsitzende dieses Zusammenschlusses, Uwe Müller, ist CDU-Mitglied. Der Stadtrat habe somit de facto zwei CDU-Fraktionsvorsitzende, kritisiert Uwe Bruchmüller, der bislang zur noch verbliebenen CDU-Fraktion gehörte. Das widerspreche den Grundregeln der demokratischen Parteienkultur, aber auch der Satzung des Stadtrats.

Im Hinblick auf die Papierfabrik in Sandersdorf-Brehna und die damit verbundene Geruchsbelästigung von Anwohnern wirft Bruchmüller seiner Partei "eine arrogante Missachtung der Probleme unserer Bürger" vor. Das "sind Zeugnisse einer nur auf eigene wirtschaftliche Vorteile orientierten Interessengemeinschaft".

Uwe Bruchmüller ist schon länger eine Reizfigur in der CDU. Der Grund aus seiner eigenen Sicht: "Weil ich die Missstände in der Stadt angesprochen habe", sagte er dem MDR am Montag. Der CDU-Kreisvorstand reagierte im Mai 2022 mit der Ankündigung, Bruchmüllers "öffentliche Meinungsäußerungen hinsichtlich ihrer eventuell parteischädigenden Effekte fortlaufend zur Prüfung zu sammeln". Die Mitteilung liegt MDR SACHSEN-ANHALT vor und trägt die Unterschrift des Kreisvorsitzenden Matthias Egert.

Weitere Bitterfeld-Wolfener Ortsbürgermeisterin verlässt CDU

"Diese dem Geist der Stasi angelehnte Aktion gegen meine Person entspricht in einer ,Christlichen Partei' nicht meinem Werteverständnis", schreibt Bruchmüller dazu in seiner Austrittserklärung. Die Aussicht auf eine zum Wohle der Menschen gedeihliche Zusammenarbeit sei nicht mehr möglich, heißt es weiter.

Zusammen mit Bruchmüller ist nach MDR-Informationen auch Annett Westphal, Ortsbürgermeisterin in Rödgen, aus der CDU ausgetreten. Sie begründete den Schritt mit einer "allgemeinen Unzufriedenheit mit der Partei". Das bestätigte sie dem MDR am Montag. Sowohl Bruchmüller als auch Westphal wollen Ortsbürgermeister bleiben und ihre Mandate im Bitterfeld-Wolfener Stadtrat behalten.

Kreisverband weist die Vorwürfe zurück

Anhalt-Bitterfelds CDU-Kreisverband zeigte sich am Montag betrübt von den Austritten. "Wir bedauern jeden Parteiaustritt. Allerdings müssen wir zur Kenntnis nehmen, wenn einzelne Mitglieder aus unterschiedlichsten Gründen die CDU verlassen", sagte der Kreisvorsitzende Matthias Egert MDR SACHSEN-ANHALT auf Nachfrage.

Die Vorwürfe, "die gegen den CDU-Kreisverband Anhalt-Bitterfeld sowie den CDU-Stadtverband Bitterfeld-Wolfen gerichtet sind und auch in deren tatsächliche Zuständigkeit fallen", wies Egert dagegen "nachdrücklich als haltlos und unbegründet zurück". Eine abschließende Bewertung hierüber stehe jedoch aus, sei durch die Austrittserklärung jedoch faktisch obsolet.

Mario Karschunke freut sich nach seiner Wahl zum Generalsekretär der CDU Sachsen-Anhalt auf dem Landesparteitag der CDU Sachsen-Anhalt in Leuna.
Mario Karschunke ist Generalsekretär der CDU Sachsen-Anhalt. Bildrechte: picture alliance/dpa/dpa-Zentralbild | Hendrik Schmidt

Sachsen-Anhalts CDU-Landesverband reagierte auf MDR-Nachfrage zurückhaltend. Die genannten Austrittsgründe könnten vom Landesvorstand nicht bewertet werden, reagierte CDU-Generalsekretär Mario Karschunke. "Wir gehen davon aus, dass sich der CDU-Kreisvorstand Anhalt-Bitterfeld und der CDU-Stadtvorstand Bitterfeld-Wolfen zu gegebener Zeit mit den Begründungen für die Austritte auseinandersetzen und weitere Reaktionen von den Ergebnissen abhängig machen", so Karschunke weiter.

MDR (Daniel Salpius)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 18. September 2023 | 16:30 Uhr

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