MDR THÜRINGEN-Sommerinterview 2023 FDP-Chef Kemmerich schließt Koalition mit Grünen, AfD und Linken aus

01. August 2023, 15:00 Uhr

Thüringens FDP-Chef Thomas Kemmerich hat im MDR THÜRINGEN-Sommerinterview einer Koalition mit Grünen, Linken oder AfD nach der Landtagswahl 2024 eine Absage erteilt. Stattdessen befürwortet er ein Bündnis mit SPD und CDU. Als Wahlziel streben die Freien Demokraten acht bis zehn Prozent der Wählerstimmen an. Bei Abstimmungen sind für Kemmerich auch Mehrheiten mit Beteiligung der AfD denkbar.

Thüringens FDP-Chef Thomas Kemmerich hat scharfe Kritik an den Grünen geübt. Es gebe verschiedene Dinge, die wegen der Grünen in der Politik falsch liefen, sagte Kemmerich im MDR THÜRINGEN-Sommerinterview. Dazu gehöre, in die Lebensweise der Menschen einzugreifen, sei es in der Mobilität, in der Ernährung oder in der Energieversorgung. Kemmerich sprach wörtlich von einer Übergriffigkeit der Grünen.

Deutschland-Koalition als einzige Option für Kemmerich

Für die Thüringer FDP kommen die Grünen deshalb auch nach der Landtagswahl 2024 nicht als Regierungspartner infrage. Selbiges gelte auch für AfD und die Linke. Kemmerich sprach sich stattdessen für eine sogenannte Deutschland-Koalition zwischen CDU, SPD und FDP aus. Dieses Bündnis gebe es bereits in Sachsen-Anhalt und mache dort eine sehr gute Arbeit.

Wir wissen aus eigener Stärke, hier für Thüringen zu kämpfen.

Thomas Kemmerich FDP-Landeschef

Falls es in Thüringen nur für eine Minderheitsregierung aus CDU, SPD und FDP reichen sollte, werde es weder mit der Linken noch mit der AfD Absprachen geben. In diesem Fall würde er aber an die Linke und deren Verantwortung für das Land appellieren, im Landtag gute Ideen einer solchen Deutschland-Koalition zu unterstützen.

Als Schwerpunkte der FDP in einer künftigen Regierung nannte Kemmerich die Bereiche Bildung, Fachkräftemangel und Migration. In Thüringen seien in der Spitze 40.000 Unterrichtsstunden im Halbjahr ausgefallen. "Da versagt die Regierung", lautet Kemmerichs Einschätzung. Außerdem gelte es, qualifizierte Mitarbeiter auch aus dem Ausland anzuwerben und zugleich illegale Migration nach Deutschland und Europa zu unterbinden. Dazu gehöre auch, dass mehr abgelehnte Asylbewerber abgeschoben werden.

Acht bis zehn Prozent als Wahlziel

Dass die FDP bei der kommenden Wahl 2024 nicht in den Thüringer Landtag einzieht, scheint für Kemmerich kein realistisches Szenario zu sein. Für die FDP strebe er ein Ergebnis von acht bis zehn Prozent an - trotz fehlender Unterstützung durch die Bundespartei. "Wir wissen aus eigener Stärke, hier für Thüringen zu kämpfen, uns für Thüringen einzusetzen", gibt sich Kemmerich überzeugt.

Dennoch geht der FDP-Landeschef davon aus, dass die Freien Demokraten in Thüringen bei ihrem Landtagswahlkampf von verschiedenen Seiten unterstützt werden. Es gebe viele Sympathisanten in anderen FDP-Landesverbänden. Zudem hätten Unternehmer angekündigt, finanzielle Hilfe zu leisten.

Hintergrund ist, dass der Bundesvorstand der FDP einen Spitzenkandidaten Kemmerich im Landtagswahlkampf nicht unterstützen will. Laut Parteispitze war es ein schwerer Fehler, dass Kemmerich im Februar 2020 die Wahl zum Ministerpräsidenten mit AfD-Stimmen angenommen hatte.

Kemmerich: Mehrheiten mit AfD denkbar

Zum Umgang mit der AfD und der Frage von parlamentarischen Mehrheiten sagte der Thüringer FDP-Chef: "Wir sollten aufhören zu diskutieren, wer mit wem was durchsetzt, sondern wir sollten darüber diskutieren: Was soll durchgesetzt werden?" Er habe kein Problem damit, wenn die AfD guten Gesetzen oder Initiativen im Landtag zustimme.

Ich werde aber der AfD keinerlei Kuhhandel oder Entgegenkommen für Stimmen anbieten.

Thomas Kemmerich FDP-Landeschef

Laut Kemmerich gibt es viele wichtige Fragen, die gelöst werden werden müssten. Unbesetzte Lehrerstellen, eine Verbesserung der Frachkräftesituation sowie Bürokratie und Digitalisierung seien Beispiele dafür. "Wer diese Probleme bereit ist, mit uns lösen, der soll sie mit uns lösen", sagte der FDP-Chef. Er könne sich keine gute politische Idee verbieten lassen, wenn die AfD drohe zuzustimmen.

Kemmerich ergänzte, dass allerdings keine Erwartungen an das Abstimmungsverhalten geknüpft werden sollten: "Ich werde aber der AfD keinerlei Kuhhandel oder Entgegenkommen für Stimmen anbieten."

Die MDR THÜRINGEN-Sommerinterviews 2023

Zu den Sommerinterviews sind Spitzenpolitikerinnen und Spitzenpolitiker der sechs Parteien eingeladen, die bei den Landtagswahlen in Fraktionsstärke in den Thüringer Landtag gewählt worden sind. Die Gespräche beginnen jeweils um 11 Uhr, die nächsten Termine:

  • Freitag, 4. August - Georg Maier, SPD
  • Mittwoch, 9. August - Björn Höcke, AfD
  • Freitag, 11. August - Bernhard Stengele, Grüne
  • Dienstag, 15. August - Mario Voigt, CDU
  • Freitag, 18. August - Ministerpräsident Bodo Ramelow, Linke

MDR (cfr)

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR THÜRINGEN JOURNAL | 31. Juli 2023 | 19:00 Uhr

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