Künstlermuseen Wo Max Klinger, Otto Dix und Gerhard Altenbourg arbeiteten und lebten
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21. August 2023, 13:45 Uhr
Die Kunstlandschaft in Sachsen-Anhalt und Thüringen ist reich. Gleich drei weltbekannte Künstler lebten hier: Max Klinger, Otto Dix und Gerhard Altenbourg. Einblicke in ihre Kunst und ihr Leben geben ihre Wohnhäuser in Großjena bei Naumburg, in Gera und Altenburg, die heute zum Teil als Museen erkundet werden können. Während Klinger idyllisch zwischen Weinbergen wohnte, lebten Familie Dix auf engstem Raum und Altenbourg in einem architektonischen Gesamtkunstwerk.
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Großjena: Max-Klinger-Haus
Von den Künstlermuseen, die man in Mitteldeutschland besuchen kann, ist das Max-Klinger-Haus in Großjena sicherlich das idyllischste Ziel. Das Weinberghaus samt dazugehörigem Weinberg steht inmitten der sanft hügeligen Landschaft des Burgenlandkreises, wo Saale und Unstrut zusammenfließen. Es hat sich bis heute bewahrt, was wohl auch der berühmte Leipziger Maler, Grafiker und Bildhauer Max Klinger (1857–1920) hier suchte und fand: Ein Refugium, an dem außer ländlicher Ruhe auch eine bezaubernde Atmosphäre zum Nachdenken herrscht, dazu goldwarmes Licht, das sich hier vor allem in den Sommermonaten über den Weinberghängen ausbreitet. Man darf da durchaus mal an Italien denken.
1903 erwarb Klinger das Grundstück gemeinsam mit seiner Lebensgefährtin, der Dichterin Else Asenijeff. Doch wurde der Ort für die beiden nicht nur zur Kulisse für viele glückliche und unbeschwerte Tage, sondern zunehmend auch für solche der Entfremdung voneinander. 1910 lernte Klinger hier die zu dem Zeitpunkt 17-jährige Gertrude Bock kennen, die dem Maler gemeinsam mit ihrer Schwester Modell stand. Der Beginn eines fraglos auch etwas klischeehaft anmutenden Künstler- und Liebesdramas, in dessen Verlauf sich Asenijeff 1916 von Klinger trennte. Bis zu seinem Tod war fortan Gertrude Bock die Frau an seiner Seite.
Derlei biographische Verwebungen und die Kunst: In Großjena kann man beidem in schönstem Ambiente nachspüren. Von den zwei großen, von Klinger selbst entworfenen Kachelöfen im Wohnhaus bis hin zum "Radierhäuschen" und der Grabanlage des Künstlers, der hier vor weitem Panoramablick seine letzte Ruhe fand. Ein Elysium im Weinberg.
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Max-Klinger-Haus
Blütengrund 3
06618 Naumburg-Großjena
Öffnungszeiten:
5. April bis 31. Oktober
Dienstag bis Sonntag und an Feiertagen 10 bis 17 Uhr
Eintritt:
4 Euro, ermäßigt 3 Euro, Kinder und Schüler frei
Gera: Otto-Dix-Haus
Von jedweder "Insel der Seligen" ist die Kunst des Malers und Grafikers Otto Dix (1891–1969) weit entfernt. Schon deshalb ist ein Besuch im Otto-Dix-Haus Gera unbedingt empfehlenswert. Anders als im Falle Klingers und doch ebenso erhellend, lässt sich hier erkennen, wie sich soziales Umfeld und persönliche Prägungen in der Kunst widerspiegeln. Dass es sich bei Dix um die Prägungen frühester Lebensjahre handelt, macht die Sache umso interessanter.
In unmittelbarer Nähe zur Geraer Saalkirche steht das Geburtshaus von Otto Dix, das heute in einem eigens dafür angegliederten Nebengebäude eine der größten in öffentlicher Hand befindlichen Dauerausstellungen der Werke des Künstlers beherbergt. Die stilistischen Spielformen von Expressionismus bis zur Neuen Sachlichkeit, von den frühen Grafiken bis zu den altmeisterlichen Gemälden des Spätwerkes, zeigen dabei in aller Unterschiedlichkeit zugleich eine erstaunliche künstlerische Handschrift, die von Anfang an unverwechselbar ist. Eine seltene Selbstgewissheit auch, die dieses "Arbeiterkind", als das sich Dix – Sohn einer Näherin und eines Eisenformers – zeitlebens sah, zu einem der bedeutendsten deutschen Künstler des 20. Jahrhunderts werden ließ.
Die Ursprünge dieses Weges – die frühen Prägungen – lassen sich im historischen Teil des Geburtshauses gut nachvollziehen: Nicht nur wegen des hier reichhaltig versammelten Quellenmaterials zu Leben und Werk, sondern auch, weil dieses zweigeschossige Gebäude unter dem wuchtigen Mansardendach, in dem die Familie Dix einst in zwei Zimmern hauste, eine gute Ahnung jener Enge vermittelt, aus der heraus der Maler sich später mit seiner Kunst zu befreien wusste – ohne seine Herkunft jemals zu diskreditieren oder gar zu verleugnen.
Mehr Informationen (zum Ausklappen)
Otto-Dix-Haus Gera
Mohrenplatz 4
07548 Gera
Öffnungszeiten:
Dienstag bis Sonntag 11 bis 17 Uhr
Eintritt:
5 Euro, ermäßigt 3 Euro, Schüler*innen 1,50 Euro, Kinder unter 6 Jahren frei
Barrierefreiheit:
Eingangsbereich und Sonderausstellungen im Erdgeschoss sind barrierefrei erreichbar. Ausstellungssäle im Obergeschoss und historischer Wohnbereich sind für Rollstuhlfahrer*innen nicht zugänglich.
Altenburg: Gerhard-Altenbourg-Haus
Wie Dix ist auch Gerhard Altenbourg (1926–1989) einer der großen deutschen Künstler des 20. Jahrhunderts. Und ein vergleichsweise großer Außenseiter ebenso. Gemessen an Dix geradezu ein Unbekannter, ein Verborgener zudem. Was nicht zwangsläufig ein Widerspruch zur Persönlichkeit Altenbourgs ist.
Mit bürgerlichem Namen Gerhard Ströch, benannte der Künstler sich nach dem ostthüringischen Altenburg, der Stadt also, wo er den weit größten Teil seines Lebens verbrachte. Und dass sich der Name dabei zu Altenbourg verfremdete, passt zu diesem Maler, Grafiker und Lyriker, bei dem Verfremdung ein essenzieller Wesenszug ist. Der resistent gegen künstlerische Moden wie auch ideologische Vorgaben ein künstlerisches Universum schuf, das als eine Art expandierender "Innenschalen-Schau" (Altenbourg) lesbar ist. Und dem Bilder zu verdanken sind, die auf den ersten Blick oft als "sperrig" oder abweisend empfunden werden, aber dennoch eine große Suggestionskraft ausstrahlen.
Als Altenbourg 1989 bei einem Autounfall starb, hinterließ er ein immenses Werk. Der Nachlass wird heute von der Gerhard-Altenbourg-Stiftung betreut. Dazu gehört auch das ehemalige Wohnhaus des Künstlers. Ein "Gesamtkunstwerk, in dem Wände, Türen, Fensterlaibungen etc. bemalt und mit Messingapplikationen gestaltet sind. Auch Lichtschalter, Schrankschlüssel und Ähnliches wurden nach Entwürfen von Altenbourg gestaltet", erklärt dazu die Stiftungs-Website.
Ein Haus als "Innenschalen-Schau". Ein Gesamtkunstwerk, das besichtigt werden will – aber bis auf weiteres nicht besichtigt werden kann. Denn wo das Altenburger Lindenau-Museum, das über eine große Sammlung an Arbeiten des Künstlers verfügt, wegen Umbau- und Restaurationsarbeiten geschlossen ist, muss das Haus des Künstlers im Namen des Schutzes seiner Kunst geschlossen bleiben. Zwar arbeitet die Stiftung an einem Konzept, das in einem vertretbaren – und das heißt behutsamen – Maße Zugang ermöglicht. Nur ist das bei einem Haus, in dem alles Kunst geworden ist, alles andere als ein leichtes Unterfangen. Bis auf Weiteres bleibt Altenbourg ein Verborgener.
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Das Altenbourg-Haus gehört zum Lindenau-Museum Altenburg und ist derzeit geschlossen.
Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | Spezial "Genius loci - Wo Kunst entsteht" | 27. November 2020 | 18:05 Uhr