Gemälde einer sumpfigen Landschaft mit mehreren Pfützen, Baumgruppen am Horizont und einem orange leuchtenden Himmel.
"Das große Gehege": Zwischen Messe und Schlachthof kann man Caspar David Friedrichs Perspektive im Dresdner Ostragehe noch heute erahnen. Bildrechte: Jürgen Karpinski

Entdecken Sachsen in den Bildern von Caspar David Friedrich – neun Orte der Inspiration

04. September 2024, 16:46 Uhr

Caspar David Friedrich war Sachsen besonders verbunden. Der Maler wird anlässlich seines 250. Geburtstages 2024 mit Ausstellungen gefeiert, auch in Dresden. Friedrich durchwanderte einst vor allem den östlichen und mittleren Teil Sachsens. Hinterlassene Skizzen zeigen Motive, die in Hainichen, Tharandt, Meißen, auf Burg Stolpen oder in Pirna entstanden sind. Manches aus den Skizzenbüchern diente später als Vorlage für weltberühmte Gemälde wie den ikonischen "Wanderer über dem Nebelmeer". In diesen neun Bildern können Sie Orte in Sachsen erkennen:

Über der Elbe in Dresden: "Blick aus dem Atelier des Künstlers"

Einige Jahre nach seiner Ankunft in Dresden im Jahr 1798 bezog Caspar David Friedrich eine eigene Wohnung außerhalb der Festungsmauern in der Pirnaischen Vorstadt. Den Blick aus den Atelierfenstern auf die Elbe mit Seglern und Kähnen und auf die nahegelegene Altstadt mit der Augustusbrücke hielt er in zwei präzisen Sepiabildern fest. Wer das Motiv des rechten Fensters genau betrachtet, entdeckt in dem angeschnittenen Wandspiegel links oben das Konterfei des Künstler, zumindest die obere Hälfte des Gesichts. Alle Gebäude in diesem Gebiet wurden in der Bombennacht des 13. Februar 1945 zerstört. Wäre die Wohnung erhalten, würde man heute auf das gegenüber gelegene Regierungsviertel mit Staatskanzlei und Finanzministerium schauen. 

Zeichnung von Caspar David Friedrich in Sepia-Tönen: Blick aus einem schlichten Fenster über einen Fluss.
Weder das Atelier von Caspar David Friedrich noch der Blick über die Elbe ist heute so erhalten geblieben. Bildrechte: Belvedere, Wien

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Entstanden um 1805/06
Ort: Wohnung am Elbufer in der Pirnaischen Vorstadt, Blick in Richtung Augustusbrücke und des heutigen rechtselbischem Regierungsviertels
Im Besitz des Belvedere Wien

Kaiserkrone und Gamrig in der Sächsischen Schweiz: "Der Wanderer über dem Nebelmeer"

Einen Gutteil der Objekte in seinen späteren Leinwandgemälden zeichnete Caspar David Friedrich in jungen Jahren vor der Natur in seine Skizzenbücher. Auf Wanderungen durch die Sächsische Schweiz entstand beispielsweise am 3. Juni 1813 am Zustieg zur Kaiserkrone die Skizze eines Felsens. Dieser ähnelt frappierend jenem im Vordergrund des Gemäldes "Der Wanderer über dem Nebelmeer". Schon ein paar Jahre vorher, im Mai 1808, skizzierte Friedrich das Felsmassiv Gamrig. Es findet sich zwischen Rathen und Waltersdorf. Der Gamrig und der Felsblock an der Kaiserkrone sind für heutige Wanderer vergleichsweise leicht begehbar, ebenso wie der Zirkelstein. Auch dieser charakteristische Tafelberg lässt sich auf dem Gemälde entdecken.

Gemälde, ein Mann steht auf einem hohen Felsen, vor ihm eine Landschaft mit Felsen und Nebelschwaden.
Caspar David Friedrichs berühmtes Bild "Der Wanderer über dem Nebelmeer" fängt die Stimmung im Elbsandsteingebirge ein. Bildrechte: picture-alliance/ dpa/dpaweb | Folkwang-Museum/Elke Walfo

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Entstanden um 1818
Ort: Kaiserkrone bei Reinhardtsdorf-Schöna und Gamrig bei Rathen, Sächsische Schweiz
Im Besitz der Kunsthalle Hamburg
(Vom 24. August bis 5. Januar 2025 Teil der Ausstellung "Wo alles begann" im Dresdner Albertinum)

Oberhalb von Krippen: "Zwei Männer in Betrachtung des Mondes"

Nach Krippen flüchtete Caspar David Friedrich wegen der Kriegswirren in Dresden. Ab dem Frühjahr 1813 verbrachte der noch unverheiratete Einzelgänger dort mehrere Monate. Das kleine Elbdorf im Elbsandsteingebirge gegenüber von Bad Schandau schützte ihn vor ansteckenden Krankheiten, die er fürchtete – und vor den Franzosen, die Friedrich wegen Napoleons blutigen Eroberungsschlachten regelrecht hasste. Der Dresdner Friedrich-Forscher Frank Richter hat den wuchtigen Steinblock rechts neben der knorrigen Eiche eben genau bei Krippen entdeckt. Der Caspar-David-Friedrich-Weg führt dort vorbei und eine Hinweistafel macht auf das Motiv aufmerksam.

Zwei Männer stehen in einer Wald-Landschaft und betrachten den Mond
"Zwei Männer in Betrachtung des Mondes" malte Caspar David Friedrich bei Krippen. Der große Steinblock rechts im Bild liegt immer noch in der Sächsischen Schweiz. Bildrechte: imago/Artokoloro

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Entstanden um 1818/1819
Ort: Bergweg oberhalb von Krippen, Sächsische Schweiz
Im Besitz der Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Galerie Neue Meister

Alter Katholischer Friedhof in Dresden: "Kügelgens Grab"

Ein Schock für die Dresdner Gesellschaft und insbesondere für Caspar David Friedrich war die Ermordung seines Freundes und Künstlerkollegen Gerhard von Kügelgen. Am 27. März 1820 wird der angesehene Historienmaler auf dem Heimweg von Loschwitz in die Stadt von einem Raubmörder erschlagen (Tatort: Bautzener Straße). Die Familie von Kügelgen wohnt im Haus Gottessegen in der Hauptstraße. Dort gingen Künstler ein und aus. Auch Caspar David Friedrich war gern gesehener Gast. Der jähe Tod des 48-jährigen Rheinländers lähmt Friedrich eine Zeitlang künstlerisch. Für das Grab des Freundes entwirft er später nicht nur den Grabstein. Er malt auch das scheinbar frische Grab in romantischer Manier, ein Andenken für die Witwe, die nach dem Schicksalsschlag Dresden verlässt. Die letzte Ruhestätte Gerhard von Kügelgens befindet sich auf dem Alten Katholischen Friedhof in Dresden, Friedrichstraße 54.

Gemälde von einem Friedhof: Mehrere Grabsteine, Kreuze und eine Rundsäule im Halbschatten, dahinter die steinerne Friedhofsmauer und darüber ein rot-orange gefärbter Himmel.
Zum Künstler Gerhard von Kügelgen und dessen Grab in Dresden hatte Caspar David Friedrich eine besondere Verbindung. Bildrechte: Lübecker Museen. Museum Behnhaus Drägerhaus, Leihgabe aus Berliner Privatsammlung

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Entstanden zwischen 1821 und 1822
Ort: Alter Katholischer Friedhof Dresden
Im Besitz des Museums Behnhaus Drägerhaus, Lübeck

Sächsische Schweiz bei Rathen: "Felsenlandschaft im Elbsandsteingebirge"

Drama und Düsternis sind wichtige Elemente der Romantik. Im Elbsandsteingebirge unweit seiner Wahlheimatstadt Dresden findet Caspar David Friedrich diese schauerlich-schöne Landschaft als Vorlage für seine Seelenbilder. Die Bastei oberhalb von Rathen lockte bereits im ersten Drittel des 19. Jahrhunderts Reisende an. Die heutige Steinbrücke spannt sich zunächst als Holzkonstruktion über die teils 40 Meter tiefe Schlucht. Sie verbindet Bastei und das Neurathener Felsenthor. Friedrich entwirft ein spektakuläres Bild aus der Talperspektive – ohne Brücke. Die bequemste Sicht auf dieses Felsenportal bekommt der Tourist von eben jener Basteibrücke aus – dann allerdings nicht ganz so atemberaubend wie bei Friedrich.

Gemälde von Caspar David Friedrich: Fast senkrecht aufragende Felsen bei Rathen im Elbsandsteingebirge.
Heute wie damals sind die Felsen über Rathen ein Blickfang. Warum Caspar David Friedrich fasziniert war, lässt sich gut nachempfinden. Bildrechte: Belvedere, Wien

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Entstanden im Jahr 1823
Ort: Neurathener Felsentor bei Rathen, Sächsische Schweiz
Im Besitz des Belvedere Wien

Eine Frau steht auf einem Felsen und schaut in eine weite Landschaft. 30 min
Bildrechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK
30 min

Er war Naturliebhaber, Pionier der modernen Kunst und einer der bedeutendsten Romantiker des 19. Jahrhunderts: Caspar David Friedrich. In Sachsen verbrachte er seine wihl kreativste Zeit. Eine Spurensuche.

Unterwegs in ... Sa 15.06.2024 18:15Uhr 29:53 min

Rechte: MITTELDEUTSCHER RUNDFUNK

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Klosterruine Oybin in der Lausitz: "Huttens Grab"

Mit seinem Freund, dem Maler Georg Friedrich Kersting, wandert Friedrich im Sommer 1810 von Dresden aus ins Riesengebirge. In der Oberlausitz erkunden sie das Zittauer Gebirge und besteigen am 4. Juli den Berg Oybin. Die morbide Ruine eines Cölestinerklosters fasziniert Friedrich auf Anhieb. Er bringt eine Bleistiftzeichnung auf Papier und koloriert sie mit Aquarellfarben – der Blick in die verfallene Sakristeikapelle der einstigen Klosterkirche. Über ein Jahrzehnt später tauchen die hohen, schlanken Fensterbögen in dem Gemälde "Huttens Grab" auf. Ein politisches Bild, mit dem Friedrich nicht nur an den Humanisten aus der Renaissance erinnert – sondern auch an den eigenen Wunsch, dass Deutschland zur geeinten Nation wird, die frei über sich bestimmt.

EIn Gemälde von Friedrich Caspar David, das ein Grab in einer Ruine zeigt
Eine Reise durch die Oberlausitz war die Grundlage für dieses Bild von Caspar David Friedrich. Bildrechte: IMAGO / agefotostock

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Entstanden im Jahr 1823
Ort: Klosterruine Oybin, Oberlausitz
Im Besitz der Klassik Stiftung Weimar

Trinitatisfriedhof in Dresden: "Der Friedhof"

Friedhöfe, Gräber, verfallene Stätten der Totenkultur ziehen Caspar David Friedrich seit jeher in den Bann. Der Trinitatisfriedhof in der Dresdner Johannstadt ragt heraus. Das mittlere Eingangstor dient dem Künstler als Motiv für das unvollendete Gemälde "Der Friedhof". Am Portal schauen zwei Menschen ehrfürchtig auf das Gräberfeld, über dem ein Engel schwebt. Eine Vorahnung? Caspar David Friedrich wird unweit dieses Tores im Jahr 1840 selbst zur letzten Ruhe gebettet. Das Sandsteinportal und Friedrichs eigene Grabstelle gehören zu den Attraktionen im Jubiläumsjahr 2024.  

  

Ein Gemälde von Caspar David Friedrich zeigt den Eingang zu einem Friedhof, der von zwei hohen Steinsäulen und Eisengitter begrenzt wird.
Inspiriert vom Trinitatisfriedhof in Dresden wollte Caspar David Friedrich die Stimmung einfangen, die ihn selbst an diesem Ort faszinierte. Bildrechte: Elke Estel

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Entstanden um 1825
Ort: Eingangsportal Trinitatisfriedhof, Dresden
Besitzer: Staatliche Kunstsammlungen Dresden, Galerie Neue Meister

Dresdner Aue: "Das große Gehege"

Dieses wegweisende Alterswerk wirft einen Blick voraus auf die Moderne. Die Flusslandschaft unter den leuchtenden Himmelswolken zeigt sich wie durch ein optisches Fischauge betrachtet. Erst bei genauerem Hinsehen entdeckt der Betrachter einen Segler auf dem Flussarm der Elbe. Auch nach fast 200 Jahren lässt sich die Aue wie einst erleben, auch wenn der Fluss nicht mehr mäandert wie damals und erst ein Schlachthof und nun das Messegelände diese Gegend weitgehend bestimmen. Ein bisschen Caspar David Friedrich ist dort noch heute übrig.

Gemälde einer sumpfigen Landschaft mit mehreren Pfützen, Baumgruppen am Horizont und einem orange leuchtenden Himmel.
So sah der Maler Caspar David Friedrich die Naturlandschaft des Dresdner Ostrageheges. Bildrechte: Jürgen Karpinski

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Entstanden zwischen 1831 und 1832
Ort: Ostragehege, Dresden
Im Besitz der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, Galerie Neue Meister

Klosterruine in der Lausitz: "Der Träumer"

Womöglich hat Caspar David Friedrich das Zittauer Gebirge nur einmal durchwandert, eben 1810 mit dem Freund Georg Friedrich Kersting, der später Malervorsteher der Porzellanmanufaktur Meissen wurde. Die kolorierte Skizze Friedrichs wird zur Grundlage eines weiteren melancholischen Gemäldes, das er fünf Jahre vor seinem Tod vollendet. Friedrich erleidet in jenem Jahr 1835 einen Schlaganfall. Die Spitzbogenfenster vom Oybin (Nonnenkopf genannt) zeigen bis heute ein Stück Sachsen, das in Caspar David Friedrichs Werken steckt.

Gemälde einer Ruine von Caspar David Friedrich: Durch die hohen Spitzbogenfenster ist ein gelb-orange-gefärbter Himmel zu sehen, ein Person sitzt in einem der Fenster.
"Der Träumer" von Caspar David Friedrich: Die hohen Fenster dieser Ruine wurden durch das Kloster in Oybin inspiriert. Bildrechte: IMAGO/Heritage Images

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Entstanden um 1835
Ort: Klosterruine Oybin, Oberlausitz
Im Besitz der Staatlichen Ermitage, St. Petersburg

Quelle: Eigenrecherche MDR KULTUR, redaktionelle Bearbeitung: tsa

Dieses Thema im Programm: MDR KULTUR - Das Radio | 24. August 2024 | 08:10 Uhr

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