Lange Tradition: Regionale Bildungspolitik seit 1871
Der ausgeprägte Föderalismus im Kultur- und Bildungssystem hat eine lange Tradition. Bis 1871 bestand Deutschland aus vielen selbständigen Feudalstaaten und freien Reichstädten. Diese Kleinstaaten betrieben jeweils ihre eigene Kultur- und Bildungspolitik. Auch mit der Gründung des Deutschen Reichs 1871 wurden die Kompetenzen nicht zentralisiert. Die neue Reichsregierung erhielt eine Zuständigkeit für die kulturelle Außenpolitik, die Teilstaaten blieben für Bildung, Kultur und Kirche verantwortlich. Diese Aufteilung hatte auch während der Weimarer Republik Bestand.
Erstmals zentralisiert wurden Kultur und Bildung gewaltsam durch das nationalsozialistische Regime. Der damit einhergehende ideologische Missbrauch von Kunst, Kultur, Universitäten und Schulen führte nach Ende des Zweiten Weltkriegs zu einer besonderen Wertschätzung der föderalen Kompetenzaufteilung. Die bildungspolitische Verantwortung des Gesamtstaates in der Bundesrepublik Deutschland wurde von den Allierten mit strengen Auflagen belegt.
Ganz anders in der DDR: Dort wurden die Länder 1952 aufgelöst. An ihre Stelle traten 15 Bezirke, der Parteizentralismus traf auch den Kultur- und Bildungssektor. Nach der Wende wurde ein Großteil der staatlichen Bildungseinrichtungen auf die neuen ostdeutschen Länder und Kommunen übertragen.
Auch die zwei großen Föderalismusreformen der Bundesrepublik von 2006 und 2009 brachten keine grundsätzliche Neuordnung im Bildungssystem, geschweige denn eine Zentralisierung auf Bundesebene. Allein bei der Kulturfinanzierung und den Kulturetats bewirkten die Reformen Kürzungen.