Historisches Porträt des Malers Caspar David Friedrich von Caroline Badua
Historisches Porträt des Malers Caspar David Friedrich von Caroline Badua - eine der Zeitgenossinnen des Malers. Bildrechte: IMAGO / Heritage Images

250. Geburtstag Caspar David Friedrich: Neun berühmte Zeitgenossen des Malers

04. September 2024, 16:45 Uhr

Der Dichter Johann Wolfgang von Goethe, der französische Kaiser Napoleon, die Komponisten Clara Schumann und Richard Wagner oder der Maler Johan Christian Clausen Dahl: Sie alle waren Zeitgenossen des zu seiner Zeit bekannten und später in Vergessenheit geratenen Malers Caspar David Friedrich, der vor 250 Jahren geboren wurde. Zu dem eigensinnigen "Leinwandhelden" standen sie auf ganz unterschiedliche Weise in Verbindung – es gab Freundschaft, aber auch Verachtung.

Johan Christian Clausen Dahl (1788–1857)

Mit dem Maler Johan Christian Clausen Dahl verband Caspar David Friedrich eine innige Künstler-Freundschaft. Nach seiner Rückkehr aus Italien nach Dresden zog der Norweger Dahl in die Wohnung über Friedrich, ins Haus an der Elbe 33 ein. Trotz unterschiedlicher Temperamente und Malweisen, schätzten die beiden einander sehr.

Sie liebten es, nach vollbrachtem Tagwerk in der aufziehenden Abenddämmerung, gemeinsam an der Elbe spazieren zu gehen. Die Freundschaft der beiden Künstler ging so weit, dass sie sich einander mit Gemälden beschenkten: Dahl vermachte dem Freund "Landschaft im Plauenschen Grund" und erhielt im Gegenzug dafür "Zwei Männer in Betrachtung des Mondes", der beide Maler als Rückenansicht zeigt: Dahl auf den größeren Friedrich gestützt.

Gemälde von Caspar David Friedrich: Zwei Männer stehen in einer Wald-Landschaft und betrachten den Mond.
Wenn Freunde den Mond betrachten: Caspar David Friedrichs berühmtes Bild zeigt auch den Maler Johan Christian Clausen Dahl. Bildrechte: imago/Artokoloro

Dieses Bild übergab der Norweger nach Friedrichs Tod der Dresdner Gemäldegalerie, wo es für lange Zeit im Depot verschwand und heute als ein Meisterwerk der Sammlung gilt.

Johann Wolfgang von Goethe (1749–1832)

Dichter, Kunstkritiker, Philosoph, Naturwissenschaftler, Jurist und Staatsmann: Johann Wolfgang von Goethe verkörperte DAS deutsche Universalgenie und prägte durch sein Wirken eine ganze Epoche.

Zu Caspar David Friedrich hatte er zeitlebens ein ausgesprochen ambivalentes Verhältnis. Zwar verlieh er ihm 1805 noch den halben ersten Preis der Weimarer Kunstaufgabe. Später – bei Besuchen in Friedrichs Atelier in Dresden – bemängelte jedoch der Geheimrat die Melancholie in dessen Bildern.

Fortan wimmelte er alle Versuche Friedrichs ab, Ankäufe seiner Gemälde für den Weimarer Hof zu unterstützen. Sichtlich genervt gestand Goethe gegenüber den Brüdern Boisserée bei einem ihrer Besuche in Weimar, dass er ein Bild von Friedrich zerschlagen habe "um seinen Mut zu kühlen".

Gemälde von Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832)
Johann Wolfgang von Goethe (1749-1832) soll ein Bild von Caspar David Friedrich an der Tischkante zerschlagen haben. Bildrechte: imago/United Archives

Als dann Friedrich seinerseits 1816 den Auftrag Goethes ablehnte, Wolkenstudien nach den meteorologischen Klassifizierungen Howards anzufertigen, kam es zum endgültigen Bruch.

Caroline Bardua (1781–1864)

Die Malerin Caroline Bardua war eine der ersten Frauen, der es gelang, sich eine Existenz als freie Künstlerin aufzubauen. Schon früh wurde ihr künstlerisches Talent erkannt und von Förderern eine zeichnerische Ausbildung in Weimar angeregt. Auf Empfehlung Goethes kam sie schließlich nach Dresden. Dort konnte sie ihre Fähigkeiten als Porträtmalerin an der Akademie bei Gerhard von Kügelgen verfeinern.

In Dresden lernte sie auch Caspar David Friedrich kennen. Ihr verdanken wir zwei der eindrucksvollsten Friedrich-Porträts: 1810 malte sie den Künstler im dunklen Gewand vor dunklem Hintergrund. Nur sein Gesicht und ein Streifen Meer leuchten hell. Und noch einmal – in seinem Todesjahr 1840 – fertigte sie ein Porträt von ihm als hinfälligen, alten Mann im Lehnstuhl, in seinen geliebten Pelzmantel gehüllt, den Blick in die Ferne gerichtet.

Historisches Porträt des Malers Caspar David Friedrich von Caroline Badua
Porträt von Caspar David Friedrich von der Malerin Caroline Bardua aus dem Jahr 1810 Bildrechte: IMAGO / Heritage Images

William Turner (1775–1851)

Wer glaubt, dass Friedrichs Sonnenuntergänge in leuchtendem Rot oder Orange einer überbordeten Fantasie entsprang, irrt. Die feurigen Himmel von 1815/16 gab es wirklich!

Grund war der Ausbruch des indonesischen Vulkans Tambora im Jahr 1815. Riesige Asche- und Schwefelwolken überzogen damals die Erde. Als sie 1816 Europa erreichten, verlor der Kontinent einen Sommer, die Temperaturen fielen, Unwetter und Hungersnöte brachen aus.

Nicht nur die Werke des Malers von der Elbe erzählen von der leuchtenden Katastrophe, auch der Himmel über England zeigte nie gesehene Farben. Die Bilder des Landschaftsmalers William Turner zeugen noch heute davon.

Anders als Friedrich ging der Romantiker Turner jedoch bis an die Grenze der reinen Malerei: Landschaften, Wolken, Meer und Sonnenuntergänge lassen sich in einem Strudel aus Form und Farbe nur noch erahnen.

Gemälde von Joseph Mallord William Turner, das stürmische See zeigt und in bläulichen und rötlichen Farben gehalten ist.
Eine bewegte Küstenlandschaft von William Turner. Bildrechte: IMAGO / alimdi

1994 stahlen zwei Männer zwei Gemälde von Turner aus der Frankfurter Ausstellung "Goethe und die Kunst". Und da ein Gemälde Friedrichs neben den Turners hing, nahmen sie kurzerhand auch noch die "Nebelschwaden" des deutschen Romantikers mit. Es dauerte fast zehn Jahre, bis das letzte Gemälde – Friedrichs Nebelbild – gefunden und der Hamburger Kunsthalle zurückgegeben werden konnte.

Mary Shelley (1797–1851)

Die Katastrophe am Tambora bewirkte auch bei der britischen Autorin Mary Shelley einen kreativen Ausbruch. Die gerade 19-jährige Autorin war zu diesem Zeitpunkt bei Lord Byron in Genf, einer Stadt, die stark von dem Naturereignis betroffen war.

Shelley berichtete von faustgroßen Hagelkörnern, Regen mit rotem Schimmer wie Blut oder Schnee im Juli. Als dann zur Beschäftigung bei düsterem Wetter ein Schreibwettbewerb in der Villa Diodati ausgerufen wurde, entstand ihr erster Entwurf von "Frankenstein", der später zu einem literarischen Meilenstein der romantischen und fantastischen Literatur werden sollte.

Zu Shelleys Gesamtwerk zählen Romane, Kurzgeschichten, Theaterstücke, Essays, Gedichte, Rezensionen, Biografien und Reiseerzählungen. Sie gab außerdem das Werk ihres früh verstorbenen Ehemanns Percy Bysshe Shelley heraus, mit dem sie seit dem Jahr des Vulkanausbruchs verheiratet war.

Gemälde der Autorin Mary Shelley, das in dunklen Farben gehalten ist
Nichts für schwache Nerven: Schriftstellerin Mary Shelley war die Schöpferin von "Frankenstein" Bildrechte: IMAGO / Heritage Images

Heinrich von Kleist (1777–1811)

Als der Dramatiker und Publizist Heinrich von Kleist 1810 in der Berliner Akademie-Ausstellung das Bild "Mönch am Meer" von Caspar David Friedrich erblickte, war er wie vom Donner gerührt. Er schrieb: "So ist es, als ob einem die Augenlider weggeschnitten wären“ – ein vielzitierter Satz. Doch bei Kleist geht es noch weiter: "Nichts kann trauriger und unbehaglicher sein, als diese Stellung in der Welt […]", so der Dichter über den einsamen Mönch.

Ist die Aussichtlosigkeit, die Kleist in Friedrichs Gemälde zu erkennen schien, die eigene? Wenige Monate nach dem Aufsatz "Empfindungen vor Friedrichs Seelenlandschaft" griff der Schöpfer von "Michael Kohlhaas" und "Käthchen von Heilbronn" zur Pistole und beendete sein Leben am Berliner Wannsee.

Zeichnung des Dramatikers Heinrich von Kleist in schwarz-weiß
Heinrich von Kleist starb mit Mitte 30 und hinterließ ein beachtliches literarisches Werk. Bildrechte: picture alliance / dpa | Patrick Pleul

Richard Wagner (1813–1883)

Nicht nur für Kleist ("Hermannsschlacht") und Caspar David Friedrich war der deutsche Wald identitätsstiftendes Symbol: Der Komponist Richard Wagner machte sich daran – allerdings erst 1876 – ein Opus Magnum auf die Bühne zu bringen: seine rund 16-stündige Opern-Tetralogie "Der Ring des Nibelungen". Die Kulisse auch hier: der deutsche Wald!

Fotografie des Komponisten Richard Wagner (1813-1883), der zwischen einem Stuhl und einem Tisch steht und zur Seite blickt
Im Zeitalter der frühen Fotografie: der Komponist Richard Wagner fotografiert von Franz Hanfstaengl. Bildrechte: imago images / Heinz Gebhardt

Doch Wagner und Friedrich hätten sich schon viel früher zufällig über den Weg laufen können: Im Gasthof Blasewitz bei Dresden logierte der noch junge Komponist 1837 und schrieb am letzten Akt seiner Oper "Rienzi", während Friedrich – schon ein alter Mann – dort sein geliebtes bayerisches Bier trank.

Clara Schumann (1819–1896)

Als Neunjährige debütierte das "Wunderkind" Clara Wieck am Klavier im Leipziger Gewandhaus. In den folgenden Jahren erwarb sie sich Anerkennung als bedeutende Pianistin und Komponistin in ganz Europa.

Der österreichische Kaiser ernannte die Künstlerin 1838 zur k.k. Kammervirtuosin. Von der Gesellschaft der Musikfreunde Wien erhielt sie eine Ehrenmitgliedschaft, was in dem männerdominierten Verein eine Ausnahme darstellte.

Zeichnung von Clara Schumann, die Komponistin sitzt am Klavier, die linke Hand auf den Tasten
Eine Zeichnung der jungen Clara Schumann, geb. Wieck. Bildrechte: IMAGO/Gemini Collection

Hochzeit und Todesfall: 1840 heiratete Clara – in Friedrichs Todesjahr – gegen den Willen ihres Vaters den Komponisten Robert Schumann. Eine Hochzeit, die erst vor Gericht erstritten werden musste.

Später stellte Clara Schumann Beruf und Berufung in den Schatten ihres Mannes, ihre Auftritte wurden seltener. Aus Rücksicht auf Roberts Gesundheit übersiedelte das Paar im Herbst 1844 von Leipzig nach Dresden und blieb dort fünf Jahre. So werden heute alle drei, Friedrich und die beiden Schumanns, der Dresdner Romantik zugerechnet.

Napoleon Bonaparte (1776–1821)

Nach dem Sieg Napoleons 1806 in der Doppelschlacht von Jena und Auerstedt wurde Sachsen durch den "Frieden von Posen" zum Königreich Sachsen und zu einem französischen Protektorat.

Der Maler verachtete Zeit seines Lebens den französischen Feldherren, der für ihn der "Feind alles Guten" darstellte. Als Anhänger der nationalen Befreiungsbewegung teilte er den "Franzosenhass" mit Gleichgesinnten wie Kleist, Ernst Moritz Arndt und Theodor Körner.

Kaiser Napoleon im Porträt mit Zepter, Krone und Nerzmantel
Der Kaiser der Franzosen, Napoleon I. im Krönungsornat, gemalt 1806/10 von François Gérard. Bildrechte: imago images/Adam Eastland

Als 1813 die Franzosen Dresden besetzten, floh der Künstler in das Fischerdorf Krippen an der Elbe. Dort kam es möglicherweise zu einer unglaublichen Begegnung, denn auch Napoleon landete im selben Dorf am 20 Juni mit einigen seiner Offiziere, um Wege nach Böhmen zu erkunden. Ob es zu einem Aufeinandertreffen kam? Darüber kann nur spekuliert werden.

Quelle: Florian Illies, Zauber der Stille; Willi Geismeier, Caspar David Friedrich

Buchtipp Florian Illies: "Zauber der Stille. Caspar David Friedrichs Reise durch die Zeit"
S.Fischer Verlag, 2023
256 Seiten, gebunden
ISBN: 978-3-10-397252-8

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