Schwere Elemente Extremer Ort: Gold kann in Materiescheiben um Schwarze Löcher entstehen
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17. November 2021, 09:37 Uhr
Deutsche Forscher haben eine neue Theorie, wie das Gold entstanden ist. Sein Ursprungsort könnte eine der exotischsten Umgebungen des Universums sein. Die Materiescheiben rings um Schwarze Löcher.
Woher kommt das Gold? Na vom Juwelier, werden Sie sagen. Oder: Hab' ich geschenkt bekommen. Und Sie haben natürlich recht mit dieser Antwort. Aber unsere Frage geht tiefer: Wie ist es entstanden? Denn auf der Erde wurde es zwar gefunden, aber entstanden ist es ganz woanders. Sterne spielen dabei eine wichtige Rolle und sehr extreme Bedingungen. Schauen wir also auf die Entstehung der Elemente. Vielleicht haben Sie ja schon einmal gehört, dass wir alle Sternenstaub sind. Und das ist richtig. Denn ohne die Sterne gäbe es die Elemente nicht, aus denen wir bestehen. Dort verschmelzen Teilchen je höher der Druck wird zu immer größeren Atomkernen und damit zu immer neuen schweren Elementen.
Die Elemente werden in den Sternen gebaut, dann kriegen sie irgendwann einen Kohlenstoffkern, dann kommen sie zum Mangan, Silizium, Argon und da werden dann die ganzen Elemente aufgebaut.
Doch für Elemente wie Platin oder Gold braucht es noch extremere Bedingungen. Zum Beispiel Neutronensterne. Die sind ohnehin schon ganz schön exotisch. Etwas vereinfacht könnte man sie als einen gigantischen Atomkern bezeichnen, sagen Astrophysiker. Aber einen, mit einem Radius von etwa 12 Kilometern und 500.000 Erdmassen. In seinem Kern sind mehrere hundert Millionen Tonnen Materie auf einen Kubikzentimeter zusammengepresst. Dabei rotieren einige dieser Neutronensterne so schnell, dass sie pro Sekunde mehrere hundert Umdrehungen schaffen. Sie stellen die extremste Materieform im beobachtbarem Universum dar.
Manchmal reicht ein Neutronenstern nicht aus
Um jedoch solche schweren Elemente zu erzeugen, reicht ein Neutronenstern noch nicht aus, dafür müssen zwei von ihnen miteinander verschmelzen. 2017 konnten Wissenschaftler zum ersten Mal eine solche Verschmelzung beobachten, durch die Gravitationswellen, die dabei erzeugt wurden. Über eine Minute lang konnten diese Kräuselungen in der Raumzeit gemessen werden. Und dabei gelang es außerdem, in der Strahlung nachzuweisen, welche neuen Elemente bei der Vereinigung der beiden Neutronensterne entstanden waren, darunter zum Beispiel Platin und Gold. Auch das war bisher nur theoretisch vorhersagbar gewesen.
"Dieser erste Nachweis der Gravitationswellen von verschmelzenden Neutronensternen ist für sich allein genommen schon extrem spannend", schrieben Karsten Danzmann, Bruce Allen und Alessandra Buonanno vom Max-Planck-Institut für Gravitationsphysik in Hannover und Potsdam in einer Mitteilung zur damaligen Entdeckung. "Aber die Kombination mit Dutzenden von Folgebeobachtungen im elektromagnetischen Spektrum macht es wirklich revolutionär." Der Chef des Gravitationswellenexperiments LIGO hielt damals bei der Pressekonferenz voller Stolz die goldene Taschenuhr seines Ur-Großvaters in die Kameras.
Entdeckungen bringen Antworten – und neue Fragen
Doch wie bei allen Entdeckungen entstehen durch neue Erkenntnisse immer auch neue Fragen. In diesem Fall zum Beispiel: Wie kommt das Material nach so einer Neuronensternverschmelzung von dort auf die Erde, wann und warum wird es herausgeschleudert? Oder gibt es womöglich noch andere Ereignisse, in denen schwere Elemente produziert werden können? Und genau darauf haben Forscher des Helmholtzzentrum für Schwerionenforschung in Darmstadt eine Antwort gefunden. "Aussichtsreiche Kandidaten für die Produktion von schweren Elementen sind schwarze Löcher, die von einer Akkretionsscheibe aus dichter und heißer Materie umkreist werden", schreiben Sie über die Forschungsergebnisse, die jetzt im Journal "Monthly Notices of the Royal Astronomical Society" veröffentlicht wurden.
Und genau so ein System entsteht zum Beispiel nach der Verschmelzung von Neutronensternen oder dem Kollaps und der anschließenden Explosion eines rotierenden Sternes. Das ist in der Forschung bekannt. Die Aufgabe war jetzt, zu zeigen, dass in diesen, ein Schwarzes Loch umkreisenden Materiescheiben – das sind die oben erwähnten Akkretionsscheiben – auch wirklich schwere Elemente, wie zum Beispiel Gold oder Uran gebildet werden können. In der Forschung wird das als r-Prozess bezeichnet. Und dieser Prozess konnte mit Computersimulationen untersucht werden. Die Berechnungen zeigten dann, dass es eine optimale Scheibenmasse gibt, bei der große Mengen solcher Elemente entstehen. Sie liegt zwischen 0,01 und 0,1 Sonnenmassen.
Jetzt fehlen noch die Lichtsignale
In Zukunft, so der Leiter der Forschungsgruppe Dr. Andreas Bauswein, könnte es auch gelingen, die von der ausgestoßenen Materie erzeugten Lichtsignale zu untersuchen. Mit deren Hilfe könnte man dann bei den kollidierenden Neutronensternen Rückschlüsse auf die Masse und Zusammensetzung der ausgestoßenen Materie ziehen. "Das gut koordinierte Zusammenspiel von theoretischen Modellen, Experimenten und astronomischen Beobachtungen wird uns Forschenden in den nächsten Jahren ermöglichen, Neutronensternverschmelzungen als Ursprung der r-Prozess-Elemente zu testen", prognostiziert Bauswein.
Link zur Studie
Die Studie "O. Just et.al. Neutrino absorption and other physics dependencies in neutrino-cooled black hole accretion discs" ist in den Monthly Notices of the Royal Astronomical Society veröffentlicht worden.
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