MDRfragt in Thüringen Für Befragte ist Gesundheitsversorgung wichtigstes Wahlthema
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17. August 2023, 06:00 Uhr
Was zählt aus Sicht der Wählerinnen und Wähler mit Blick auf die Landtagswahl im Herbst 2024 in Thüringen? Eine aktuelle Befragung unter rund 7.500 Menschen im Freistaat ergibt: Es kommt mehr auf die Konzepte der Parteien bei bestimmten Themen an als auf das Spitzenpersonal. Ein Großteil wünscht sich zum Beispiel Lösungen für den Fachkräftemangel. Das Stimmungsbild aus Thüringen ist nicht repräsentativ, aber nach statistischen Merkmalen gewichtet, um aussagekräftige Ergebnisse zu erhalten.
- Die Themen im Wahlprogramm sind für die Befragten bei ihrer Wahlentscheidung besonders wichtig – ganz vorn liegen Konzepte für die medizinische Versorgung, innere Sicherheit und Bildung.
- Gerade im Bereich Mobilität und Infrastruktur fühlen sich Menschen aus dem ländlichen Raum benachteiligt.
- Drei Viertel wünschen sich nach der Wahl ein Regierungsbündnis mit eigener Mehrheit – viele zweifeln jedoch, dass die Mehrheitsverhältnisse so eine Koalition ermöglichen.
In gut einem Jahr ist es wieder soweit und Thüringen wählt ein neues Landesparlament. Grund für uns, beim Meinungsbarometer MDRfragt nach aktuellen Stimmungen im Freistaat zu fragen – und danach, worauf es den Befragten bei ihrer Wahlentscheidung und bei der Arbeit der Landespolitik ankommt.
Wahlprogramm wichtiger als Partei und Personal
Ein Ergebnis: Am wichtigsten sind für die Befragten die Themen im Wahlprogramm. Fast jeder Zweite (45 Prozent) macht seine Wahlentscheidung am ehesten daran fest. Die Partei selbst spielt für gut jeden Vierten (26 Prozent) die größte Rolle. 15 Prozent lassen sich am meisten von den Kandidatinnen und Kandidaten bei der Wahlentscheidung leiten – und 9 Prozent geben Protest als Haupt-Antrieb an.
Konzepte zur medizinischen Versorgung für viele wahlentscheidend
Doch auf welche Themen achten die Thüringerinnen und Thüringer besonders? Die Befragten konnten mehrere landespolitische Aspekte auswählen, die aus ihrer derzeitigen Perspektive für sie entscheidend sein könnten. Ganz vorn liegt die medizinische Versorgung (78 Prozent), gefolgt von der inneren Sicherheit (68 Prozent) sowie der Bildungspolitik (67 Prozent).
Oft sorgenvoller Blick auf die wichtigen Themenbereiche
Dabei blicken viele vor allem mit Sorge auf die Themen, die ihnen nach eigener Aussage besonders wichtig bei der Wahlentscheidung sind. Viele fürchten, dass die medizinische Versorgung schlechter wird. So schreibt MDRfragt-Mitglied Sabine (66) aus dem Landkreis Gotha, die medizinische Grundversorgung mit Hausärzten habe sich verschlechtert: "Facharzttermine sind sehr rar, beziehungsweise man bekommt sie erst spät." Und der 43 Jahre alte Markus aus dem gleichen Landkreis findet: "Die größten Baustellen werden konsequent nicht angegangen. Fehlende Lehrer, keine Ärzte, marode Kliniken und Schulen."
Spitzenpolitiker reagieren auf MDRfragt-Ergebnisse
Das Meinungsbild von MDRfragt zur Landespolitik floss auch in die diesjährigen Sommerinterviews von MDR Thüringen ein. Seit 1. August fühlte Moderator Lars Sänger den Thüringer Spitzenpolitikern auf den Zahn – und flocht dabei auch Ergebnisse von MDRfragt ein.
CDU-Landeschef Mario Voigt reagierte auf das MDRfragt-Ergebnis, dass die medizinische Versorgung bei den wahlentscheidenden Themen der Befragten vorn liegt. Er verwies darauf, dass die CDU-Fraktion schon vor drei Jahren Vorschläge gemacht habe, unter anderem sollen mehr Hausärzte im Freistaat ausgebildet werden. Auch eine sogenannte Landarztquote habe zu den Vorschlägen gehört. Die ganze Antwort gibt es im Video.
Das Wichtigste wäre die Bildung vom Kindergarten aufwärts.
Doch auch zu anderen wichtigen Themen gibt es viele Wortmeldungen der Befragten. "An erster Stelle steht die Bildung", meint Ute (60) aus dem Landkreis Saalfeld-Rudolstadt, die sich nach eigener Aussage gesellschaftlich, aber nicht parteipolitisch engagiert. Aus ihrer Sicht sind "Kindergarten und Schule in Thüringen eine Katastrophe".
Für MDRfragt-Mitglied Jens (59) aus dem Kyffhäuserkreis ist die Bildungsarbeit in allen Lebenslagen der Grundstein für alles Weitere: "Das Wichtigste wäre die Bildung vom Kindergarten aufwärts, und die sich entwickelnde Wirtschaft – vom Handwerk bis zum Firmenchef."
Ramelow verweist auf hohen Anteil Neueinstellungen bei Lehrkräften
Zum Thema Bildung äußerte sich Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) im Sommerinterview. Er verwies darauf, dass die Minderheitsregierung verantwortungsvoll agiere und daran arbeite, das Bildungssystem weiter umzubauen. Als Beispiel nannte er den sinkenden Altersdurchschnitt bei den Lehrkräften, der durch viele Neueinstellungen erreicht worden sei.
Umwelt- und Klimaschutz für weniger Befragte wahlentscheidend
Gut jeder Dritte (38 Prozent) gab Umwelt- und Klimaschutz als eines seiner wahlentscheidenden Themen an. Damit landete dieser Bereich gleichauf mit Arbeitsmarktpolitik (38 Prozent) auf den letzten Rängen. Gleichzeitig gaben deutlich mehr Thüringer an, ihnen seien Konzepte für die Migrationspolitik (62 Prozent), die Energiepolitik (61 Prozent) sowie Mobilität und Verkehr (56 Prozent) wichtig.
Beim Sommerinterview mit Grünen-Landeschef Bernhard Stengele wollte Interviewer Lars Sänger wissen, wie es der Umweltminister bewertet, dass das grüne Kernthema Umwelt- und Klimaschutz so weit hinten rangiert.
Stengele antwortete, dass sich seine Partei auch zur medizinischen Versorgung und zur Bildung sehr viele Gedanken mache und dazu einiges im Portfolio habe. Er ergänzte, dass Klima- und Umweltschutz in seiner Wahrnehmung auch für viele Thüringerinnen und Thüringer wichtig seien. Die ganze Reaktion findet sich im Video.
Viele im ländlichen Raum sehen sich benachteiligt
Ein Thema, das viele Befragte umtreibt: der wahrgenommene Stadt-Land-Unterschied – vor allem mit Blick auf die Mobilität. Ein Beispiel ist MDRfragt-Mitglied Heidrun (70) aus dem Landkreis Greiz. Sie gibt an, prinzipiell zufrieden mit ihrem Leben im Freistaat zu sein und dass ihr die waldreiche Umgebung rund um ihren Wohnort gefalle. Allerdings fehle es an Mitteln, um beispielsweise das Kulturhaus ihres Dorfes zu erhalten. Zudem beklagt sie, dass die Zufahrtsstraße schon seit Jahren "in einem miserablen Zustand ist". Ihr persönliches Fazit: "Für die ländlichen Gegenden ist kein Geld übrig."
Ähnlich sieht es MDRfragt-Mitglied Klaus (63) aus dem Kyffhäuserkreis: "Wenn es nicht gelingt, den gleichen Lebensstandard wie in den Städten auf dem Land zu erreichen oder zumindest zu bessern, dass man etwas zufriedener hier leben kann, dann wird irgendwann das Dorf einfach leer stehen", schildert er seine Wahrnehmung. Löhne und Arbeitsplätze seien kein ausreichender Anreiz, um Menschen in den Kyffhäuserkreis zu locken. Es fehle zum Beispiel an Kinderbetreuung, Schulen und ähnlichem.
Ausbau von Nahverkehr und Radwegen gefordert
"Hier auf dem Land ist man von allem abgeschnitten. Busse und Bahnen fahren nicht ständig, selbst zu den Nachbarorten gibt es keine Verbindungen mehr", moniert etwa MDRfragt-Mitglied Jürgen (71) aus dem Landkreis Sömmerda. Auch er befürchtet, dass keine jungen Familien mehr in seine Gegend ziehen – oder hier bleiben. "Sparkasse, Banken, Post, alles, was wir einmal hatten, wurde 'wegrationalisiert'. Selbst unsere Schule soll demnächst geschlossen werden."
Immer alles mit Auto (nachts unterwegs sein müssen), ist nicht wirklich gut.
Und Sabine (57) aus dem Landkreis Saalfeld-Rudolstadt vergleicht ihre aktuelle Situation mit der Zeit, als sie im Großraum Stuttgart lebte und es zwei bis sechs Mal in der Stunde Bahnverbindungen von der baden-württembergischen Landeshauptstadt in die umliegenden Gemeinden gab: "Die S-Bahnanbindung zu kleineren Orten war schon super. Sowas wäre in Thüringen bestimmt auch machbar." Sie lebe jetzt rund 20 Kilometer von ihrem Arbeitsort, einer größeren Stadt, entfernt und sei auf ihr Auto angewiesen. Deswegen gehe sie auch seltener zu Kulturveranstaltungen als sie wolle: "Immer alles mit Auto (nachts unterwegs sein müssen), ist nicht wirklich gut."
Bundespolitik spielt bei vielen für Bewertung eine Rolle
Mitunter fällt es den Kommentatorinnen und Kommentatoren schwer, nur die landespolitischen Entwicklungen zu bewerten. Immer wieder äußern sie ihren Unmut über die anhaltend hohen Preissteigerungen oder fordern weitere Bemühungen zur Beendigung des russischen Angriffskrieges in der Ukraine. Tatsächlich tendieren fast drei Viertel der Befragten zu der Aussage, dass das Agieren der Parteien auf Bundesebene ihre Bewertung der Landespolitik beeinflusst.
Einige Befragte finden, die Arbeit ließe sich auch tatsächlich nicht trennen, weil die bundespolitische Linie einen großen Einfluss auf das Handeln der Landespolitikerinnen und -politiker habe: Die Parteien und ihre Spitzenkandidaten müssten viele politische Vorgaben aus den Berliner Parteizentralen umsetzen, "und vernachlässigen die Interessen der Bevölkerung in Thüringen", meint etwa Jürgen (74) aus dem Landkreis Schmalkalden-Meiningen.
Mehr als vier Fünftel fordern Lösungen für Fachkräftemangel
Ein Thema, für das sich die befragten Thüringerinnen und Thüringer mehrheitlich dringend Lösungen von der Landespolitik wünschen, ist das Thema Arbeits- und Fachkräftemangel. Die deutliche Mehrheit (84 Prozent) fordert entsprechende Konzepte ein. Dabei meint gleichzeitig jeder Dritte, der Mangel sollte über gezielte Zuwanderung von passenden Arbeitskräften behoben werden.
So berichtet MDRfragt-Mitglied Markus (41) aus Erfurt, er arbeite als Fahrer für die Lebensmittelbranche. In seinem Betrieb kündigten Kolleginnen und Kollegen, weil es zu viel Wochenendarbeit, keine freien Feiertage und mit Blick auf diese Arbeitsbedingungen zu wenig Lohn gebe. "Zuwanderer lösen nicht das Fachkräftemangelproblem", meint er. Es gebe nicht per se einen Mangel an Arbeitskräften. "Es gibt nur schlechte Bezahlung, schlechte Arbeitsbedingungen und zu wenig Geld für den Job. Hier liegen die Probleme."
Zuwanderer lösen nicht das Fachkräftemangelproblem.
Auch andere Befragte erklären, warum Zuwanderung aus ihrer Sicht nicht die Lösung ist: "Die Leute werden in ihren Heimatländern gebraucht", kommentiert etwa Susanne (61) aus dem Landkreis Schmalkalden-Meiningen. "Qualifiziert die, die schon hier sind!" Einige MDRfragt-Mitglieder plädieren dafür, Schulabgänger ohne Abschluss und Langzeitarbeitslose gezielt zu unterstützen und zu qualifizieren.
Andere, wie Reinhard (50) aus dem Landkreis Greiz, fordern eine gezielte Aus- und Weiterbildung von jenen, die bereits nach Thüringen geflüchtet sind: "Man sollte zuerst alle Kräfte bündeln und Migranten und Asylbewerber ausbilden und in den Arbeitsmarkt bringen. Auch wenn sie noch kein Bleiberecht haben, müssen die Menschen beschäftigt werden, entweder durch Ausbildung oder Arbeit." Aus Sicht von Reinhard könnte so auch der soziale Frieden gestärkt werden: "Nur so werden sie integriert, fühlen sich als Teil der Gesellschaft und werden in der Gesellschaft auch anerkannt."
Die Wirtschaft ist davon abhängig.
Ganz anders sehen das Befragte wie Cindy (41) aus dem Saale-Holzland-Kreis: "Zuwanderung ist wichtig für Thüringen", schreibt sie." Die jetzige und die nächste Landesregierung stünden vor der Aufgabe, bürokratische Hürden zu senken, damit Fachkräfte aus anderen Ländern schnellstmöglich in den Arbeitsmarkt integriert werden könnten. "Die Wirtschaft ist davon abhängig."
Minderheitsregierung? – Findet nur eine Minderheit gut
Seit 2020 regiert in Thüringen ein rot-rot-grünes Bündnis unter Ministerpräsident Bodo Ramelow (Linke) ohne eigene Mehrheit. Aktuelle, repräsentative Wahlumfragen aus dem Juli dieses Jahres ergaben: Wenn die Thüringerinnen und Thüringer dieser Tage einen neuen Landtag wählen müssten, hätte die aktuelle Regierungs-Koalition aus Linken, SPD und Grünen in Thüringen erneut keine Mehrheit – ebenso wenig wie andere klassische Koalitionsbündnisse.
Großer Wunsch nach Koalition mit eigener Mehrheit nach der Landtagswahl
Eine Mehrheit der Befragten beim Meinungsbarometer MDRfragt, nämlich 74 Prozent, ist klar oder eher dafür, dass Thüringen nach der nächsten Landtagswahl wieder von einer Regierung mit eigener Mehrheit regiert wird. Weniger als ein Fünftel (17 Prozent) der Befragten halten das eher nicht für so entscheidend. Knapp jeder Zehnte (9 Prozent) positionierte sich in dieser Frage gar nicht.
Gleichzeitig tendieren knapp zwei Fünftel der Befragten (39 Prozent) zu der Aussage: Thüringen kann grundsätzlich auch von einer Minderheitsregierung gut regiert werden. Gut jeder Zweite (55 Prozent) sieht das eher nicht so.
"Die letzten Jahre haben gezeigt, dass in Thüringen eine Minderheitsregierung offensichtlich nicht funktionieren kann", meint MDRfragt-Mitglied Wolfgang (69) aus dem Wartburgkreis. Die schwierigen Mehrheitsverhältnisse führten aus seiner Sicht zu Frust, Protest und einer Abkehr der Bevölkerung von der Politik. Und Frank (54) aus dem Landkreis Gotha ist der Ansicht: "Thüringen braucht eine gewählte Mehrheitsregierung."
Ich habe aktuell keine Hoffnung, dass wir nach der Wahl eine regierungsfähige Mehrheit haben.
Auch andere Kommentatorinnen und Kommentatoren wünschen sich stabile Mehrheiten, halten das Zustandekommen aber gleichzeitig für unwahrscheinlich: "Die anstehenden Landtagswahlen sind eine große Herausforderung für das Land Thüringen, ich habe aktuell keine Hoffnung, dass wir nach der Wahl eine regierungsfähige Mehrheit haben", formuliert es Maik (49) aus Jena. Für Brigitte (67) aus Erfurt gilt: "Die vergangenen Jahre haben zwar gezeigt, dass eine Minderheitsregierung Thüringen lenken kann. Aber es ist immer eine Gratwanderung und für die Weiterentwicklung des Landes nicht immer hilfreich."
Doch es gibt auch Befürworterinnen und Befürworter einer Minderheitsregierung: "Eigentlich würde eine parlamentarische Demokratie am besten funktionieren, wenn es keine Regierungskoalitionen, sondern optimalerweise immer Minderheitsregierungen gäbe", kommentiert beispielsweise Steffen (49) aus dem Ilm-Kreis. "Denn nur bei einer Minderheitsregierung macht eine parlamentarische Diskussion und Abstimmung über neue Gesetze Sinn, weil für jede Gesetzesvorlage neue Mehrheiten gefunden werden müssten."
Die meisten wollen konkrete Koalitionsaussagen
Viele in der Thüringer MDRfragt-Gemeinschaft wünschen sich zudem, dass die Parteien im Wahlkampf konkrete Aussagen darüber machen, mit wem sie nach der Landtagswahl ein Regierungsbündnis eingehen wollen. Drei Viertel (75 Prozent) stimmen dieser Aussage voll und ganz oder eher zu. Ein Fünftel findet klare Koalitionsaussagen eher nicht so wichtig.
In den Sommerinterviews wurde SPD-Landeschef Georg Maier mit diesem Ergebnis konfrontiert. Seine Antwort: "Ich gebe ja auch eine konkrete Koalitionsaussage, ich sage: Wir sind koalitionsfähig mit allen demokratischen Parteien." Die SPD sei die Kraft, die verbinden könne, und das wüssten die Menschen im Land auch, so Maier weiter. Die komplette Antwort gibt es im Video zum Nachschauen:
Damit gibt es mehr Verfechterinnen und Verfechter klarer Koalitionsaussagen unter den Befragten als solche, für die das Spitzenpersonal der Parteien eine große Rolle spielt: Für gut zwei Fünftel (43 Prozent) spielt der Spitzenkandidat oder die Spitzenkandidatin eine größere Rolle. Mehr als die Hälfte (56 Prozent) meint, wer die Parteien in den Wahlkampf führe, spiele für ihre Entscheidung nur eine kleine oder gar keine Rolle.
Darauf angesprochen, dass der Spitzenkandidat überwiegend nicht die entscheidende Rolle für die Befragten spielt, antwortete FDP-Landeschef Thomas Kemmerich, dass sich aus seinem Beliebtheitswert und dem Anteil derjenigen, für die der Spitzenkandidat wichtig sei, durchaus errechnen lasse, dass die FDP ein Wahlergebnis von 8 bis 10 Prozent erreichen könne. Die ganze Antwort gibt es im Video zum Nachschauen.
Warum das Spitzenpersonal wichtig ist...
Doch warum spielt für manche Befragte der Spitzenkandidat oder die Spitzenkandidatin eine große Rolle? "Die Spitzenkandidaten sind potentiell die nächsten Ministerpräsidenten", begründet Tanja (45) aus dem Ilm-Kreis ihre Meinung. Wahlprogramme würden häufig von aktuellen Ereignissen über den Haufen geworfen und böten wenig Orientierung, meint Jörg (60) aus dem Landkreis Saalfeld-Rudolstadt. Deswegen komme es auf das Spitzenpersonal, dessen Charisma und Bodenständigkeit an – und darauf, dass man ihm oder ihr "lückenlos vertrauen kann".
...und warum nicht
Genau die Gegenposition vertritt beispielsweise MDRfragt-Mitglied Horst (61) aus Gera: "Das Wichtigste ist doch das Programm, was die Parteien realisieren wollen und ob man der Partei glauben kann, dass sie es auch tut." Auch für für Annette (58) aus Jena geht es nicht um die Kandidatinnen und Kandidaten an sich: "Spielt für mich keine Rolle. Wer die bestehenden Probleme löst, ist entscheidend."
Opposition soll mehr tun als kritisieren
Auch zur Rolle der Opposition haben die Thüringer MDRfragt-Mitglieder eine klare Meinung: Fast alle (92 Prozent) sind tendenziell der Meinung, dass alle Beteiligten, die nicht der Regierung angehören, mehr tun müssen als nur Kritik üben. Sie stimmen voll und ganz oder eher der Aussage zu, dass Oppositionsparteien auch eigene Gesetzesentwürfe einbringen und konkrete Lösungsvorschläge als Alternativen zu den Konzepten der Regierung einbringen sollten.
AfD-Landeschef Björn Höcke reagierte auf dieses Ergebnis im Sommerinterview mit MDR Thüringen. Er könne die Erwartungshaltung verstehen und seine Fraktion erfülle dies auch, argumentierte Höcke. Dabei blieb er auch, als Interviewer Lars Sänger ihn darauf hinwies, dass die AfD-Fraktion weniger Gesetzesiniativen zum Thema Bildung eingebracht habe als die fünfmal kleinere FDP-Gruppe. Die gesamte Antwort gibt es im Video.
Zwei Drittel wollen sich nicht selbst politisch engagieren
Wählen ist eine Form, sich in den politischen Prozess einzubringen – eine weitere Option ist es, sich selbst politisch zu engagieren. Wir wollten von der MDRfragt-Gemeinschaft aus Thüringen wissen, ob sie über ein persönliches politisches Engagement nachgedacht haben oder sich tatsächlich selbst in diesem Bereich einbringen.
Ein Großteil der Befragten (66 Prozent) denkt weder darüber nach, sich politisch zu engagieren noch tut er es bereits. Weniger als jeder Zehnte (9 Prozent) ist aktiv, und 16 Prozent denken über ein persönliches Engagement im politischen Bereich nach.
MDRfragt-Mitglied Peter (57) ist politisch aktiv und findet, dadurch könne er nicht nur etwas bewegen. Er habe auch "einen etwas tieferen Einblick beim Beurteilen von Entscheidungen, auch wenn diese nicht immer zu 100 Prozent mit meinen Vorstellungen korrelieren und kann auch diese besser nachvollziehen".
Ronny (48) aus dem Altenburger Land hat sein Interesse am politischen Engagement verloren und begründet dies mit der Arbeitsweise von Parteien. Und auch Kevin (35) aus dem Ilm-Kreis meint, dass eine allgemeine Verunsicherung und Politikverdrossenheit so manchen vom persönlichen Aktivwerden abhalte: "Viele würden gern etwas ändern, aber trauen sich dann nicht, oder sind einfach von der ganzen Sache genervt."
Über diese Befragung
Die Befragung vom 12.–21.07.2023 stand unter der Überschrift:
Thüringer Landtagswahl in einem Jahr: Worauf kommt es an?
Insgesamt sind bei MDRfragt 16.003 Menschen aus Thüringen angemeldet (Stand 21.07.2023, 11 Uhr). 7.450 Menschen aus Thüringen haben online an dieser Befragung teilgenommen.
Verteilung nach Altersgruppen:
16 bis 29 Jahre: 96 Teilnehmende
30 bis 49 Jahre: 1.121 Teilnehmende
50 bis 64 Jahre: 3.094 Teilnehmende
65+: 3.139 Teilnehmende
Verteilung nach Geschlecht:
Weiblich: 3.146 (42 Prozent)
Männlich: 4.280 (57 Prozent)
Divers: 24 (0,3 Prozent)
Angaben zur Größe des Wohnorts:
Bis 5.000 Einwohner: 2.537
5.000 bis 20.000: 1.609
20.000 bis 100.000: 1.894
> 100.000: 1.316
Die Ergebnisse der Befragung sind nicht repräsentativ. Wir haben sie allerdings in Zusammenarbeit mit dem wissenschaftlichen Beirat nach den statistischen Merkmalen Bildung, Geschlecht und Alter gewichtet.
Das heißt, dass wir die Daten der an der Befragung beteiligten MDRfragt-Mitglieder mit den Daten der mitteldeutschen Bevölkerung abgeglichen haben.
Aufgrund von Rundungen kann es vorkommen, dass die Prozentwerte bei einzelnen Fragen zusammengerechnet nicht exakt 100 ergeben.
Über MDRfragt
MDRfragt ist eine Plattform für Online-Befragungen, mit der die Menschen in Mitteldeutschland regelmäßig ihre Meinung zu aktuellen Themen äußern können. Ob Tempolimit, Braunkohle-Aus oder Breitbandausbau – Ihre Meinung zu gesellschaftlich relevanten Themen findet hier einen besonderen Platz. Teilnehmen kann jeder, der seinen Wohnsitz in Sachsen, Sachsen-Anhalt oder Thüringen hat und mindestens 16 Jahre alt ist.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR Thüringen | 01. August 2023 | 11:00 Uhr