Ein Bergwerksführer präsentiert im Besucherbergwerk Vereinigt Zwitterfeld zu Zinnwald eine Stufe des Minerals Zinnwaldit
Blick auf eine Zinnwaldit-Ader im Besucherbergwerk "Vereinigt Zwitterfeld zu Zinnwald". Bildrechte: picture alliance/Jürgen Lösel/dpa-Zentralbild/ZB

Fragen und Antworten Lithium – strategischer und kritischer Rohstoff in Sachsen

05. Juni 2023, 10:56 Uhr

Lithium gilt als wichtiger Rohstoff für die Energiewende. Die EU erwartet in den kommenden Jahren eine beispiellose Nachfrage. Doch was ist das eigentlich für ein Element, wo kommt es her, wie teuer ist es und wie steht es um den Abbau im Erzgebirge? Und warum sinkt der Lithium-Preis eigentlich gerade? Fragen und Antworten zu einem der Schlüsselelemente für die Energiewende.

Was ist Lithium?

Lithium ist ein silberweißes, weiches Leichtmetall. Es ist seit 1817 bekannt und ist im Periodensystem unter dem Symbol Li und der Ordnungszahl 3 zu finden. Unter den Alkalimetallen hat es den höchsten Schmelz- und Siedepunkt und außerdem die höchste spezifische Wärmekapizität. Es ist wichtig für den Bau wiederaufladbarer Batterien oder Akkumulatoren, für Glaskeramik, Glas und für Schmierstoffe.

Wo kommt Lithium weltweit vor?

Lithium kommt in festen Gesteinen vor, den sogenannten Lithium-Pegmatiten, laut Institut für Seltene Erden und Metalle am häufigsten in Amblygonit, Lepidolith, Petalit und Spodumen mit Konzentrationen von bis zu neun Prozent, aber auch beispielsweise im Zinnwaldit, ein Gestein, das es an der deutsch-tschechischen Grenze gibt. Außerdem kommt es in Sole vor. So wird in Chile in der Salz-Wüste Atacama Lithium über Verdunstung gewonnen, ein Prozess, der wegen seiner Eingriffe in der Kritik ist – in kontinentalen Tiefengewässern wie in Bruchsaal im Oberrheingraben und in Ölfeldwässern.

Bei Lithium wird unterschieden zwischen Reserven und Ressourcen. Unter Reserven versteht man die Menge des bereits erschlossenen Rohstoffes, die mit den verfügbaren Mitteln und wirtschaftlich gewonnen werden kann.

Nach Angaben der US-Behörde United States Geological Survey (USGS) sind die bekannten Lithium-Ressourcen auf 98 Millionen Tonnen weltweit gestiegen. Allein in den USA wurden zwölf Millionen Tonnen an Ressourcen identifiziert. Für Deutschland gibt die Behörde 3,2 Millionen Tonnen an Ressourcen an.

Im Jahr 2021 war Chile das größte Exportland von Lithiumcarbonat, insgesamt führte das südamerikanische Land über 135.000 Tonnen des begehrten Rohstoffs aus. China war hingegen das größte Importland von Lithiumcarbonat und führte rund 81.000 Tonnen ein.

Wofür wird Lithium gebraucht?

Lithium ist wichtig zur Herstellung von wiederaufladbaren Batterien oder Akkumulatoren für E-Autos, Hybrid-Fahrzeuge aber auch Smartphones, Laptops, Tablets oder Smartwatches. Außerdem ist Lithium unter anderem in der Glas- und Keramikproduktion ein wichtiger Rohstoff.

Warum ist der Preis von Lithium im vergangenen Jahr geradezu explodiert?

Batteriebau und E-Mobilität haben für einen Preisschub von Lithium an den Börsen gesorgt. Allerdings ist der Kurs zuletzt stark zurückgegangen, liegt aber immer noch über den Ergebnissen der Jahre 2017-2021.

Warum sinkt der Preis jetzt wieder?

Die hohen Preise haben im letzten Jahr zum Ausbau des Lithium-Angebotes geführt, erläutert Dennis Bastian von der Deutschen Rohstoffagentur: "Hohe Preise sorgen immer dafür, dass Projekte exploriert werden." 2022 sei etwa 25 Prozent mehr Lithium gefördert worden als im Jahr zuvor. Hinzu kommt Bastian zufolge, dass in China die Zahlen der Neuzulassungen bei E-Autos sinken. "Der Grund dafür: Subventionen sind Anfang des Jahres ausgelaufen, das sorgt dafür, dass der Lithiumpreis rückläufig ist."

Was ist Zinnwaldit und was hat das mit Sachsen zu tun?

Ein Bergwerksführer präsentiert im Besucherbergwerk Vereinigt Zwitterfeld zu Zinnwald eine Stufe des Minerals Zinnwaldit
Die Ader, auf die hier geziegt wird, enthält Zinnwaldit. Bildrechte: picture alliance/Jürgen Lösel/dpa-Zentralbild/ZB

Der Erzkörper von Zinnwald enthält Zinnwaldit, das ist ein lithiumhaltiger Glimmer, auch bekannt als Lithiumeisenglimmer. Das Gestein enthält laut Sächsischem Oberbergamt 20 Prozent Lithium-Glimmer mit einem Gehalt von wiederum 1,6 Prozent Lithium. Im Erzgebirge ist ein Abbau unter Tage angedacht.

Wie groß ist die Lagerstätte in Zinnwald?

Die Lagerstätte in Zinnwald/Cinovec gehört laut Sächsischem Oberbergamt zu den größten Lithiumlagerstätten in Europa. Sie erstreckt sich sowohl auf deutschem als auch auf tschechischen Gebiet und wird auf beiden Seiten der Grenze erkundet.

Sie gilt als so groß, dass sie eine wesentliche Stütze der Energiewende und des "Green Deals" werden könnte, jedoch verschiebt sich der tatsächliche Abbau seit Jahren. Die Vorbereitung eines Lithium-Abbaus in Deutschland gilt als teuer und langwierig. Folgende Unternehmen haben bei der Erschließung der erzgebirgischen Lagerstätten bereits Bewilligungen erhalten:

Wie weit ist "Zinnwald Lithium"?

Nach Angaben des Sächsischen Oberbergamtes hat das Unternehmen bereits einen bergrechtlichen Rahmenbetriebsplan für den Aufschluss eines Bergwerkes eingereicht. Wann es mit der Lithium-Gewinnung beginnt, vermag die Behörde nach eigenen Angaben nicht mitzuteilen. Sie rechnet damit, dass nach Abschluss der derzeit laufenden ergänzenden Erkundungsbohrungen die Planungen noch modifiziert werden.

Lithium-Bohrungen in Zinnwald.
Bild von Lithium-Bohrungen aus dem Jahr 2022. Hintergrund war ein Antrag der Deutsche Lithium GmbH für bis zu 99 Bohrungen im Bewilligungsfeld Zinnwald. Bildrechte: IMAGO / Sylvio Dittrich

Ungeachtet dessen ist das Potenzial offenbar so groß, dass inzwischen die niederländisch-us-amerikanische Firma AMG bei Zinnwald Lithium eingestiegen ist. Sie hat viel frisches Geld für eine weitere Exploration - also Erforschung der Lagerstätten - mitgebracht. Zinnwald-Lithium-Chef Anton du Plessis sagte dem MDR, sein Unternehmen habe 20 Millionen aufgebracht, AMG etwa 13 Millionen Euro. Stand jetzt arbeitet Zinnwald Lithium nach eigenen Angaben an einer Machbarkeitsstudie mit sehr detaillierter Aufstellung der Geologie und den technischen Anforderungen. Du Plessis erwartet eine Förderung ab Ende 2026, Anfang 2027.

Wo wird das Lithium verarbeitet?

Das Zinnwälder Lithium soll auch in Deutschland verarbeitet werden, in einer Raffinerie im Chemiepark Bitterfeld-Wolfen. Dort sollen ab 2024 jährlich 20.000 Tonnen Lithiumhydroxid produziert werden, die ersten Tonnen sollen aber bereits Ende 2023 das Werk verlassen. Perspektivisch geplant: 100.000 Tonnen pro Jahr. Auch hier investiert der niederländisch-amerikanische Unternehmen AMG.

Was verbirgt sich hinter der EU-Verordnung zu kritischen Rohstoffen?

Genau auf solche regionale Wertschöpftungsketten zielt auch ein Gesetzesvorschlag der EU-Kommission ab, der sogenannte "Critical Raw Materials Act", eine Verordnung zu kritischen Rohstoffen. Sie will die strategische Autonomie Europas in Bezug auf kritische Rohstoffe stärken.

Die Verordnung enthält klare Zielvorgaben unter einer Klammer: Die Schaffung sicherer und widerstandsfähiger Versorgungsketten. Dass diese nicht selbstverständlich sind, haben unterbrochene Lieferketten während der Corona-Pandemie, Havarien großer Containerschiffe im Suez-Kanal und zuletzt infolge des Russland-Ukraine-Krieges gezeigt.

Gibt Lithium-Lagerstätten in Thüringen oder in Sachsen-Anhalt?

In Thüringen wird nach Angaben der Bergbaubehörde keine Lithium-Lagerstätte exploriert. In Sachsen-Anhalt wird nach Angaben des Landesamtes für Geologie und Bergwesens in der Altmark ein "gewisses Potenzial" vermutet. "Es gibt in Sachsen-Anhalt jedoch gegenwärtig noch keine Erkundungs- oder Abbauvorhaben auf Lithium. Bisher sind auch noch keine Bergbauberechtigungen (Lizenzen) für die Aufsuchung oder Gewinnung von Lithium erteilt worden", teilte eine Sprecherin der Behörde dem MDR mit. In einer Ende 2022 herausgegebenen Publikation vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) heißte es, eine weitere innovative Möglichkeit der Lithiumgewinnung sei die Extraktion aus Produktionswässern. In diesem Zusammenhang wird auf solches Wasser im Altmark Gasfeld in Sachsen-Anhalt verwiesen.

Warum gilt Lithium als strategischer und als kritischer Rohstoff?

Lithium wird immer wichtiger, unter anderem wegen dem Ausbau der E-Mobilität und dem Wunsch nach Speicherung der Erneuerbaren Energie. Seit 2020 steht Lithium auf der Liste der kritischen Rohstoffe in der EU. Diese Liste gibt es seit 2011. Da zählte sie noch elf verschiedene Rohstoffe. Sie wird im Dreijahresrhythmus angepasst, 2014 (20), 2017 (27) und im Jahr 2020 (30). "26 Materialien stehen erneut auf der Liste. Bauxit, Lithium, Titan und Strontium sind neu auf der Liste", heißt es in der Veröffentlichung 2020.

Warum? Lithium ist der Veröffentlichung zufolge wichtig für die Raumfahrt und Verteidigung, für Elektronik, den Bereich Mobilität und Autoindustrie, energieintensive Industrien, erneuerbare Energien, Gesundheit und Digitalisierung.

Im EU-Vorschlag für eine Verordnung über kritische Rohstoffe heißt es, "die weltweite Nachfrage nach Lithium, das für die Herstellung von Batterien und Akkumulatoren für Mobilität und Energiespeicherung verwendet wird, dürfte bis 2050 um das 89-Fache steigen." Innerhalb der EU erwartet die Kommission den 18-fachen Bedarf bis 2030 und den 60-fachen bis 2050 und damit einen Nachfrageanstieg, den sie selbst in der Einordnung Lithiums als kritischen Rohstoff 2020 als beispiellos bezeichnet.

Der Grund: Bevölkerungswachstum, Industrialisierung und Dekarbonisierung des Verkehrs, von Energiesystemen und anderen Industriesektoren, die steigende Nachfrage auch in den Entwicklungsländern und neue technologische Anwendungen.

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL RADIO | 21. Mai 2023 | 07:00 Uhr

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