Ein Soldat der Bundeswehr 4 min
Audio: Die Bundeswehr geht an Schulen und hält Vorträge zu weltweiten Konflikten und Kriegen. Die GEW kritisiert diesen Exklusivzugang. Bildrechte: picture alliance/dpa | Pia Bayer

Mehr Bundeswehrvorträge an Schulen Bundeswehr immer häufiger an Schulen – GEW kritisiert "Exklusivzugang"

29. Oktober 2024, 06:55 Uhr

Es ist Krieg in der Ukraine, es ist Krieg im Nahen Osten, im Sudan, im Jemen, in Syrien. Die Liste ist lang. Klar, dass auch in Schulen großer Erklärungsbedarf besteht. In dieser Gemengelage hält die Bundeswehr an Schulen immer mehr Vorträge zur politischen Bildung. Die GEW kritisiert einen Exklusivzugang, obwohl es ein Werbeverbot gibt.

Sophie Jähnert, Jungoffizierin bei der Bundeswehr, steht in heller Dienstuniform vor 19 Jugendlichen einer elften Klasse des Delitzscher Ehrenberg-Gymnasiums. Sie ist Soldatin des zentralen Sanitätsdienstes und seit 2007 bei der Bundeswehr.

Ganz ungezwungen beginnt sie ihren Vortrag: "Ich hoffe, es hat keiner ein Problem damit, wenn ich euch duze, ihr könnt mich auch duzen. Also ich heiße Sophie", stellt sie sich vor. Mit Laptop und Beamer zeigt sie Bilder, Videos und Grafiken auf einer viel zu kleinen Leinwand, das Bild steht links und rechts über.

Nicht nur der Krieg in der Ukraine ist Thema

Sie spricht über Sicherheit und Bedrohungen, über Anschläge wie den auf die Synagoge in Halle. Über Fake-News, China und Russlands Krieg gegen die Ukraine "Hier in diesem Krieg sieht man immer wieder Kriegsverbrechen, da werden Krankenhäuser angegriffen, hier ist ein Bild, wo ein Kinderkrankenhaus in Kiew angegriffen wird".

Die Jungoffizierin spricht auch über die Nato, die EU und die UNO. Und natürlich über die Bundeswehr, die zurzeit mit 100 Milliarden Euro aufgerüstet wird. Sie zeigt ein Patriot-System. "Das ist ein Raketenwerfer und dazu gibt es einen Radar. Wenn da eine Rakete sich nähern würde, wird eine Gegenrakete geschossen", erklärt Jähnert.

Sie ist durchaus kritisch mit der Bundeswehr, wenn sie zum Beispiel erwähnt, dass manchmal auch Geld verschleudert wird, weil Funkgeräte nicht in Fahrzeuge passen. Werbung für die Truppe macht sie nicht. Das verbietet die Vereinbarung, die Sachsen, aber auch viele andere Länder, mit der Bundeswehr getroffen haben.

GEW: "Bundeswehr hat Exklusivzugang zu Schulen"

Burkhard Naumann von der Lehrergewerkschaft GEW in Sachsen äußert dennoch Kritik an den Veranstaltungen. Denn gerade bei Themen wie Krieg und Frieden sei die Bundeswehr eben nicht neutral, sie stecke mitten drin. Die Bundeswehr habe gerade in Sachsen, aber auch in anderen Bundesländern einen Exklusivzugang zu den Schulen. "Wir finden das nicht gut. Ich denke mal, dass die Werbung trotzdem passiert, allein durch die Präsenz, das Auftreten. Da werden ja junge Leute zum Nachdenken gebracht", befindet Naumann.

Wir finden das nicht gut. Ich denke mal, dass die Werbung trotzdem passiert, allein durch die Präsenz, das Auftreten.

Burkhard Naumann, GEW Sachsen

"Da wünsche ich mir nur, dass das nicht die Bundeswehr ist, sondern dass das übergreifende Organisationen sind, während die Bundeswehr ja einen klaren Auftrag hat, eine Zielrichtung und auch ein Nachwuchsproblem", so Naumann. Die Gewerkschaft fordert, die Zusammenarbeit mit der Bundeswehr zu beenden. Das sächsische Kultusministerium dagegen teilt mit, man werde an ihr festhalten. 

Verhaltenes Interesse der Jugendlichen

Als Sophie Jähnerts Vortrag in Delitzsch nach 90 Minuten endet, wollen die meisten Schülerinnen und Schüler nur schnell raus. So richtig groß schien ihr Interesse nicht gewesen zu sein, nur wenige hatten sich beteiligt, niemand hatte Fragen.

Und dennoch, einige scheint der Vortrag noch zu beschäftigen: "Meiner Meinung nach ist es schon gut, ein Heer zu haben, was verteidigen kann. Es sollte nur nicht der Fokus darauf gelegt werden, dass wir zu Angriffen über gehen. Also die Waffen zu nutzen, das sollte das letzte Mittel sein", findet Mia. "Es ist schon wichtig, ein funktionierendes Militär zu haben, also man sollte schon aufrüsten, aber nicht zu sehr, weil es kann auch als Provokation gelten", meint Niklas.

Die Zahl solcher Vorträge steigt. Vor der Pandemie, im Jahr 2019, waren es etwa 3.500 Vorträge, die die Bundeswehr an Schulen bundesweit hielt. Im Jahr 2022, als der russische Krieg in der Ukraine begann, waren es schon 4.000. 

Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 28. Oktober 2024 | 06:18 Uhr

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