Heavy Metal Rockharz, Full Force, Party.San: Metal-Festivals in Ostdeutschland
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11. Januar 2025, 04:00 Uhr
Heavy Metal war die größte musikalische Subkultur der DDR. Mit der Wende änderte sich alles. "Viele sind weggegangen", erinnert sich Blitzz-Sängerin Kerstin Radtke an die Zeit nach dem Mauerfall im Podcast "Iron East – Heavy Metal in der DDR". Doch bald schon etablierten sich neue Festivals in Ostdeutschland, zu denen die "Heavies" seither strömen. Mit dem Rockharz Openair oder Full Force ist vor allem Sachsen-Anhalt ein Zentrum der Szene. Das sind (und waren) die bedeutendsten Festivals:
Berlin: Thrashing East
Anders als viele andere legendäre Festivals fand das Thrashing East nur ein einziges Mal statt. Genau deshalb wurde es zum Schlüsselmoment für die ostdeutsche Metal-Szene. In der ausverkauften Werner-Seelenbinder-Halle in Berlin-Prenzlauer Berg spielten am 4. März 1990 die Bands Kreator, Tankard, Sabbat und Coroner ein Konzert, das den großen Umbruch begleitete und tausende von "Heavies" mit einem exzellenten Sound begeisterte – was vielleicht einige darüber hinwegtröstete, dass nur alkoholfreies Bier ausgeschenkt wurde.
Das vom Label Noise Records und der Jungliberalen Aktion organisierte Festival mit den Größen des westdeutschen und internationalen Thrash-Metals schrieb zweifellos Geschichte, zog aber ebenso Kritik nach sich. Denn es stellte sich die Frage, ob damit der Ausverkauf der Szene begonnen hatte?
Ballenstedt: Rockharz Openair
Im Jahr 1993 veranstaltete die Initiative "Rock gegen Rechts" in der Stadthalle Osterode im Harz ein Festival, das mit Bands wie den Abstürzenden Brieftauben rund 1.400 Menschen anzog. Das markierte den Startschuss für das Rockharz Openair, das nach einigen Ortswechseln seit 2009 auf dem Flugplatz Ballenstedt stattfindet und heutzutage als eines der größten Metal-Festivals Deutschlands gilt.
Der Fokus verschob sich im Laufe der Jahre von Südniedersachsen nach Sachsen-Anhalt, zugleich wurden die Sounds immer härter: Waren in Anfangszeiten Bands wie die Harzer Power-Metaller Dark At Dawn noch in der Unterzahl, zieht das Festival mittlerweile Größen der internationalen Metal-Szene an: Amon Amarth, Blind Guardian, Cradle of Filth und Heaven Shall Burn waren mehrmals zu Gast.
Ferropolis / Gräfenhainichen: Full Force
Wer über Metal-Festivals in Ostdeutschland spricht, kommt um das Full Force nicht herum. Inspiriert vom niederländischen Festival Dynamo Open Air organisierten ein paar Musikbegeisterte im Jahr 1994 im Stadtpark von Werdau bei Zwickau erstmals das Festival, das in den Folgejahren beständig wuchs und deshalb mehrfach seinen Standort wechseln musste – in Hochzeiten kamen rund 30.000 Menschen.
Aus gutem Grund. Iron Maiden, Rammstein, Slayer, Slipknot: Deutsche und internationale Bands zog es jeden Sommer zum Full Force, das seit dem Jahr 2017 in Ferropolis vor imposanter und für ein Metal-Festival nur passender Kulisse stattfand. Fand? Richtig: Im Jahr 2025 wird es wegen "vielschichtiger Gründe" keine Ausgabe geben. Weitergehen soll es im Jahr 2026.
Bei Mühlhausen: Party.San Metal Open Air
Für Fans der härteren Gangart ist eine jährliche Reise nach Thüringen verpflichtend. Auf dem Flugplatz Bad Berka südlich von Erfurt kamen im Jahr 1996 erstmals 200 Metalheads für das Party.San Metal Open Air zusammen, das im Jahr 2011 auf den Flugplatz Obermehler-Schlotheim in der Nähe von Mühlhausen umzog. Black, Death, Doom und Thrash sowie verwandte Spielarten des extremen Metal stehen dort jährlich auf dem Programm. Für 2025 haben sich unter anderem die Szene-Urgesteine Napalm Death aus England sowie Dark Angel aus Kalifornien angekündigt.
Das Party.San sticht mit exzellenten Line-ups und klarer Kante hervor: Die Verherrlichung von nationalsozialistischer Ideologie und eindeutig rechtsextremistischen Bands, wie sie weiterhin in der Black-Metal-Szene zu finden sind, hat dort keinen Platz.
Bertingen: RUDE
Das englische Wort "rude" bedeutet so viel wie "unhöflich", in Bertingen jedoch steht es wesentlich freundlicher als Abkürzung für den Namen "Rock unter den Eichen". Das seit dem Jahr 2004 stattfindende Open-Air-Festival unweit des pittoresken Bertinger Sees lockte in den vergangenen zwei Jahrzehnten internationale Größen der Metal-Welt in die Magdeburger Börde – zuletzt etwa die Doom-Metal-Legenden Paradise Lost aus Großbritannien und die irischen Pagan-Metal-Ikonen von Primordial.
Trotz der imposanten Line-Ups setzt das Wochenend-Festival auf eine intime Atmosphäre. Stammgäste sind dort unter anderem die Iron-Maiden-Coverband Powerslave aus Hamburg, die bei der letzten Ausgabe des RUDE stolze vier Sets auf einer der beiden Stages spielte.
Barleben: Metal Embrace
Das Metal Embrace fand im Jahr 2004 mit vereinzelten Konzerten in Osnabrück und Magdeburg "von Fans für Fans" seinen Anfang, bevor es in Barleben in Sachsen-Anhalt eine neue Heimat als kleines, aber ausgesprochen feines Metal-Festival fand. Unter dem Motto "no mainstream" setzt das Metal Embrace auf die Pflege für den Underground-Sound der härteren Gangarten von Heavy Metal und schlägt dabei immer wieder Brücken zwischen Tradition und Gegenwart.
Die weiterhin höchst aktiven DDR-Legenden Macbeth gastierten dort vor einigen Jahren, ebenso Lokalhelden wie die Dark-Metal-Band Faces Of Fear aus Magdeburg oder, wie bei der letzten Ausgabe im Jahr 2024, die vormals als Distillator bekannten Niederländer von Cryptosis.
Mehr Infos zum Podcast "Iron East" (zum Ausklappen)
Die zweite Staffel "Iron East – Heavy Metal im Osten" gibt es seit dem 27. Dezember 2024 exklusiv in der ARD Audiothek.
Redaktionelle Bearbeitung: ks
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 27. Dezember 2024 | 08:59 Uhr