Streaming-Highlights Hörtipps im Dezember: Fünf Podcasts für gemütliche Wintertage
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25. Dezember 2024, 04:00 Uhr
Die Weihnachtszeit und die Tage zwischen den Jahren laden dazu ein, einfach mal die Augen zu schließen und tief durchzuatmen. Für solche kleinen Auszeiten haben wir besondere Podcasts aus der ARD Audiothek zusammengestellt – echte Hörerlebnisse, die Sie entspannt und inspiriert ins neue Jahr begleiten. Freuen Sie sich auf eine liebevolle Hommage an das analoge Radio und eine humorvolle Verneigung vor Bachs Goldberg-Variationen. Schwelgen Sie in Gastfreundschaft, lassen Sie alte Träume wieder aufleben und blicken Sie mit einem Augenzwinkern hinter die Kulissen der Popmusik. Unsere Tipps!
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"Das Radio als Welterzähler" – In die Vergangenheit lauschen
Wie klang die analoge Welt? In diesem Juwel vom Feature-Meister Helmut Kopetzky ist es konserviert. 2009 treffen sich Magnetband-Veteranen, Tonmeister und Regisseure, in den Funkhäusern der Masuren-Allee (West-Berlin) und der Nalepastraße (Ost-Berlin) und plaudern darüber, wie der technische Wandel, die Bits und Bytes, das Hören und Denken veränderten. Anlass, sich noch einmal alte Bänder vorzuspielen und historische Momente Revue passieren zu lassen. Früher, heißt es, kam aus allen Räumen Musik und das Spulgeräusch der Bänder. Heute ist es still.
Als Ohrenmensch hat mich die Wiederentdeckung dieses Klassikers einfach glücklich gemacht. Denn es ist noch vom klanglichen Erleben her gedacht und doch sehr bildhaft. Da wird die Hörspielproduktion als körperliche Leidenschaft beschrieben – als ein Tanz zwischen Bändern. Spannend ist aber auch eine Nebenerzählung über den Wettstreit zwischen den Rundfunkarchiven Ost und West. Heute, wo die nächste Revolution ansteht – Stichwort: KI – klingt das Feature sehr aktuell.
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Das Radio als Welterzähler
SWR Kultur
Produktion: Deutschlandfunk / Saarländischer Rundfunk 2009
Autor: Helmut Kopetzky
Feature: 55 Min
"Goldberg für alle" – Schmunzelnd meditieren
Man könnte Glenn Gould doch mal umkehren und Bachs Goldbergvariationen extrem verlangsamen – und dann mit Saxophon, Querflöte und Mundharmonika spielen. Wer weiß, ob das die Grundidee für dieses hypnotische Hörspiel war, jedenfalls: Es wirkt. Vor allem, wenn die beschwörende Stimme von Jacques Palminger (Studio Braun) hinzukommt, driften wir benebelt ab in surreale Traumwelten und warten gespannt auf das nächste Wort. "Nagellack-Dämpfe". "Champagna-Laune". Hört man selten, klingt aber.
Allein schon die Episode, in der Palminger akribisch den Mundinnenraum beschreibt, mit den Zähnen als Galeerensklaven, hat mich begeistert. Es mündet in eine katastrophale dentale Bestandsaufnahme: "kariös, zerstört, kariös, zerstört". Auch die fantasievollen Suggestionen der Wirkung von Bachs Musik durch kurze Zwischenansagen nehmen den Mund ziemlich voll: "Am Ende wird die Doppelhelix der Variation als 3-D-Animation vor uns im Raum stehen". Großartig.
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Goldberg für alle - Surrealistische Hörspiel-Hypnose
WDR Hörspiel
Produktion: WDR 2016
Autor: Jacques Palminger
Länge: 53 Min
"Ostwärts" – Im Paradies der Gastfreundschaft
Einst kam die Welt über das Ohr zu uns nach Hause, durch das Radio. Daran knüpft dieser neue Reise-Podcast an. Autorin Julia Finkernagel plaudert, zu Gast bei Nikolas Golsch, gut gelaunt über ihre Trips gen Osten, gern zu Fuß oder auf dem Pferderücken. Das hat zuweilen einen Making-Off-Charakter, da sie an ihre Filme anknüpft. Doch braucht es die Bilder gar nicht, um sich die Situationen, in die sie gerät, vorzustellen. Dass es dabei um "Fernweh und Fettnäpfchen" geht, gefällt mir besonders.
Und wo ist es gefährlicher als auf dem Feld der Gastfreundschaft? Die Folge hätte "Zu Gast im Paradies" heißen können, heißt aber jetzt "Bootcamp für die Leber". Doch halt, getrunken und getafelt wird immer stilvoll und auf höchstem Niveau. "Besser als bei uns am Stammtisch", sagt Finkernagel. Dem kann ich nur zustimmen. In einem Kloster an der Südossetischen Grenze war ich vor Jahren zu Gast beim vermutlich abgeschiedensten Animationsfilmfestival der Welt. Es wurde mehr getafelt und gesungen als Filme geschaut.
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Ostwärts – Reisen zwischen Fernweh und Fettnäpfchen
Folge: "Georgien – Bootcamp für die Leber"
Produktion: MDR 2024
Länge: 40 Minuten
Mit Julia Finkernagel und Nikolas Golsch
"Telephobia" – Einmal Sternchen sein
Wer ungern zum Telefon greift, so wie ich, wird sich von dieser Podcast-Prämisse sofort überzeugen lassen: In "Telephobia – Dieser eine Anruf" geht es in jeder Folge – eben – um einen Anruf, der noch aussteht. Teilweise schon seit Jahren. Klar, dass dahinter immer eine interessante Geschichte steckt und am Ende der Folge ein Anruf steht, die Auflösung. Ein rundes Konzept. Host Lea ist Rechercheurin, persönlicher Coach und Telefonistin in einem.
Die Folge "Marv und die Sterne über Korsika" handelt von einem unscheinbaren jungen Mann, der vor Jahren zufällig in den Schlagerhimmel katapultiert wurde, nur für eine Saison, und wieder zum funkelnden Sternchen werden will. Die Geschichte ist bereits so skurril, dass ich in der S-Bahn, wo ich sie hörte, immer wieder öffentlich den Kopf schütteln musste. Die Story führt tief ins das Schlager- und Show-Business, das alte und das neue, und hinein ins KI-Zeitalter. So einen großen Bogen hatte ich gar nicht erwartet.
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Telephobia - Dieser eine Anruf
Folge: "Marv und die Sterne über Korsika"
Produktion: BR 2024
Länge der Folge: 50 Minuten
Host: Lea Utz
"Dr. Pops Tonstudio" – Popmusik durchschauen
Dr. Pop hat die kurze Form perfektioniert, mit Prägnanz und trockenem Humor. Pop-Musik-Wissenschaft ist ja an sich schon selten, gepaart mit Comedy noch seltener. Man staunt, was sich in maximal 4 Minuten alles so analysieren lässt. Welche Akkordfolge macht den Hit? Wer hat wen kopiert? Wo wurde bei der Klassik abgeschaut? Wie würde „La Isla Bonita“ von Michael Jackson gesungen klingen? Kein Scherz, es wurde für ihn geschrieben.
Oder nehmen wir diese jüngere Folge: "Quatsch-Lyrics". Von Rihanna bis Herbert Grönemeyer gibt es schöne Beispiele. Und Adriano Celentano trieb das Ganze auf die Spitze und gelangte mit einem Song in Pseudo-Englisch in die Charts – außer in UK. Wenn es gut läuft, produziert Dr. Pop den Hit in seinem Tonstudio noch mal neu, in ungefähr 20 Seknden. Macht immer gute Laune und ist bei mir ein Evergreen.
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Dr. Pops Tonstudio
Folge: "Erfolg mit Quatsch-Lyrics"
Produktion: RBB 2024
Länge der Folge: 4 Min
Autor: Dr. Pop (Markus Henrik)
Über mich Ich bin Lars Meyer und für MDR KULTUR als Filmkritiker und Feature-Autor unterwegs, immer auf der Suche nach anregender Filmkunst und inspirierenden Hörerlebnissen.
Dieses Thema im Programm: SWR Kultur / Feature | 18. August 2024 | 15:05 Uhr