
Klassikerlesung | 31.03. bis 30.04. 2025 Giacomo Casanova: Geschichte meines Lebens
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28. März 2025, 04:00 Uhr
Das Leben des Abenteurers und Genussmenschen Casanova
In "Geschichte meines Lebens" schildert Giacomo Casanova in französischer Sprache auf mehr als viertausend Seiten die ersten 49 Jahre seines wechselvollen und ungewöhnlichen Lebens. Seine Memoiren gehören zur Weltliteratur und den großen kulturgeschichtlichen Dokumenten des 18. Jahrhunderts.
Als genialer Dilettant reiste Casanova durch ganz Europa und schien in den Künsten und Wissenschaften ebenso zu Hause zu sein wie in Diplomatie und Geschäftstüchtigkeit. Mit der Kühnheit und Unverfrorenheit des Hochstaplers nahm Casanova jede Herausforderung an, öffneten sich ihm die Fürsten- und Königshäuser Europas und er führte ein unvergleichlich abwechslungsreiches, geradezu phantastisches Leben. Nicht zuletzt erzählt er in seinen Memoiren von seinen amourösen Abenteuern mit Frauen jeden Alters und Standes, wodurch er als größter Liebhaber aller Zeiten gilt.
In dieser Klassikerlesung hören Sie Auszüge aus dem ersten Buch der Memoiren.
Veröffentlichungsgeschichte von "Geschichte meines Lebens"
Die Autobiografie Giacomo Casanovas blieb lange unveröffentlicht. Der Verleger F.A. Brockhaus erwarb das Manuskript 1821 von einem entfernten Verwandten Casanovas und veröffentlichte von 1822 bis 1828 die erste, mit Rücksicht auf die Zensur stark gekürzte, deutschsprachige Ausgabe. Als Reaktion auf einen in Paris erschienen Raubdruck brachte Brockhaus zwischen 1826 und 1838 die sogenannte "Edition originale" in französischer Sprache heraus, eine vom zuständigen Herausgeber Jean Laforgue (1782-1852) stilistisch und inhaltlich stark bearbeitete Fassung des Urtextes.
Das ganze 18. Jahrhundert tummelt sich in seinen Memoiren und lacht und räsoniert und hurt; in keinem anderen Buch ist es so lebendig, so deutlich, so zum Riechen, Fühlen, Schmecken nah.
Die meisten nachfolgenden Veröffentlichungen der Memoiren Casanovas beruhen auf diesen beiden Ausgaben, da der Brockhaus-Verlag den Zugriff auf das Originalmanuskript bis in die 1950er-Jahre verweigerte. Eine ungekürzte und wortgetreue Fassung des Textes erschien erstmals 1960 bei Brockhaus in Zusammenarbeit mit dem französischen Verlag Edition Plon. Die erste deutsche Übersetzung dieser Urfassung von Heinz von Sauter erschien ab 1965 im Propyläen-Verlag Berlin.
2010 erwarb der französische Staat das Originalmanuskript von der Verlegerfamilie Brockhaus für die Rekordsumme von 7,5 Millionen Euro. Die literarische Rarität befindet sich in der französischen Nationalbibliothek in Paris.
Am 2. April jährt sich Casanovas Geburtstag zum 300. Mal
Giacomo Casanova wurde am 2. April 1725 in Venedig als Sohn eines Schauspieler-Paars geboren. Casanova studierte ab 1737 Theologie und Jura an der Universität Padua und erwarb 1742 den Titel des Doktors beider Rechte. 1755 wurde er in Venedig wegen "Schmähungen gegen die heilige Religion" in den Bleikammern des Dogenpalastes eingekerkert, aus denen ihm 1756 seine berühmte Flucht gelang.
Casanova reiste durch Europa und verkehrte überall in den höchsten Kreisen der Gesellschaft. Im Jahre 1757 gründete er die erste Lotterie Frankreichs und verdiente damit ein Vermögen. Ab 1758 benutzte er den selbstverliehenen Adelstitel "Chevalier de Seingalt". 1760 ernannte ihn Papst Clemens XIII. zum "Ritter des goldenen Sporns". Er hielt sich an den Höfen Friedrichs des Großen, Josephs II. und Katharinas der Großen auf, traf berühmte Zeitgenossen wie Voltaire, Johann Joachim Winckelmann, Benjamin Franklin oder Madame Pompadour.
1785 nahm der Sechzigjährige, mittellos und des Reisens müde, eine Stelle als Bibliothekar des Grafen Waldstein auf Schloss Dux in Böhmen an, wo er seine Memoiren schrieb. Er starb am 4. Juni 1798 in Dux (heute Duchcov).
Indem ich mir die genossenen Freuden ins Gedächtnis zurückrufe, erneuere ich sie und genieße ihrer zum zweiten Mal. Der Leiden aber, die ich ausgestanden habe und jetzt nicht mehr fühle, ihrer lache ich.
Der Schauspieler Martin Held
Martin Held, wurde 1908 in Berlin-Wedding geboren. Nach einer Lehre als Feinmechaniker erhielt er seine schauspielerische Ausbildung an der "Hochschule für Musik und darstellende Kunst" Berlin. Erste Engagements hatte er unter anderem in Darmstadt und Frankfurt am Main.
1951 holte ihn Boleslaw Barlog an die Staatlichen Schauspielbühnen nach Berlin. Dort spielte er mit allen Schauspielern seiner Zeit: Fritz Kortner, Bernhard Minetti, Gert Voss, Ulrich Wildgruber, Horst Bollmann und andere. Als unvergessen gelten die Inszenierungen der Stücke Samuel Becketts.
Sein Filmdebüt gab Martin Held 1951 im Melodram "Schwarze Augen". Für seine Darstellung des SS-Obergruppenführers Reinhard Heydrich im Film "Canaris" (1954) erhielt er als bester Nebendarsteller das Filmband in Gold. In der Justizsatire "Rosen für den Staatsanwalt" (1959) brillierte er als Staatsanwalt Dr. Schramm, den seine NS-Vergangenheit einholt. 1980 wurde der Schauspieler mit dem Bundesfilmpreis für sein langjähriges und hervorragendes Wirken im deutschen Film ausgezeichnet. Martin Held starb 1992 in Berlin.
Angaben zur Sendung
MDR KULTUR Klassikerlesung
Sendung im Radio: 31.03. bis 30.04. 2025
Montag bis Freitag jeweils 14:10 Uhr
Geschichte meines Lebens
Von Giacomo Casanova
Übersetzung: Heinrich Conrad
Lesung mit Martin Held
Produktion: SFB 1965
21 Folgen
Die Lesung ist bis zum 28. September 2025 verfügbar. Die 21 Folgen, die wir im Radio senden, sind online in acht Teile zusammengefasst.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | MDR KULTUR Lesezeit | 31. März 2025 | 14:10 Uhr