Artenvielfalt fördern So legst du eine wilde Ecke für Insekten an
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18. November 2024, 12:23 Uhr
Wilde Ecken sind pflegeleicht und schaffen Lebensraum für Insekten. Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, sie anzulegen. Besonders wichtig dafür sind heimische Wildpflanzen. Wir haben drei Expertinnen gefragt, wie man eine wilde Ecke im Garten schafft, in der es blüht und summt.
Welche Insekten sollten besonders gefördert werden?
Grundsätzlich brauchen alle Insekten unsere Unterstützung. "Aber vor allem die Wildbienen und Schmetterlinge", sagt Ronald Bellstedt, Vorsitzender des Naturschutzbundes (Nabu) in Gotha. Er ist Entomologe, also ein Fachmann für Insekten. Viele Insekten sind hoch spezialisiert und auf bestimmte Pflanzen angewiesen. "Verschwindet eine Pflanzenart, so verschwinden damit auch sechs Insektenarten", erklärt der Insekten-Spezialist.
Verschwindet eine Pflanzenart, so verschwinden damit auch sechs Insektenarten.
Besonders Wildbienen-Arten sind davon betroffen. "Einige von ihnen bevorzugen die Pollen einer bestimmten Pflanze oder Pflanzenfamilie", so Bellstedt. Daher sei es für sie schwierig, in Gegenden zu leben, in denen es diese speziellen Pflanzen nicht gibt. Daher ist es besonders wichtig, beim Anlegen von insektenfreundlichen wilden Ecken, auf in der Region heimische Pflanzen zu setzen, um diese Insekten zu fördern.
Eine wilde Ecke für Insekten anlegen
Die Vorbereitung
"Um eine wilde Ecke anzulegen, sollte zunächst die Grassode an einem sonnigen Ort im Garten abgetragen werden", sagt Wolfram Kircher, Botaniker und Dozent an der Hochschule Anhalt in Bernburg. Er kennt sich mit Pflanzen und ihren optimalen Wachstumsbedingungen aus. Je magerer der Boden, desto besser. Die beste Zeit dafür ist im Herbst, denn dann kann direkt eine Saatgutmischung ausgebracht und mit einer dünnen Schicht Sand abgedeckt werden.
Welches Saatgut ist das richtige?
Ganz wichtig: Keine fertige Mischung aus dem Supermarkt nehmen. "Die enthalten viel gebietsfremdes Saatgut, teilweise auch aus dem Ausland", sagt Saatgut-Expertin Sandra Dullau. Sie ist Mitarbeiterin am Fachbereich Landwirtschaft, Ökotrophologie und Landschaftsentwicklung an der Hochschule Anhalt in Bernburg und forscht rund um das Thema naturnahe Begrünung. Sie kennt sich besonders gut mit heimischen Wildblumensamen aus.
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten, sich die richtigen Wildpflanzensamen in den Garten zu holen. Entomologe Ronald Bellstedt bevorzugt die natürlichste aller Varianten, um eine wilde Ecke zu begrünen: Einen einheimischen Strauch pflanzen und den Rest den Vögeln überlassen. "Dafür eignet sich zum Beispiel ein Weißdorn oder eine Heckenrose. Gerne etwas mit Dornen. Darauf lassen sich Vögel nieder und hinterlassen ihre Geschäfte. So bringen sie das regionale Saatgut ganz von allein in den Garten."
Wer lieber aussät, geht einfach Spazieren. "Das regionalste Saatgut gibt es auf der Wiese in meiner Nachbarschaft." Der Insekten-Experte empfiehlt, reife Blumensamen zu sammeln, die es im Überfluss gibt. Allerdings sollten Saatgutsammler mehrfach auf die Pirsch gehen, da die verschiedenen Sorten zu unterschiedlichen Zeiten reif sind. "Das Sammeln in der Umgebung sorgt dafür, dass die Pflanze unter den regionalen Bedingungen besonders gut wächst", ergänzt die Saatgut-Expertin. Alternativ hilft es auch, durch die Natur zu gehen und die Pflanzen mit einer Pflanzen-App zu analysieren. Dann lässt sich dieses Saatgut leicht nachkaufen.
Hier finden Sie eine Saatgutmischung für den Mitteldeutschen Raum, die Sandra Dullau empfiehlt.
Gräser eindämmen
Wichtig ist, dass in der wilden Ecke die Gräser nicht überhand nehmen. Darauf sollte von Anfang an geachtet werden. Zum Beispiel sollten beim Sammeln von Samen auf der Wiese keine Gräsersamen mitgenommen werden. "Die kommen von ganz allein", sagt Saatgut-Expertin Sandra Dullau. "Das ist auch ein Problem in kommerziellen Saatgutmischungen: Oft sind viel zu viele Gräser dabei. In urbanen Saatgutmischungen, die Wert auf eine langhaltende Blütenpracht legen, sind maximal niedrigwachsende Gräser zu finden. Die Gräser verdrängen sonst die wichtigen Wildkräuter."
Die wilde Ecke pflegen
Eine wilde Ecke ist zwar pflegeleicht, ganz ohne Pflege wird sie jedoch schnell zu wild und Sträucher sowie Gräser nehmen Überhand. Für die Insekten ist es am besten, wenn die wilde Ecke so groß ist, dass sie ab Mai stückweise geschürt werden kann. Das bedeutet, dass die Pflanzen auf etwa acht bis zehn Zentimeter abgemäht werden. Durch das Schüren werden die Gräser unterdrückt, die zu schnell wachsen und ein zweiter Austrieb der Pflanzen gefördert, erklärt Saatgut-Expertin Sandra Dullau. Darüber kann auch kontrolliert werden, welche Pflanzen sich gut durchsetzen können und welche nicht. Dann kann ganz gezielt nachgesät werden.
Ist die Fläche zu klein, um sie Stück für Stück zu schüren, ist natürlich auch ein einmaliger Schnitt möglich. Im ersten Jahr kann der sogenannte Schröpfschnitt im Frühjahr stattfinden, erklärt Botaniker Wolfram Kircher, wenn die Saaten etwa 20 Zentimeter Höhe erreicht haben. Diese werden dann auf sieben bis acht Zentimeter geschröpft. So werden kleinere Wildkräuter gefördert. Ein weiterer Schnitt kann dann stattfinden, wenn die Wildpflanzen zu hoch gewachsen sind.
"Das Schnittgut sollte nicht zum Mulchen zerkleinert werden. Wird es geschreddert, werden auch die Insekten geschreddert", sagt Insekten-Experte Ronald Bellstedt. Besser ist es, wenn es eine Weile liegen bleibt, trocknet und dann abgenommen wird. In keinem der Fälle sollte das Schnittgut zum Mulchen der wilden Ecke genutzt werden. Der Boden sollte offen bleiben, da die Samen der einzelnen Pflanzen zu unterschiedlichen Zeitpunkten reif sind. So können sich die Pflanzen immer wieder selbstständig aussäen.
Quelle: Sandra Dullau, Mitarbeiterin am Fachbereich Landwirtschaft, Ökotrophologie und Landschaftsentwicklung an der Hochschule Anhalt; Ronald Bellstedt, Entomologe und Vorsitzender des Nabu in Gotha; Prof. Dr. Wolfram Kircher, Botaniker und Dozent an der Hochschule Anhalt; MDR (eta)
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | MDR Garten | 24. Februar 2024 | 10:00 Uhr