Berufe im Porträt Am Theater arbeiten – als Bühnenbildner oder Szenografin
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13. Februar 2024, 15:17 Uhr
Jobs am Theater gibt es nicht nur auf der Bühne – sondern auch hinter den Kulissen. Als Bühnenbildner*in entscheidet die eigene Idee, wie ein Stück bei der Premiere aussieht. Was macht man noch alles als Bühnenbildner oder Szenografin? Wie läuft die Ausbildung? Hier gibt es alle Infos zu Gehalt, Arbeitsalltag und wo man sich in Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen ausbilden lassen kann. Dazu haben wir mit einem angestellten Szenografen und einer freischaffenden Bühnenbildnerin gesprochen.
Inhalt des Artikels:
- Was macht ein Bühnenbildner oder eine Szenografin?
- Bühnenbild und Szenografie: Für wen eignet sich der Beruf? Für wen eher nicht?
- Welche Fähigkeiten und Qualifikationen brauche ich als Bühnenbildnerin?
- Wie kann ich Szenografin werden? Wo kann ich Szenografie studieren?
- Wie läuft das Studium Bühnenbild bzw. Szenografie ab?
- Wie sieht ein typischer Arbeitstag einer Bühnenbildnerin aus?
- Wie sind die Arbeitszeiten als Bühnenbildner? Gibt es Teilzeitmodelle?
- Welches Gehalt erwartet mich später im Beruf?
- Wie gefragt ist der Beruf? Welche Chancen auf dem Arbeitsmarkt habe ich?
Was macht ein Bühnenbildner oder eine Szenografin?
Wer eine Theatervorstellung besucht, sieht das Ergebnis aufwändiger Vorbereitungen. Für die visuelle Gestaltung sind die Bühnenbilder*innen verantwortlich – auch Szenograf*innen genannt – so wie Elena Scheicher.
Für das neue theater in Halle hat Scheicher beispielsweise das Bühnenbild der Inszenierung "Die Lage" über Wohnungsnot geschaffen. Statt in einer Wohnung spielen die Schauspieler*innen wie Gladiatorenkämpfer in einer Art Arena, die sich Scheicher ausgedacht hat. Deswegen beschreibt der Begriff Szenografie auch etwas treffender, was Bühnenbildner*innen machen, denn es wird nicht nur etwas dekoriert, sondern etwas erschaffen.
Szenografie ist eine Welt ohne Grenzen, die Bühne kann alles sein.
"Das Bühnenbild ist das Erste, was Zuschauer*innen von der Bühne sehen", betont Elena Scheicher. Das Publikum abzuholen und mit auf die Reise durch die Inszenierung zu nehmen, findet sie daran besonders erfüllend.
Doch bis zum fertigen Bühnenbild ist es ein langer Weg. Max Schwidlinski ist Hausszenograf für das neue theater und Thalia Theater in Halle. Zuletzt hat er hier das Bühnenbild für das "Vorglühen" als Strandbar im Theater-Innenhof realisiert. Er erklärt, welche Arbeitsschritte vor dem fertigen Bühnenbild passieren müssen:
In Abstimmung mit der Regie wird etwa ein halbes Jahr vor der Premiere ein Konzept für das Bühnenbild entworfen. Man fertigt Skizzen an und baut ein Modell des Entwurfs. Später wird in den Werkstätten der Theaterhäuser aus den Ideen der Szenograf*innen das echte Bühnenbild. Für das gibt es vor der Abgabe noch eine sogenannte Bauprobe. Im Anschluss proben die Schauspieler*innen sechs Wochen für die Inszenierung. Währenddessen sind auch die Bühnenbildner*innen dabei und passen letzte Feinheiten am Bühnenbild an.
Bühnenbild und Szenografie: Für wen eignet sich der Beruf? Für wen eher nicht?
Insgesamt sei Bühnenbildner*in ein Beruf, der sehr vielseitig, aber auch sehr arbeitsintensiv ist, erzählen Max Schwidlinski und Elena Scheicher.
Man muss ein gewisses Maß an Wahnsinn für den enormen Aufwand mitbringen.
Bühnenbild verbindet viel von der theoretischen bis zur praktischen Ebene, erklärt Elena Scheicher. Das sei es auch, was sie so sehr an dem Beruf liebe: eine literarische Ebene zu visualisieren.
Max Schwidlinski gibt zu, Bühnenbild sei die erste Tätigkeit, die ihn nicht bereits nach einem halben Jahr gelangweilt hätte: "Ich habe permanent das Gefühl, dass ich immer weiter etwas lerne." Immer neue Aufgaben und eine sehr abwechslungsreiche Tätigkeit – gerade für Menschen, die so etwas in ihrem Beruf suchen, kann Bühnenbildner*in erfüllend sein.
Welche Fähigkeiten und Qualifikationen brauche ich als Bühnenbildnerin?
"Man muss schon ein gewisses ästhetisches Grundgefühl mitbringen", erklärt Schwidlinski. Zeichnen sollte man können, entweder von Hand oder digital, betont Elena Scheicher. Auch handwerkliche Fähigkeiten gehören später fest zum Arbeitsalltag.
Man sollte eine große Liebe zum visuellen Gestalten mitbringen. Man muss ein kleines Schweizer Taschenmesser sein: gerne malen und gestalten und stricken und so ein bisschen alles können.
Insgesamt wird viel im Team gearbeitet – und das kann bei jeder Produktion aus neuen Leuten bestehen. Man sollte also offen für Austausch sein und sich schnell auf neue Menschen einlassen können.
Ein Päckchen Selbstbewusstsein, sei auch wichtig, rät Elena Scheicher: Man müsse sich gut verkaufen können. Ausschlaggebend für die Berufswahl waren für Scheicher und Schwidlinski aber vor allem ihre Lust an der Kreativität und daran, etwas selbst zu erschaffen.
Wie kann ich Szenografin werden? Wo kann ich Szenografie studieren?
Szenografin oder Bühnenbildner ist keine geschützte Berufsbezeichnung. Man kann also bspw. aus anderen Beschäftigungen am Theater oder aus Architektur und Design quereinsteigen. Die meisten kommen allerdings über ein Studium in den Beruf, so wie auch Elena Scheicher und Max Schwidlinski.
Die meisten Studiengänge in diesem Feld vereinen Bühnenbild und Kostümbild. An der Hochschule für Bildende Künste in Dresden bspw. gibt es so einen Studiengang Bühnen- und Kostümbild. Darüber hinaus bieten mehrere Hochschulen in Berlin das Studienfach an, aber auch in Stuttgart, Hannover oder München kann man in Deutschland Bühnenbild studieren.
Wie läuft das Studium Bühnenbild bzw. Szenografie ab?
Jede Hochschule hat ihre eigenen Schwerpunkte im Bühnenbildstudium. Neben theoretischen Seminaren zu Dramaturgie oder Theatergeschichte, ist die Arbeit häufig projektbezogen. Die Studierenden erarbeiten also im Laufe des Semesters Konzepte, Entwürfe und Modelle eines Bühnenbilds. Darüber hinaus gibt es Kooperationen für tatsächliche Theaterinszenierungen oder auch Filmdrehs.
Insgesamt sei es viel "Lerning by Doing" fasst Elena Scheicher ihr Studium zusammen. Max Schwidlinski erzählt, er habe in seinem Studium auch die handwerklichen Fähigkeiten in verschiedenen Kursen gelernt; vom technischen Zeichnen über Modellbau bis zu Designprogrammen wie Adobe Photoshop oder InDesign.
Wie sieht ein typischer Arbeitstag einer Bühnenbildnerin aus?
Den typischen Arbeitstag einer Bühnenbildnerin gibt es nicht. "Jeder Tag ist wirklich 100 Prozent anders", beschreibt Scheicher. Ausschlaggebend für die Aufgaben des Tages ist vor allem die Produktionsphase: Während der Konzeptionsphase arbeiten die Szenograf*innen relativ frei in ihren Ateliers. Zum Aufbau der Bühnenbilder und der Probenphase sind sie dann im Theater vor Ort.
Wie sind die Arbeitszeiten als Bühnenbildner? Gibt es Teilzeitmodelle?
Entsprechend unterschiedlich sind auch die Arbeitszeiten. Während der Konzeptionsphase können Bühnenbildner*innen ihre Arbeitszeit weitgehend selbst verwalten. Während der Probenphase für eine Inszenierung sind die Arbeitszeiten allerdings festgelegt.
Elena Scheicher erklärt, dass die Probenzeiten gewöhnlich 10 bis 14 Uhr und 19 bis 22 Uhr liegen. Die Pause dazwischen sei für die Bühnenbildner*innen allerdings eine Gelegenheit für weitere Anpassungen am Bühnenbild. Für diese sechs Wochen einer Produktion sind die Tage also lang und voll.
Da sich auch Bühnenbildner*innen in der Probenphase nach den Probenzeiten richten müssen, gebe es eigentlich keine Teilzeitmodelle, erzählt Scheicher. Es bestehe vereinzelt die Möglichkeit, mit dem Team abzusprechen, dass man an den Abendproben nicht teilnimmt.
Szenograf*innen mit Kindern würden statt klassischer Teilzeit mit verkürzten Arbeitstagen eher insgesamt weniger Produktionen im Jahr realisieren, so Scheicher. Die Probenzeiten müssen dann natürlich trotzdem überbrückt werden, aber dann beispielsweise nur zwei Mal im Jahr.
Auch als angestellter Szenograf werden lange Arbeitszeiten vorausgesetzt, erzählt Max Schwidlinski. In seinem Arbeitsvertrag sind die theaterüblichen Arbeitszeiten am Abend genauso vermerkt, wie auch mal eine 48-Stunden Arbeitswoche.
Es ist ein Job, der das Leben auffrisst, im besten Sinne.
Welches Gehalt erwartet mich später im Beruf?
Im Jahr sollte man drei bis vier Produktionen machen, da sind sich Elena Scheicher und Max Schwidlinski einig. Dabei könne man mit 8.000 bis zu 15.000 Euro Honorar pro Produktion rechnen. Die Honorare sind Verhandlungssache, orientieren sich aber vor allem an der Größe des Theaterhauses und den Erfahrungsjahren der Szenograf*in. So kommt man auf ein Jahreseinkommen von ca. 30.000 bis 40.000 Euro.
Es ist immer zu wenig Geld und immer zu viel Zeit.
Der Trend gehe dazu, nur eine Person zu engagieren, die für Bühne und Kostüme gemeinsam verantwortlich ist, erzählt Schwidlinski. So lassen sich Kosten auf der Theaterseite sparen, gleichzeitig bekommt eine Person ein höheres Honorar für die Produktion.
Seine ersten zwei Jahre als freischaffender Szenograf nach dem Studium seien finanziell nicht immer einfach gewesen, so Schwidlinski: "Da hat man im Dezember noch Geld vom letzten Projekt und weiß, man schafft es noch bis über den Februar, weiß aber nicht, wie es danach weitergeht. Und dann kommt im Februar der Anruf für das nächste Projekt, aber das sind dann schon sehr harte anderthalb Monate." Mit der befristeten Festanstellung hätte er gerade etwas Sicherheit, "weil ich gerade weiß, dass ich die nächsten zwei Jahre Miete zahlen kann, Essen habe usw."
Wie gefragt ist der Beruf? Welche Chancen auf dem Arbeitsmarkt habe ich?
Die meisten Szenograf*innen sind freiberuflich tätig, wie Elena Scheicher. Angestellte Bühnenbildner wie Max Schwidlinski sind in der Minderheit. Schwidlinski erzählt, dass es nach seinem Gefühl mehr studierte Szenograf*innen gebe als Angebote für Produktionen an den Theaterhäusern.
Wichtig sei, so Scheicher, dass man sich im Idealfall schon während des Studiums ein gutes Netzwerk in der Branche aufbaut. Auch unbezahlte Projekte, vor allem während des Studiums, seien ein guter Weg, um Kontakte und Erfahrungen zu sammeln. Auch Schwidlinski erzählt, ein Großteil der Auftragsvergabe passiere über direkte Anfragen durch Bekanntheit. Dass Anfragen für Produktionen ausgeschrieben würden, passiere eher selten.
Man muss sich schon ein bisschen durchboxen.
Scheicher findet, Szenografie sei ein Beruf, für den man kämpfen müsse: "So wie man auch dafür kämpfen muss, mit seiner Malerei Geld zu verdienen oder die einzige Pianistin im Orchester zu sein." Das ist im Bühnenbild genauso wie anderswo in der Freien Kunst.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 20. März 2023 | 17:10 Uhr