Kommentar: Corona Aufarbeitung Sachsen-Anhalt
Die Corona-Maßnahmen sollen über das nächste Jahr von einer Kommission aufgearbeitet werden. Bildrechte: IMAGO/Uli Wittstock

Pandemie Corona-Kommission – Aufarbeitung nach Plan?

05. April 2024, 15:42 Uhr

Als Krankheit ist Corona zwar nicht verschwunden, aber das Virus hat seinen Schrecken verloren. Doch die Folgen der Pandemie sind bis heute spürbar. Am Donnerstag traf sich zum ersten Mal in Sachsen-Anhalt eine Kommission zur Aufarbeitung der Coronamaßnahmen. Ziel ist es, Bilanz zu ziehen und für zukünftige Notlagen besser gerüstet zu sein. Uli Wittstock kommentiert.

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Spielplätze abgesperrt, Schulen und Kitas geschlossen, Fußball ohne Publikum und Kampf um die letzten Rollen Klopapier – das waren schon merkwürdige Zeiten, als ein Virus uns voll im Griff hatte. Allerdings waren die Folgen der Pandemie für die Menschen ganz unterschiedlich, sowohl in Bezug auf die Krankheit selbst, als auch mit Blick auf die sozialen Folgen. Wirtschaftlich traf es Selbstständige, Gewerbetreibende oder auch Künstlerinnen und Künstler härter, als zum Beispiel Angestellte im öffentlichen Dienst oder das Handwerk.

Das Virus spaltete Familien, Freundeskreise und die Politik, weil die einen Angst vor einer Ansteckung hatten und die anderen Angst vor einer Impfung. Und dann gab es noch jene, die einen wirtschaftlichen Ruin fürchteten.

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Zum Hören: MDR-Redakteur Uli Wittstock im Gespräch zur Corona-Kommission Bildrechte: picture alliance/dpa/Klaus-Dietmar Gabbert
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MDR SACHSEN-ANHALT Fr 05.04.2024 13:26Uhr 04:51 min

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Gesellschaftliches Long Covid

Ganz klar sind die Folgen nicht zu erkennen, wer aber aufmerksam durch Sachsen-Anhalts Innenstädte geht, der sieht leerstehende Läden, die vor der Pandemie noch geöffnet hatten. Wer schon immer knapp kalkulieren musste, für den bedeutete die Pandemie das Aus. Und auch wenn es derzeit nur noch gelegentlich Demonstrationen von Kritikern der Coronamaßnahmen gibt, so ist doch deutlich geworden, dass die Pandemie bei vielen Menschen das Misstrauen gegenüber dem staatlichen Handeln verfestigt hat.

Das sieht man übrigens auch in der Aufarbeitungs-Kommission so. Deren Vorsitzender Wilfried Kluth, ein Verfassungsrechtler der Uni Halle, sagte zum Auftakt: "Die Coronapandemie hat zu einer gewissen Traumatisierung der Gesellschaft geführt. Das wirkt bis heute nach. Und ich glaube, deswegen ist eine solche Kommission wichtig."

Porträt eines lächelnden Mannes mit hellbraunen Haaren und Brille. Er trägt ein weißes Hemd, darüber ein dunkelblaues Sakko.
Laut Wilfried Kluth, Vorsitzender der Aufarbeitungs-Kommission, sei die Aufarbeitung durch eine Kommision wichtig, da die Corona-Pandemie zu einer gesellschaftlichen Traumatisierung geführt habe. Bildrechte: Uni Halle/Scholz

Haseloff: Wissenschafts-basierte Gesellschaft

Dass nun jene Landesregierung, die zu großen Teilen selbst die Coronamaßnahmen auf den Weg brachte, eine Kommission zur Überprüfung ebenjener Maßnahmen beruft, lässt Platz für Interpretationen. Allerdings legte Wilfried Kluth Wert auf die Feststellung, dass die Kommission unabhängig sei, weder würden die Mitglieder bezahlt, noch stünden sie im Dienst der Landesregierung. Man hätte natürlich auch, wie in anderen Bundesländern, die Kommission im Landtag ansiedeln können.

Ministerpräsident Rainer Haseloff will aber die Parteien zunächst erstmal heraushalten: "Wir müssen Objektivität in das Thema bringen, das ja noch immer die Gesellschaft polarisiert. Wir sind eine wissenschafts-basierte Gesellschaft und danach muss Politik handeln." Hier spricht ein promovierter Physiker. Doch leider haben nicht nur die Corona-Debatten gezeigt, dass die Wissenschafts-Basis in Deutschland umstritten ist. Auch beim Streit zu Fragen des Klimawandels ist das gerade zu beobachten.

Mehr Zivilschutz wagen

Corona war ja auch deshalb eine so große Herausforderung, weil deutlich wurde, dass sich unser Leben schlagartig durch äußere Einflüsse ändern kann und das trotz aller sozial-staatlichen Sicherungs-Systeme. Deshalb wird, neben der Aufarbeitung, die Vorsorge für zukünftige Krisen mindestens genauso wichtig sein. Denn ein Land, das erstmal Schutzmasken im Selbst-Bau empfehlen muss, erweckt nicht den Eindruck, vorbereitet zu sein.

In einem Jahr soll der Bericht mit Empfehlungen vorliegen und spätestens dann kommt auch der Landtag ins Spiel. Denn dann wird es auch ums Geld gehen: Wie viel Zivilschutz wollen wir uns leisten? Die Pandemie wird dann final also auch nochmal im Parlament verhandelt. Doch wer grundsätzlich der Meinung ist, dass Corona nur ein Planspiel finsterer Mächte war, den dürfte diese Form der Aufarbeitung womöglich nicht befriedigen.

Anmerkung der Redaktion: Um eine möglichst übersichtliche Diskussion zum Thema zu ermöglichen, haben wir die Kommentare unter diesem Artikel ausgeschaltet. Stattdessen können Sie den Artikel "Pandemie-Aufarbeitung: Experten überprüfen Coronamaßnahmen" kommentieren.

MDR (Uli Wittstock, Sebastian Gall)

Dieses Thema im Programm: MDR SACHSEN-ANHALT – Das Radio wie wir | 05. April 2024 | 09:00 Uhr

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