Biologisches Rätsel gelöst Wie Stress graue Haare macht
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22. Januar 2020, 19:00 Uhr
US-Wissenschaftler haben Beweise gefunden, wie Stress für graue Haare sorgt. Sie entdeckten eine Verbindung zwischen dem Nervensystem, das für Kampf oder Flucht verantwortlich ist, und Stammzellen, die Pigmente regenerieren.
"Wegen Dir krieg ich noch graue Haare!" Wenn Ihnen Ihr Gegenüber diesen Satz entgegenschleudert, will er Ihnen in der Regel sagen: "Du machst mir Stress!" Doch ist das wirklich so? Sorgt Stress tatsächlich für graue Haare?
Marie Antoinettes weißes Haar
Zahlreiche Anekdoten und Berichte scheinen die Annahme zu belegen: Als beispielsweise Frankreichs Königin Marie Antoinette während der Französischen Revolution 1793 ins Gefängnis geworfen wurde, sollen ihre Haare über Nacht schlohweiß geworden sein. Auch von Soldaten, welche die verheerenden Trommelfeuer des Ersten Weltkrieges überstanden, aber auch von anderen Kriegsteilnehmern gibt es derartige Erzählungen.
Harvard-Forscher liefern Beweise
Wissenschaftler der renommierten Harvard University in Boston, Pennsylvania, haben nun erstmals wissenschaftliche Beweise dafür gefunden, wie extremer Stress graue Haare verursacht. Das Team um den Professor für Stammzellenforschung Ya-Chieh Hsu fand in Versuchen mit Mäusen heraus, was bei diesem Prozess genau passiert. Wie die Forscher in einer Studie, die in der Fachzeitschrift Nature veröffentlicht wurde, schreiben, aktiviert Stress ein bestimmtes Nervensystem, das für die Kampf- oder Fluchtreaktion des Körpers verantwortlich ist.
Stammzellen wandeln sich um
Dieses sogenannte Sympathische Nervensystem, kurz Sympathikus genannt, verzweigt sich unter anderem in den einzelnen Haarfollikeln auf der Haut. Das sind jene Strukturen, welche die Haarwurzel umgeben. In den Haarfollikeln wiederum fungieren bestimmte Stammzellen (Melanozyten-Stammzellen) als Reservoir für jene Zellen, welche die Farbpigmente für die Haare produzieren. Wenn sich das Haar regeneriert, wandeln sich einige dieser Melanozyten-Stammzellen in pigment-produzierende Zellen um. Diese färben dann das Haar.
Noradrenalin ist schuld
Die Harvard-Forscher um Hsu fanden nun heraus, dass Stress die Nerven des Sympathikus veranlasst, den Botenstoff Noradrenalin (Norepinephrin) freizusetzen. Das eng mit Adrenalin verwandte Stresshormon bewirkt die Anpassung des Körpers an äußere Faktoren. So lässt es zum Beispiel den Blutdruck steigen, indem es für eine Verengung der Arterien sorgt. Bei der Aufnahme des Noradrenalins durch die in den Haarfollikeln befindlichen pigment-regenerierenden Melanozyten-Stammzellen wandeln sich diese allerdings nicht nur zum Teil, sondern gleich komplett in pigment-produzierende Zellen um.
Schaden ist dauerhaft
Diese Komplettumwandlung der Melanozyten-Stammzellen hat allerdings zur Folge, dass das Stammzellen-Reservoir in den Haarfollikeln vorzeitig erschöpft und dauerhaft geschädigt wird. Die Forscher zeigten sich nach ihren Versuchen regelrecht geschockt von den Ergebnissen: "Die schädlichen Auswirkungen von Stress auf den menschlichen Körper waren jenseits meiner Vorstellungen", sagte Studienleiter Hsu. "Bereits nach wenigen Tagen gingen alle pigment-regenerierenden Stammzellen verloren. Sobald sie verschwunden sind, können sie das Pigment nicht mehr regenerieren. Der Schaden ist dauerhaft."
Das ist der Grund, warum derjenige, der einmal graue Haare bekommen hat, nicht mehr auf natürliche Weise zu seiner ursprünglichen Haarfarbe zurückkehren kann. Einmal Grau – immer Grau.
Dieses Thema im Programm: MDR FERNSEHEN | BRISANT | 14. Oktober 2019 | 17:15 Uhr
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