Alternative Baustoffe Nachhaltige Neubauten aus Holz, Stroh und Lehm immer gefragter und günstiger
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13. Dezember 2023, 10:08 Uhr
Wäre die weltweite Zementindustrie ein Staat, dann hätte er mit rund 2,7 Milliarden Tonnen pro Jahr nach China und den USA den drittgrößten CO2-Ausstoß der Welt. Die Entwicklung von Alternativen zur energieintensiven Beton- und Stahlbauweise läuft deshalb auf Hochtouren. Nachwachsende Baustoffe wie Holz, Stroh oder Lehm sind immer gefragter.
- Der Freistaat Thüringen erhalten Bauträger hohe Fördersummen, wenn sie Neubauten aus nachwachsenden Rohstoffen errichten.
- An der Bauhaus-Universität Weimar wird an festeren und damit tragfähigeren Steinen aus Stroh geforscht.
- Da die Preise für klassische Baustoffe zuletzt stark gestiegen sind, könnte Bauen mit Holz, Stroh oder Lehm im Vergleich billiger werden.
Schon von außen ist die Kita "Holzwürmchen" in Weimar ein Blickfang: Vollverkleidet in Holz und gestrichen in einer schicken, grauen Farbe, hebt sie sich von den umstehenden Gebäuden deutlich ab. Beim Betreten der Kita steigt der Holzgeruch sofort in die Nase. Wer nur in Socken unterwegs ist, behält auch im Winter auf dem Holzboden warme Füße – obwohl es keine Fußbodenheizung gibt.
Ein Pluspunkt der Vollholzbauweise neben wissenschaftlich erwiesenen gesundheitlichen und pädagogischen Vorteilen.
Mehr Fördergelder für Neubauten aus Holz
Architekt Jörg Weber ist Spezialist für das Bauen mit Holz und sieht Bewegung im Markt für alternative Baustoffe. "Ja, es hat sich einiges getan. Ich würde mal ein positives Beispiel nennen: In Erfurt bauen wir gerade eine Schulerweiterung in Holz. Und da gibt es einfach eine sehr hohe Förderung, weil die Schule aus Holz gebaut wird."
Die Schulbaurichtlinie sehe eine höhere Förderung vor, wenn man mit nachwachsenden Rohstoffen baut. "Das ist schon mal positiv. Damit kann ich das im Grunde genommen anschieben." Deshalb werden in Thüringen laut Weber tatsächlich mehrere neue Schulen aus Holz gebaut.
Etwas genervt zeigt sich Weber hingegen von der Holzbaurichtlinie, in der festgelegt ist, wo welches Holz wie verbaut werden darf. So müsse etwa viel Holz aus Brandschutzgründen abgedeckt werden. Das sei nicht nachvollziehbar. Denn Holz sei nicht per se stärker brandgefährdet als gängige Bau- und Dämmmaterialien wie Stahl oder Styropor.
Wände aus Strohsteinen
An weiteren Alternativen zu Beton und Stahl wird an der Bauhaus-Uni in Weimar geforscht, wo Weber einst studiert hat. An der Professur für Konstruktives Entwerfen und Tragwerkslehre zeigt Katharina Elert stolz ihr Promotionsprojekt: Steine aus Stroh.
Vermengt mit Wasser und Stärke sollen sie eines Tages den klassischen Backstein ersetzen und den nachwachsenden Rohstoff Stroh ins städtische Bauen bringen. Dabei haben die kompakten Strohsteine einen entscheidenden Vorteil gegenüber der bisherigen Strohbauweise. Denn mit ihnen wären Strohwände nicht mehr automatisch anderthalb Meter dick.
"Wenn man momentan lasttragend mit Strohballen bauen möchte, also ohne eine tragende Holzkonstruktion, dann braucht man bei bereits Zweigeschossern ungefähr Wandstärken von 1,20 Metern Dicke."
Mit solchen Wandstärken sei es aber unwahrscheinlich, Investoren überzeugen zu können, beispielsweise mitten in der Stadt zu bauen, wo ohnehin wenig Platz ist. "Deshalb haben wir uns eben zum Ziel gesetzt, die Wände schlanker zu machen, indem unsere Strohsteine letzten Endes steifer und fester sind und dadurch diese schlanken Wände möglich werden.“
Alternative Baustoffe: Nachfrage steigt
Elert sieht für nachwachsende Baustoffe wie Holz, Stroh und Lehm gute Chancen – nicht zuletzt wegen der besseren Umweltbilanz. Tatsächlich steigt die Nachfrage. Und da die Kosten für klassische Baustoffe zuletzt explodiert sind, könnte nachhaltiges Bauen im Vergleich sogar erschwinglicher werden.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 13. Dezember 2023 | 09:52 Uhr