Ein kleiner Hund schaut durch eine Lücke in einem Maschendrahtzaun, dahinter sind weitere Hunde zu sehen.
Ein aufgedeckter Fall von Animal Hoarding in Sachsen-Anhalt beschäftigt nun Tierheime in ganz Mitteldeutschland. (Symbolbild) Bildrechte: picture alliance / AP Images for The Humane Society of the United States | Kent Gilbert

Mensch-Tier-Beziehung "Animal Hoarding": Tiere und Menschen leiden unter der Sammel-Sucht

17. Februar 2025, 09:34 Uhr

Wenn Tierhaltung aus dem Ruder läuft und zu viele Tiere auf viel zu wenig Platz leben müssen, spricht man von Animal Hoarding, dem Tierhorten. Die Tiere leiden darunter. Aber auch die Menschen, erklärt ein Experte.

Nastassja von der Weiden
Bildrechte: MDR/Markus Geuther

Im Januar dieses Jahres sorgte ein Fall von sogenanntem Animal Hoarding in Bad Lauchstädt in Sachsen-Anhalt für Aufmerksamkeit. 119 Hunde wurden gerettet und auf Tierheime in ganz Mitteldeutschland verteilt. Die Hunde waren teilweise sich selbst überlassen worden und mussten in ihrem eigenen Kot leben, wie eine Tierheim-Mitarbeiterin aus Hildburghausen berichtet.

Animal Hoarding Der englische Begriff beschreibt das pathologische Sammeln und Horten von Tieren in großer Anzahl, wobei der Tierhalter oder die Tierhalterin der Versorgung und Pflege der Tiere nicht mehr ausreichend nachkommt. Eine tiergerechte Haltung, Ernährung, Hygiene und tierärztliche Versorgung werden nicht eingehalten.

Quelle: Forschungsgruppe "Mensch-Tier-Beziehung", Technische Universität Dresden

Das Phänomen "Animal Hoarding"

Animal Hoarding bezeichnet das pathologische Horten von Tieren. Es beschäftigt nicht nur Tierheime und Veterinärämter, sondern auch Forscherinnen und Forscher der TU Dresden. Zum ersten Mal wird das Phänomen nun von insgesamt vier Institutionen, darunter der Deutsche Tierschutzbund und der Verband der beamteten Tierärzte, wissenschaftlich fundiert in Deutschland aufgearbeitet.

Denn es ranken sich mitunter mehr Anekdoten als Fakten um das Thema, sagt Michael Schulze. Er ist Arzt und Gesundheitswissenschaftler und befasst sich seit vielen Jahren mit Menschen und Tieren, zum Beispiel mit der Frage, wie Tiere bei Suchterkrankungen gesundheitsförderlich helfen können. Schulze ist an der Forschung zu Animal Hording beteiligt und rechnet im Frühjahr 2026 mit Ergebnissen.

Tiere und Menschen leiden unter Animal Hoarding

Das Phänomen des Tier-Sammelns oder Tier-Hortens bekam Ende der 1990er-Jahre seinen Namen: "Animal Hoarding" bezeichnet das Halten und teilweise Züchten von Tieren. Aber anders als in Zoos, in denen auch viele Tiere versorgt und gehalten werden, läuft es aus dem Ruder. Die Tiere werden vernachlässigt, leben in katastrophalen Zuständen, auf viel zu wenig Platz, sterben. Kurz: Die Tiere leiden.

Aber auch die Menschen, erklärt Schulze im Gespräch mit MDR AKTUELL. Beim Thema Animal Hoarding gibt es verschiedene Informationsquellen. Forschung aus den USA benennt vier Typen von Menschen, die Tiere horten: den Retter, Pfleger, Züchter und Ausbeuter. Allen Typen ist gemein, dass ihnen die Tiere wortwörtlich über den Kopf wachsen. Sie handeln oft ohne böse Absichten. Die Menschen seien überfordert und ungewollter Nachwuchs der Tiere werde schnell zum großen Problem, sagt der Mediziner.

Auch seien es wohl mehr (mittelalte) Frauen als Männer, die Tiere sammeln würden, sagt Schulze. Zumindest werde das vermutet. Aktuelle Belege gebe es dafür allerdings nicht: "Deshalb gibt es unser Forschungsprojekt, um mehr über die Situation der betroffenen Menschen und Tiere zu erfahren."

Was tun bei einem Verdacht?

Alle Veterinärämter in Deutschland wurden von den Studienmacherinnen und -machern angeschrieben, der Rücklauf lag bei 80 Prozent: "Das ist sehr gut, wir waren beharrlich", sagt Schulze. Damit ist ein realistisches Einschätzen des Phänomens möglich. Ihn interessieren aber vor allem die Interviews mit Betroffenen: "Die Ursache zu finden ist wichtig. Also sich die Biographien der Menschen, die Tiere horten, anzuschauen." Psychische Erkrankungen und Notlagen könnten eine Erklärung für die Sammel-Sucht sein.

Die Ursache zu finden ist wichtig. Also sich die Biographien der Menschen, die Tiere horten, anzuschauen.

Michael Schulze, Arzt und Gesundheitswissenschaftler

Bei einem Verdacht, dass Menschen Tiere bei sich aufnehmen, "retten", "pflegen" oder "züchten", dabei aber den Bedürfnissen und der artgerechten Tierhaltung nicht oder nicht mehr nachkommen können, sollte man versuchen, die Menschen anzusprechen, rät Schulze. Oftmals sei das aber nicht möglich. Offiziell zuständig seien die Veterinärämter, die bei Verdachtsfällen auch eingeschaltet werden sollten.

Selbsthilfegruppen für Animal-Hoarder gebe es seines Wissens nach noch nicht. Anders ist das beim "Horten von nicht-belebten Objekten", sagt Schulze: "Das umgangssprachlich Messi-Syndrom genannte Sammeln ist ein Krankheitsbild, das bekannter und besser erforscht ist." Hier könne es sein, "dass sich mal ein Animal-Hoarder hinbegibt".

Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | Tierisch tierisch | 22. Januar 2025 | 15:00 Uhr

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