Eingangsbereich eines mit Graffiti übersähten Flachbaus
Im November 1990 traten die vier Musiker von Mayhem im Leipziger Eiskeller, dem heutigen Conne Island, auf. Bildrechte: IMAGO / POP-EYE

Black Metal Mayhem in Leipzig: Wie ein Konzert 1990 eine ganze Musikrichtung prägte

16. Januar 2025, 04:54 Uhr

Die norwegische Black-Metal-Band Mayhem spielte vor mehr als 30 Jahren ein Konzert in Leipzig. Die Show im damaligen Eiskeller (heute "Conne Island") gilt als Geburtsstunde des Black Metal. Metal-Fan Abo Alsleben hatte die Konzertreise der legendären "Skandal-Band" damals organisiert. MDR KULTUR-Musikredakteur Jan Kubon hat 2022 mit ihm über Mayhem gesprochen – warum die Band von der untergehenden DDR fasziniert war, sich vor Nazis im Osten fürchtete und was die Gedankenwelt der Musiker ausmachte, erfahren Sie im Interview.

MDR KULTUR: Was hat Sie damals angetrieben, die Auftritte von Mayhem im Osten bzw. Leipzig zu organisieren? Geschah das aus Ihrem Fansein heraus, gab es finanzielle Interessen oder war es einfach eine gute Zeit, "die" Skandalband in den Osten zu holen?

Abo Alsleben: Naja, eine "Skandalband" wurde Mayhem erst ein halbes Jahr später, als sich Sänger Dead mit einer Schrotflinte den Kopf wegschoss und der Gitarrist Euronymous wiederum zwei Jahre später mit 17 Messerstichen von einem Rivalen abgeschlachtet wurde. Dazu kamen diverse Kirchenbrandstiftungen in Norwegen und ein Mord. Die Band rückte also erst drei Jahre später, nämlich 1993, in den medialen Fokus und der norwegische Black Metal wurde weltbekannt und gefürchtet. Ein Mythos!

Als ich Mayhem kennenlernte, war Norwegen ein weißer Fleck auf der musikalischen Landkarte unseres Planeten und Mayhem eine völlig unbekannte Garagenband. Ich brachte zur Wendezeit ein Fanzine namens "Cadaver, Corpse & Bowels" heraus und suchte die extremsten Bands, um sie zu interviewen und ihre Musik zu reviewen. Und so stieß ich auf Mayhem und schrieb sie an. Daraus entwickelte sich ein reger Schriftverkehr mit dem Gitarristen Euronymous, der dann Mitte 1990 fragte, ob ich drei Konzerte in der Noch-DDR organisieren könnte, weil sie auf Europa-Tournee gehen wollten.

selbstgestaltetes schwarz-weiß Cover eines Fan-Magazins aus der Metal-Szene mit verlaufender Schrift und einem Foto mit einer Puppe im Gleisbett liegend
Abo Alsleben nahm als Herausgeber des Fanzines "Cadaver, Corpse & Bowels" in der Wendezeit Kontakt mit Mayhem auf. Später organisierte er eine Tour der Band durch die DDR. Bildrechte: Abo Alsleben

Die DDR faszinierte ihn vor allem deshalb, weil sie dem Untergang geweiht war und für ihn einen morbiden Charme hatte. Euronymous war Mitglied der norwegischen Roten Jugend, einer kommunistischen Organisation und interessierte sich sehr für Diktaturen und totalitäre Systeme und wollte gern mal eins kennenlernen. Seinen Briefkopf schmückte zum Beispiel das Wappen Albaniens, weil dort alle Religionen unter Todesstrafe standen.

Jedenfalls fragte er mich, ob es zum Bürgerkrieg kommen könnte, sollte sich die BRD mit der DDR vereinigen, weil es im Westen viele Nazis gab und im Osten Kommunisten. Euronymous war ganz versessen auf Bücher, die in der DDR gedruckt waren, auf Bilder von Parteiführern und Fahnen. Er schrieb mir: "Ich bin tödlich davon besessen, all das Zeug zu sammeln! In anderen Ländern zerstören sie alles. Es wird schwierig, das später zu kriegen." Finanzielle Interessen gab es meinerseits überhaupt nicht, alles Geld was reinkam, ging an die Band und ich bezahlte meine Zugfahrkarten selber.

Wie war die Situation in der Metal-Szene Anfang der 90er-Jahre: Viele der Clubhäuser, die ja auch Metal-Konzertorte waren, wurden geschlossen, klassische Szeneorte orientierten sich um. Wie haben Sie die damalige Band-Szene gesehen?

In der Tat schlossen die Locations nach und nach. Von den drei Konzertstätten, in denen Mayhem 1990 spielten, gab es ein Jahr später nur noch den Eiskeller in Leipzig. Dafür wurden große Events aus dem Boden gestampft, wie das "Thrashing the East-Festival" in der Berliner Werner-Seelenbinder-Halle mit Kreator, Sabbath, Tankart und Coroner, wo alle "Zonis" hinrammelten und sich die verstaubten LPs aus dem Hause Noise Records einsackten, die als Organisatoren fungierten. Der Kommerz rückte auch im Metal immer mehr in den Vordergrund. Hatte man sich ein Jahr zuvor noch die T-Shirts selber mit seinen Lieblingsbands bemalt, gab es die nun zu kaufen und der Reiz ging verloren, weil jeder dasselbe T-Shirt trug.

Auf diesem Festival in Berlin war auch eine kleine skandinavische Abordnung anwesend: Quorthon von Bathory aus Schweden und Metalion aus Norwegen, der das Metal-Fanzine "Slayer-Mag" herausbrachte. Er musste ein paar Flyer ausgelegt haben, wovon ich einen mitnahm. Zu Hause schrieb ich Metalion an und bat um ein Exemplar seines Zines. Ein paar Wochen später hielt ich dieses begnadete "Slayer-Mag" in der Hand. Es war sagenhaft: Er schrieb nur über die verschärftesten Underground-Bands. Darunter war auch ein Review des Mayhem-Demos "Pure Fucking Armageddon", was ziemlich gut wegkam. Da ich gerade an meinem eigenen Zine bastelte, schrieb ich die Jungs an und einen Monat später bekam ich Antwort von einem blutjungen Gitarristen namens Euronymous.

 Gitarrist in Jeans und Lederjacke mit Weste, die langen Haare ins Gesicht hängend, steht auf einer Bühne
Der Gitarrist Euronymous gehörte zu den Gründungsmitgliedern von Mayhem. Bildrechte: Abo Alsleben

Welche Probleme gab es bei der Organisation und der Durchführung der Tour?

Naja, die DDR war im Umbruch. Alle sehnten sich nach der harten D-Mark, die Ostprodukte verschwanden aus den Läden, wodurch die Arbeitslosigkeit noch befeuert wurde. Deutschland wurde 1990 in Italien Fußball-Weltmeister, die Ossis steigerten sich in einen ungekannten nationalen Taumel und Neonazis wurden zur Jugendkultur, angefeuert durch ihre enttäuschten oder stolzen Eltern. Auf den Montagsdemos wehten auf einmal Reichskriegsflaggen, Nazis marschierten in vorderster Front und zeigten unbehelligt den Hitlergruß. Drogen schwappten in den Osten und niemand kannte sich damit aus. Es war eine schwierige Zeit für uns Metaller mit langen Haaren. Gerade nachts auf den Bahnhöfen lungerte die kahlköpfige Jugend herum und wartete auf potenzielle Opfer.

Wir hatten alle keine Autos und mussten mit der Deutschen Reichsbahn nach Annaberg-Buchholz, Zeitz und zurück nach Leipzig fahren. Aber so wie wir aussahen, waren wir kein Ziel: Schwarze Lederkluft, Nietenarmbänder, Patronengürtel, Totenköpfe – wir waren böse! Und im Gepäck: Schweinsköpfe, denn die brauchte die Band als Bühnendekoration. In Karl-Marx-Stadt bin ich extra beim Umsteigen vom Zug in den Bus nach Annaberg in einen Fleischerladen geflitzt und habe nach zwei Schweinsköpfen gefragt. Leider hatte die Verkäuferin nur Hälften vorrätig und blöderweise auch nur drei linke und eine rechte.

Im Bus habe ich die asymmetrischen Kopfhälften dann mit Sternzwirn zusammengenäht und abends standen sie in Annaberg auf die Zeltstangen unseres familiären Steilwandzeltes aufgespießt auf der Bühne. Da Wochenende war und alle Läden hatten geschlossen, musste ich die Köpfe auch zu den anderen Auftrittsorten mitnehmen. Man kann sich vorstellen, welches Odeur uns umgab, als wir zwei Tage später in Leipzig einritten, nachdem Mayhem einen Tag zuvor auch in Zeitz gespielt hatten!

Die frühen 90er-Jahre waren auch die sogenannten Baseballschläger-Jahre. Gab es Probleme mit Nazis? Wie hat sich die Black Metal-Szene damals positioniert?

Es war eine Zeit des Vakuums. Die Polizei hatte mit sich selbst und ihrer Umstrukturierung zu tun und kein rechtes Auge mehr. Glatze, Stiefel und Bomberjacke wurden ein Teil der Jugendkultur. Diesen Ruck nach extrem Rechts musste ich nach der Wiedervereinigung in der gesamten ehemaligen DDR feststellen. In Leipzig haben wir das am eigenen Leib erfahren: Es ging mit den Montagsdemos voller Deutschlandfahnen los und ging mit den ersten ermordeten Punks und Obdachlosen weiter. Alleine in Leipzig starben nach 1990 zehn Menschen durch rechte Gewalt.

Von daher war es keine Überraschung für mich, dass dieser faschistische Trend auch vor der Metal-Szene keinen Halt machte, leider! Viele Metal Heads schnitten sich die Haare ab. Auch im Black Metal gab es Fans und Bands, die fortan den Nationalsozialismus verklärten, den starken arischen Menschen heroisierten und das Schwache als minderwertig abtaten. Auf einmal standen Musiker mit schwarzen Sonnen, Runen, Wolfsangeln oder Hakenkreuzen an den Lederjacken auf der Bühne. Der traurige Höhepunkt fand am 25. Februar 1993 in der Metal-Szene statt, als beim Konzert von Necromance und Lauschangriff im Jugendclub Nachtasyl in Hoyerswerda der 22-jährige Mike "Zander" Zerna von 40 Nazis ermordet wurde. Obwohl die Täter bereits wegen Körperverletzung etc. vorbestraft waren, bekamen sie lächerliche vier Jahre Haft aufgebrummt. Sie hatten den Bandbus auf Zanders Oberkörper gekippt und ihn verrecken lassen. Zander habe ich mein Buch "Mayhem live in Leipzig – Wie ich den Black Metal nach Ostdeutschland brachte" gewidmet.

Handschriftlich gestaltetes schwarz-weißes Plakat, was den Auftritt einer Band aus Norwegen ankündigt
Plakat des legendären Mayhem-Konzerts im November 1990 im Leipziger Eiskeller. Heutige befindet sich vor Ort das Jugend-Kulturzentrum Conne Island. Bildrechte: Abo Alsleben

Auch Mayhem hatten drei Jahre zuvor erlebt, was in der Zone abging. Nach den Gigs in Annaberg-Buchholz und Zeitz quartierten wir die vier in einem besetzten Haus in der Stö in einer Wohnung ein, wo auch unser Proberaum war und unser Schlagzeuger wohnte. Da gab es Matratzen und eine Küche mit Ofen. Es war sehr gemütlich. Allerdings herrschte in den besetzten Häusern gerade Fascho-Alarm, weil kurz zuvor ein Rudel Neonazis die Stö (Anm. d. Red: gemeint ist die Stockardstraße in Leipzig-Connewitz) überfallen und dabei schwer auf die Mütze bekommen hatte. Es lag nahe, dass die Nazis in größerer Zahl wiederkommen könnten. Überall standen Mollis, Wäschekörbe voller Pflastersteine und verbeulte Baseballschläger herum, einige noch mit Blutresten dran. Die Norweger fühlten sich alles andere als wohl und taten kein Auge zu. Zum Glück passierte in dieser Nacht nichts.

Was reizte bzw. reizt Sie am Black Metal?

Wir reden bei Mayhem nicht von einer "normalen" Heavy-Metal-Band. Vergesst alles, was ihr gesehen oder gehört habt! Mayhem haben eine Musikrichtung erschaffen, die düster, böse und brutal ist: Den Black Metal. Sie sind extrem, sie polarisieren. Sie wollen nicht nett klingen und lieb aussehen, eher genau das Gegenteil. Euronymous schrieb mir damals einen Brief über ihre Gedanken zur Musik.

Auszüge aus dem Brief von Euronymous (zum Aufklappen)

"Ich bin der Ansicht, dass die Szene nicht fröhlich sein sollte, sie sollte so böse sein ... Typen mit schwarzer Farbe um die Augen, mit Tonnen von Nieten und Ketten und schwarzen Klamotten. Ich will, dass die Leute Angst vor uns haben, sie sollen aus einem Mayhem-Gig schreiend rausrennen ...! Je unabhängiger wir die Szene halten können, umso tiefer können wir den kapitalistischen Labels in den Arsch treten. Alles, was mit diesem Scheiß-System zu tun hat, muss boykottiert werden, alle Death Metal-Bands müssen für eine Szene kämpfen, die komplett unabhängig ist von den Kapitalisten. Wir versuchen das so konsequent, wie wir es können. Wir sind unlängst von einigen großen Labels gefragt worden, die unser Zeug lizenzieren bzw. vertreiben wollten, und wir hätten 30.000 Dollar sofort auf die Hand gekriegt, aber wir haben ihnen 'Fuck Off!' geantwortet." Deswegen brachten sie ihre Platten auch auf dem eigenen Label Deathlike Silence Productions heraus. Sie nannten ihre Musik damals selber noch Death Metal, der Begriff Black Metal entwickelte sich erst später.
Aber Euronymous war kein fanatischer Menschenhasser. Er war sehr intelligent und beobachtete die Welt ganz genau: "Wissenschaftler haben uns noch neun Jahre gegeben, die Erde vor einer nicht mehr rückgängig zu machenden Verschmutzung zu bewahren, aber die multinationalen Konzerne kümmern sich nur um ihren Profit und wenn's nicht profitabel ist, die Umwelt zu schützen, dann tun sie's auch nicht ... Ich denke, dass der Sozialismus einen schlechten Ruf haben wird in den nächsten Jahren, wegen der Korruption in Ländern wie der DDR oder besonders Rumänien, aber in einigen Jahren, wenn die multinationalen Konzerne alles kontrollieren und die reale (politische) Macht ergreifen werden, dann werden sich die Leute wieder an die Ideen von Marx und Lenin erinnern und sie in einer modernisierten Version erneut aufgreifen, um eine neue weltweite Revolution zu machen ... Verstehen die Leute nicht, dass das, was z. B. Ceausescu getrieben hat, nichts als Kapitalismus reinsten Wassers war, hinter einer sozialistischen Verkleidung?"

Apropos Leipzig: Musste es bei dem Konzert so blutig werden? Und was ist musikalisch hängen geblieben? Wie bewerten Sie die Qualität des Auftritts von Mayhem?

Wegen mir hätte eine normale Bühnenshow im November 1990 gereicht, aber Dead war schon ein bisschen strange. Er wollte die Brutalität der Musik auch visuell untermalen. Euronymous hatte mich schon in einem Brief darauf vorbereitet:

Im Falle, dass die Gigs sehr brutal werden, wird sich Dead wahrscheinlich selbst schneiden. Denkst Du, dass Du ein Messer besorgen kannst, das groß ist und sehr brutal aussieht? Ein Küchenmesser wäre sehr gut. Nebenbei ist es gut, einen Platz zu haben, wo wir Dead wieder zusammenflicken, wenn er sich schneidet ... Für den Fall, dass er zu tief schneidet, ist es auch wichtig, dass wir die Möglichkeit haben, ihn sehr schnell in ein Krankenhaus zu bringen.

Euronymous, ehemaliger Gitarrist der Band Mayhem

Wie angekündigt, zog Dead während des Konzerts im Eiskeller das Messer und hielt es bei "Pure Fucking Armageddon" theatralisch in die Höhe. Dieser Song – der letzte des Konzertes – hatte einen langen Instrumentalteil, deswegen sollte nun der Höhepunkt kommen. Ich überlegte, wie lange Dead den Blutverlust verkraften könnte, bevor er in Ohnmacht fiele. Bei dem dürren Leib wohl nicht allzu lange. Er setzte die Klingenspitze an und zog sie langsam über den haarlosen Rücken seines dünnen Unterarms. Das dunkle Blut rann aus der Wunde und er verrieb es mit der Hand, so als wolle er die Blutung liebkosen. Dann schmierte er sich mit der besudelten Hand quer übers leichenblasse Gesicht. Einem Zuschauer in der ersten Reihe malte er ein Kruzifix auf die Stirn, so als wolle er ihn segnen. Die Band versprühte eine Aura, wie ich es nie wieder bei einer Band erlebt habe. Sie waren echt, sie waren true. True Mayhem! Bei diesem Konzert entstand der Live-Mitschnitt, der die Band weltweit bekannt machen sollte.

Sänger in zerrissenden Hosen, Shirt und Jeansweste steht auf einer Bühne
Der Sänger Dead – hier während eines Mayhem-Konzerts zu sehen – war fasziniert vom Tod und nahm sich im April 1991 das Leben Bildrechte: Abo Alsleben

Das Konzert von Mayhem in Leipzig gilt als Genreprägend – welche anderen Konzerte in Mitteldeutschland erinnern Sie, die eine ähnliche Wirkung haben bzw. hatten?

Keins.

Gehen Sie zum Konzert am 15. Dezember im Haus Leipzig? (Gemeint ist das Konzert von Mayhem im Jahr 2022, Anm.d.Red.)

Na klar gehe ich hin! Ich freue mich sehr auf den Abend. Wie erwähnt, ist Mayhem keine normale Metal Band. Sie sind kein Mainstream, keine Mode, kein Trend. Sie fordern heraus. Mayhem machen die extremste Musik, zelebrieren die düsterste musikalische Vision, die es seit 32 Jahren auf diesem Planeten gibt: Schwarz wie eine mondlose Nacht. Black Metal ist keine Musik, die gute Laune macht. Sie bringt sehr dunkle und düstere Gedanken hervor und damit muss man umgehen können. Diesmal werden auch nicht nur zwei Schweinsköpfe auf der Bühne stehen, so viel darf ich schon mal verraten.

Es sind die finstersten Melodien auf Gewehrsalvendrums direkt aus der Hölle – ein Sound, der die stärksten Emotionen auslöst: Kein Mosh, kein Gehüpfe auf der Bühne, keine Soli von Griffbrettwichsern, kein Gepose und kein Friseusengekreisch. Nimm all deine Enttäuschungen, deinen Hass und deine Todessehnsucht zusammen, speie alles in eine Urne voll verwesendem Gedärm und koche das ganze 666 Jahre lang in einer Gruft auf. Dann trink' den Sud auf ex und Du hast eine Stimme, die in die Nähe des Black Metal kommt. Dieses Konzert ist keine Jubiläumsshow greiser Metal Heads, die sich auf die Schultern klopfen und sagen, wie schön es vor 32 Jahren im Eiskeller war. Es ist ein Bekenntnis der Band zu ihren Wurzeln, ein Tribut zum Ursprung, zur Geburt des Black Metal. Er kommt nach Hause.

Ein Mann in Schwarz spiel expressiv Gitarre auf einer rot erleuchteten Bühne.
Noch heute ist die Band Mayhem unterwegs – wenn auch in anderer Besetzung. Bildrechte: imago images/Gonzales Photo

Und auch das Line-Up des Abends hat es in sich! Die erste Band, Nargate aus Syrien, verschlug es auf ihrer Flucht vor Assads Truppen ins Ausland. Sie suchten sich die einzige deutsche Stadt aus, die sie dem Namen nach kannten: Leipzig. Leipzig kannten sie von der Mayhem-LP "Live in Leipzig". Sie waren Fans. Wie gern hätten sie ihre Helden damals einmal live gesehen. Und was für eine unglaubliche Fügung, dass sie nun mit ihrem Mix aus Death Metal und Black Metal mit orientalischen Einflüssen live mit Mayhem auf einer Bühne stehen werden! Manos sind die schrillen Farbtupfer des Abends, obwohl auch sie keinen Reggae oder Pop machen, sondern ultraschnellen Grind bzw. Fun-Geschepper-Core. Sie werden das düstere Publikum aufmischen und alle Genregrenzen sprengen. Manos spielten beim legendären Auftritt im November 1990 mit Mayhem im Eiskeller und bereiten auch diesmal den Abriss vor. Aber im Ernst: Dieser Abend wird schon wegen seiner musikalischen Mischung ein Highlight und nebenbei wegen seiner Bedeutung ein einzigartiges Erlebnis. Selbst Corona konnte das nicht verhindern. Dafür danke ich allen Helfern! Stellvertretend möchte ich Sabine und Toralf nennen, ohne deren Beharrlichkeit, Mühe und Ausdauer dieses Konzert nicht stattfinden würde.

Das Gespräch führte Jan Kubon für MDR KULTUR. Redaktionelle Bearbeitung: Tina Murzik-Kaufmann

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Podcast: Iron East – Heavy Metal in der DDR

Podcast „IRON EAST – Heavy Metal in der DDR“
Bildrechte: MDR/ Privatarchiv Mirko Stockmann
Podcastcover "Iron East – Heavy Metal in der DDR", Episode 2
Bandmitglieder der Heavy Metal Band M.A.D. Bildrechte: MDR/Christian Ludwig /MAD
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Dieses Thema im Programm: MDR | "Iron East – Heavy Metal im Osten" | 27. Dezember 2024 | 00:01 Uhr