Leipziger Buchmesse Gemischte Gefühle bei Verlagen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen
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24. März 2024, 07:35 Uhr
Ein Stand auf der Leipziger Buchmesse kostet viel Geld. Wie viel sind die Vorteile einer Messepräsenz bei diesen Ausgaben wert? Manche Verlage verzichten dieses Jahr auf eine Teilnahme, andere betonen die Wichtigkeit. MDR KULTUR hat sich auf der Messe bei den kleineren Verlagen aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen umgehört.
- Bei vielen kleineren Verlagen herrscht auf der Buchmesse gute Stimmung, die Publikumsresonanz ist groß.
- Manche Verlage verzichten auf einen Stand in Leipzig, da die Kosten dafür zu hoch sind.
- Generell leidet die Buchbranche unter gestiegenen Kosten, den gerade die kleinen und regionalen Verlage spüren.
Auf der Leipziger Buchmesse finden sich zahlreiche kleine und regionale Verlage, auch aus Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen. Für sie sind die Zeiten gerade nicht einfach: Teures Papier, Kostendruck, zurückhaltende Buchkäufer. Und dann natürlich noch die Branchenriesen im Nacken. Durchaus widrige Bedingungen.
Der Buchhandel nimmt zurzeit eine meiner Meinung nach gefährliche Entwicklung.
Das beklagt auch Helmut Stadeler von der mitteldeutschen Sektion des Börsenvereins des deutschen Buchhandels. Er sagte MDR KULTUR: Die Stimmung bei den Verlagen sei durchwachsen. "Wir machen mit Leib und Seele Bücher - das macht kleine Verlage aus." Auf der anderen Seite nehme der Buchmarkt derzeit eine gefährliche Entwicklung, so Stadeler. "Die zunehmende Konzentration ist inzwischen weit fortgeschritten!" Der Verleger benennt ganz offen vor allem zwei große Player: Amazon und Thalia.
Gute Stimmung am Messestand
Verlegerin Monika Osberghaus vom kleinen Klett Kinderbuch Verlag wirkt auf der Buchmesse jedoch zunächst sehr glücklich. Sie freut sich über die positive Publikumsresonanz an ihrem Stand: "Gleich morgens war schon viel, viel mehr los als letztes Jahr. Es ist wie ein Neubeginn. Es war überraschend, wie viel hier gleich anbrandete. Schon um halb zehn war schwer was los."
Wir nehmen immer den Schwung der Messe mit.
Einige Stände weiter hat ihr Kollege Roman Pliske vom Mitteldeutschen Verlag (MDV) aus Halle junge, regionale Schriftsteller im Angebot, auch Literatur aus Osteuropa und Bildbände. Hier herrscht ebenfalls beste Messestimmung: "Es ist Frühjahr, man merkt es überall, auch bei uns: Aufbruchstimmung. Wir nehmen immer den Schwung der Messe mit, wir haben tolle Veranstaltungen." An den vier Messetagen seien alle aufgeregt, optimistisch und freudig.
Manche kleinen Verlage fehlen in Leipzig
Das klingt fast zu schön um wahr zu sein – und ist es auch. Es gibt nämlich Verlage, die dieses Jahr nicht bei der Leipziger Buchmesse dabei sind: Die Connewitzer Verlagsbuchhandlung und der Lehmstedt Verlag aus Leipzig zum Beispiel haben abgesagt.
Mark Lehmstedt fährt stattdessen mit seinem Verlag auf die Frankfurter Buchmesse. Bei Standkosten um die 8.000 Euro seien zwei Messen für den kleinen Verlag schlicht nicht leistbar, sagte er dem Börsenblatt.
Die Vorteile einer Messe-Präsenz
Pliske vom MDV sieht das anders. Ja, die Messe sei sehr teuer, für seinen Mitteldeutschen Verlag aber auch rentabel. Er sagt: "Für uns lohnt es sich das absolut. Erstens haben wir einen hervorragenden Verkauf am Stand - wir können praktisch schon die Messe einspielen mit unseren Direktverkäufen. Zum Zweiten gibt es kaum einen Termin, bei dem wir so sichtbar sind."
Für Osberghaus mit ihrem Kinderbuchverlag überwiegt die Sichtbarkeit auf der Messe die Kosten. Sie sagt optimistisch: "Der Stand ist schon ziemlich teuer. Aber ja, jetzt sind wir noch da. Mal gucken, wie nächstes Jahr die Vorzeichen sind. Aber ich denke im Moment, dass wir auch nächstes Jahr wiederkommen."
Gewinndruck der Literaturmesse
Die kleinen regionalen Verlage bieten ein nischiges Angebot abseits des Mainstreams. Das gelte es auch auf der Buchmesse zu fördern, sagte die neue Buchmesse-Direktorin Astrid Böhmisch im Vorfeld der diesjährigen Ausgabe. Sie folgte im Januar auf den langjährigen Vorgänger Oliver Zille. Der hat zum diesjährigen Buchmessestart mit einem Interview in der Wochenzeitung "Die Zeit" Staub aufgewirbelt. Thema: Gewinndruck der Literaturmesse.
Auch Pliske vom MDV sieht gewisse negative Tendenzen, besonders beim Lesefest "Leipzig liest". Das habe aus seiner Sicht in den zwanzig Jahren, die er bei der Buchmesse ist, an Schwung verloren. Das Lesefest sei immer auf den Rücken von Autorinnen und Verlagen ausgetragen worden - letztlich alles Selbstausbeutung und Eigenengagement. Insofern wäre es frustrierend, wenn die Veranstaltungen auch noch stark reduziert würden.
"Je nach Standgröße darf man eine bis fünf Veranstaltungen anmelden", sagt Pliske, "das war früher anders. Da konnte man aus den Vollen schöpfen." Hier gibt es also möglichen Nachbesserungsbedarf für die neue Messedirektorin.
Gestiegene Kosten
Kinderbuchverlegerin Osberghaus sorgt sich zurzeit eher um andere Themen, vor allem die Finanzen. Papier, Druckkosten und andere Ausgaben seien so stark gestiegen sind, dass fast nichts mehr hängenbleibe, sagt sie. Das müsse sich ändern. Osberghaus setzt auf die Leser: "Die Kunden oder Leserinnen, die bezahlen sogar ein zwei Euro mehr ohne große Not."
Die Stimmung bei den kleineren Verlagen auf der Leipziger Buchmesse ist also durchwachsen. Sie sind froh dabei zu sein, hoffen aber auch, dass es im nächsten Jahr dabei bleibt. Am Publikumszulauf soll es schon mal nicht scheitern - das ist an der Leipziger Buchmesse 2024 ganz klar zu sehen.
Quelle: MDR KULTUR (Philipp Baumgärtner), Redaktionelle Bearbeitung: op
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 23. März 2024 | 08:40 Uhr