Neue Arbeitskultur Trotz Homeoffice: Büroflächen weiterhin gefragt, aber mit geänderten Bedürfnissen
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01. Juli 2023, 11:02 Uhr
Auch nach der Corona-Pandemie ist das Arbeiten von zu Hause noch weit verbreitet. Dies macht sich auch bei der Flächennutzung von Büros bemerkbar. Unternehmen benötigen weniger Fläche und müssen ihre Büros anderen digitalen Anforderungen anpassen. Eine hohe Homeoffice-Quote erfordere auch eine andere Führungskultur, erklärt Arbeitspsychologe Martin Zeschke.
- Der Mittelstand passe sich den veränderten Bedürfnissen an, erklärt Hans-Jürgen Völz vom Mittelstandsverband BVMW.
- Geänderte Bedürfnisse an Büroflächen seien bei den Vermietern angekommen, so Robert Vesely vom Immobilienverband IVD.
- Homeoffice kann für Führungskräfte zur Herausforderung werden, betont Arbeitspsychologe Martin Zeschke.
Weniger volle Büros. Diesen Trend sieht auch Friedrich Schmitz. Der Geschäftsführer vom Unternehmerverband Thüringen sagt aber auch, Büroflächen mit hochwertiger Ausstattung in zentrumsnaher Lage seien weiterhin gut gefragt, vor allem in Städten wie Erfurt und Jena. "Wir hatten vielleicht vor zehn Jahren in Erfurt einen Leerstand von 15 Prozent. Aktuell haben wir einen Leerstand von vier Prozent. Büroflächen, die auf den Markt kommen, sind innerhalb kürzester Zeit auch wieder vermarktet." Bei Büroflächen mit schlechterer Ausstattung in Randlagen sei die Vermietung aber schwieriger geworden.
Als Beispiel für die neue Arbeitskultur und den veränderten Flächenbedarf nennt er die Unternehmensberatung Price Waterhouse Cooper. Die sei vor zwei Jahren in die Erfurter Innenstadt umgezogen und brauche jetzt nur noch die Hälfte der Fläche. Mitarbeitende hätten dort keinen festen Arbeitsplatz mehr, sondern nur noch einen Container mit ihren Unterlagen.
Der Mittelstand passe sich an den Wunsch der Mitarbeitenden nach hybridem Arbeiten an, sagt der Chefvolkswirt des Mittelstandsverbands BVMW, Hans-Jürgen Völz. Er erklärt, bei neu anstehenden Vermietungen würden geringere Mieträume in Anspruch genommen, Flächen verringert und Flächen an andere Unternehmen abgegeben werden.
Immobilienverband IVD: Geänderte Bedürfnisse
Robert Vesely vom Immobilienverband IVD sieht hingegen keinen signifikanten Rückgang bei der Büroflächennutzung: "Das, was sich tatsächlich verändert, sind die Bedürfnisse, die die Büroflächen abbilden müssen, damit sie interessant sind. Der Flächenbedarf per se ist da eine Variable."
Hier, so der Magdeburger Unternehmer, gehe es um digitale Infrastruktur, aber auch um eine andere Raumgestaltung, damit zum Beispiel mehrere Telefonkonferenzen in einem Raum nicht zum akustischen Desaster würden. Das sei auch bei den Vermietern angekommen. Sie investierten entsprechend.
DBG Sachsen: Homeoffice braucht andere Führungskultur
Auch die stellvertretende Vorsitzende des DGB Sachsen, Daniela Kolbe, sieht keine dramatische Verwaisung von Büros: "Tatsächlich habe ich im Gespräch mit Beschäftigten und Unternehmen in Sachsen eher den Eindruck, dass an vielen Stellen noch eine Präsenzkultur herrscht."
Eine hohe Homeoffice-Quote brauche aber eine andere Führungskultur, so Kolbe. Und zwar eine, die auf Vertrauen und Achtsamkeit basiere. Das bestätigt auch Martin Zeschke, Arbeits- und Organisationspsychologe an der Universität Leipzig. Es sei eine Herausforderung, wenn Führungskräfte nicht mal eben im Büro vorbeikommen könnten.
"Hier ist es wichtig, dass man eine sogenannte zielorientierte Führung an den Tag legt. Das heißt, man gibt entweder den Beschäftigten die Autonomie, dass sie selber entscheiden können, wie sie welche Ziele erreichen wollen. Oder dass man gemeinsam die Ziele definiert und dann den Beschäftigten die Freiheit gibt, diese zu erreichen", so Zeschke.
Die beliebtesten Büro-Tage sind inzwischen übrigens Dienstag bis Donnerstag. Montags und freitags arbeiten die meisten lieber von zu Hause.
Dieses Thema im Programm: MDR AKTUELL | Das Nachrichtenradio | 29. Juni 2023 | 06:00 Uhr