Holzfiguren mit Aluhüten und Schild
Wer an Verschwörungstheorien glaubt, lehnt Klimaforschung oder Corona-Impfungen oft ab. (Symbolbild) Bildrechte: IMAGO / Panthermedia

Energiewende Studie: Glaube an Verschwörungstheorien mit Ablehnung von Windkraft verbunden

15. Dezember 2022, 18:00 Uhr

Wer von Verschwörungstheorien überzeugt ist, steht dem Bau neuer Windräder meist ablehnend gegenüber, zeigt eine neue Studie. Einfache Pro-Windkraft-Werbung kann diese Einstellung aber ändern.

Will Deutschland die Energiewende schaffen, werden dringend mehr Windkraftanlagen vor den Küsten, aber auch an Land benötigt. Doch an vielen Orten protestieren Bürger gegen neue Windräder. Ein Forscherteam um Kevin Winter vom Leibniz-Institut für Wissensmedien in Tübingen hat nun untersucht, welche Rolle der Glauben an Verschwörungstheorien für die Frage spielt, wie stark jemand für oder gegen ein Windparkprojekt eingestellt ist. Dazu testeten die Wissenschaftler insgesamt 4170 Teilnehmer, die sich vorstellen sollten, an einem fiktiven Referendum über die Errichtung von fünf Windrädern teilzunehmen.

Wer an die Ermordung von Lady Di glaubte, lehnte oft Corona-Impfungen ab

Im Fachmagazin Nature Energy betonen Winter und Kollegen die Bedeutung dieser Frage angesichts der globalen Herausforderung, im Angesicht der Klimaerwärmung eine erfolgreiche Transformation der Energieversorgung zu schaffen. Schon aus der Debatte um die Corona-Impfungen sei bekannt, dass der Glaube an Aussagen wie "Politiker sind nur Marionetten in den Händen geheimer Eliten" und "Diese Eliten täuschen die Öffentlichkeit geschickt" oft mit einer hohen Ablehnung der Impfkampagne einherging.

Dieses Muster beschränke sich nicht auf Deutschland, sondern sei auch in den USA und vielen anderen Ländern beobachtet worden. Demnach haben Studien gezeigt, dass bis zu einem Viertel der Ablehnung von Corona-Impfungen statistisch verbunden war mit der Zustimmung zu Aussagen wie "Prinzessin Diana wurde ermordet" oder "Die Anschläge am 11. September 2001 wurden von der CIA geplant".

Auch über Windenergie kursieren in sozialen Medien Theorien, die von wissenschaftlich anerkannten Studien bislang nicht belegt werden konnten, etwa, dass Windräder für eine Zunahme von Krebs-Erkrankungen, für Fatigue oder Missbildungen bei Neugeborenen verantwortlich sein sollen.

Werbung kann Verschwörungstheoretiker überzeugen

In den verschiedenen Studiengruppen, die die Forscher jetzt befragt haben, war die Zustimmung zu neuen Windrädern insgesamt moderat bis hoch. Auf einer Skala von 0 Prozent ("würde sehr sicher gegen den Windpark stimmen") bis 100 Prozent ("wäre auf jeden Fall für den Windpark") lag die Zustimmung insgesamt bei 65 Prozent.

Wer allerdings Zustimmung zu Verschwörungstheorien zeigte, stand den Windrädern umso skeptischer gegenüber, je stärker dieser Glauben war. Für jeden Prozentpunkt auf der Verschwörungsskala sank die Zustimmung zu den Windrädern um 11 Prozentpunkte.

In einem weiteren Schritt teilten die Forschenden nun einem kleinen Teil der Gruppe eine Informationsbroschüre aus, die Vorteile des Windparks aufzählte, darunter das Einsparpotenzial bei CO2, Gewinne bei der Energiesicherheit oder finanzielle Einkünfte für die Gemeinde. Gegenüber einer Kontrollgruppe, die keinerlei Information erhalten hatte, erhöhte das die Zustimmung um 4,6 Prozent. Interessanterweise sei der Effekt am größten gewesen bei denjenigen, die die stärkste Zustimmung zu Verschwörungstheorien gezeigt hätten, schreiben die Autoren.

Ausgewogene Information führt zu weniger Zustimmung bei Verschwörungstheoretikern

An der Stärke des Effekts änderte sich nichts, wenn auf dem Informationsmaterial nicht die lokale Gemeinde als Absender angegeben wurde, sondern der künftige Windparkbetreiber. Und auch wenn das fiktive Referendum nicht von Befürwortern der Windkraft, sondern von ihren Kritikern initiiert wurde, wirkte sich das nicht auf die Zustimmung der Verschwörungsgläubigen aus.

Dagegen änderte sich das Bild bei einer weiteren Gruppe, deren Infomaterialien zusätzlich zu den Argumenten für die Windräder auch eine Reihe von Gegenargumenten enthielt. Hier hatten die Forschenden vermutet, dass ausgewogene Informationen das Vertrauen der Nutzer in die Informationsquelle erhöhen. Jedoch reduzierte das den Effekt der Pro-Argumente um 3,2 Prozent. Die Zustimmung zum Windpark erhöhte sich hier nur noch um 1,4 Prozent.

Kaum zu überzeugen: Glaube an eine Verschwörung von Gemeinde und Windparkbetreiber

Am geringsten waren die Effekte von Informationen bei Menschen, die an ganz konkrete Verschwörungen vor Ort glaubten. Wer der Meinung war, die lokale Gemeindeverwaltung halte Hinweise auf mögliche Nachteile durch die Errichtung der Windräder zurück oder habe sogar mit dem Windparkbetreiber geheime Absprachen zum beiderseitigen finanziellen Vorteil getroffen, der ließ sich von den Argumenten für die Windräder nur wenig umstimmen.

Insgesamt lässt sich aus der vorliegenden Studie zusammenfassend schließen: Nicht alle Gegner von Windrädern glauben an Verschwörungstheorien. Aber viele Verschwörungstheoretiker sind Gegner der Windkraft.

(ens)