Feuerwehrmann bei der Brandbekämpfung
Feuerwehrmänner löschen einen Waldbrand. Mit neuen und alten Technologien soll verhindert werden, dass das Feuer im Wald um sich greift. Oft entscheidet die erste halbe Stunde darüber, ob ein Brand unter Kontrolle gebracht wird. Bildrechte: IMAGO / suedraumfoto

Brand-Früherkennung Hightech gegen Waldbrände: Die ersten Minuten entscheiden

05. August 2022, 15:09 Uhr

Wie schwer kontrollierbar große Waldbrände sein können, zeigt sich aktuell in der Sächsischen Schweiz. Wenn wir vermeiden wollen, dass Brände so gewaltig werden, hilft eigentlich nur eines: Wir müssen sie früh erkennen – denn dann können wir sie löschen, bevor es gefährlich wird. Oft entscheidet die erste halbe Stunde. Kameramonitoring und Rauchsensoren in unseren Wäldern sollen dabei helfen, Brände möglichst früh zu melden.

Wenn der Wald erst einmal richtig brennt, ist Löschen nicht mehr so einfach – oft konzentrieren sich Feuerwehrleute dann darauf, Waldbrände "einzudämmen", also zu verhindern, dass der Brand auf weitere Gebiete übergreift. Wie das vonstattengeht, lässt sich aktuell beispielsweise in der Sächsischen Schweiz beobachten: Dort brennt der Wald seit mehreren Tagen, Feuerwehr und Bundeswehr sind im Dauereinsatz, Menschen müssen evakuiert werden.

Waldbrände sind ein wirtschaftlicher Schaden

Der Klimawandel wird in Mitteldeutschland in den kommenden Jahrzehnten für mehr Trockenheit sorgen – und damit steigt auch das Risiko für schwer kontrollierbare Waldbrände. Angesichts dessen erscheint eine Sache wichtig wie nie: Wir müssen Waldbrände möglichst früh erkennen. Denn dann erwischen wir sie vielleicht in einem Stadium, in dem wir sie noch löschen können. Für viele Forstbetriebe ist das wichtig, denn ein großer Waldbrand ist meist auch ein großer wirtschaftlicher Schaden.

Kiefernwälder in Sachsen besonders gefährdet

Besonders groß ist die Brandgefahr in Kiefernwäldern mit einem sandigen Boden. Zum einen sind diese Gebiete von Natur aus schon etwas trockener, aber auch die Kiefern selbst tragen dazu bei: Nach längerer Trockenheit brennen sie besonders schnell, weil sie Harze und ätherische Öle enthalten. In Mitteldeutschland gibt es solche Waldgebiete vor allem in Sachsen, deswegen betreiben die Landkreise Nordsachsen, Meißen, Bautzen und Görlitz jeweils ein System zur Früherkennung von Waldbränden.

Kameras identifizieren Rauchwolken

Thomas Sobczyk von der Unteren Forstbehörde ist im Landkreis Bautzen für das Automatische Waldbrandfrüherkennungssystem (kurz AWFS) verantwortlich. Dieses basiert auf einem Netzwerk von Feuerwachtürmen – von denen die ersten bereits 1902 bei Weißwasser entwickelt wurden. Einige Standorte der historischen Infrastruktur werden noch heute genutzt.

Waldbrand Früherkennung LK Bautzen
Feuerwachturm mit Kameras im Wald, Landkreis Bautzen. Diese Türme helfen bei der Früherkennung von Waldbränden. Bildrechte: Thomas Sobczyk

Im Abstand von circa 10 Kilometern überblicken die Wachtürme die Wälder. Früher saßen hier Menschen, mittlerweile sind es Kameras, die sich langsam um die eigene Achse drehen und nach Rauchwolken Ausschau halten. Entdecken sie etwas Verdächtiges, hilft eine Raucherkennungssoftware dabei, anhand der Graustufenveränderung festzustellen, ob es sich tatsächlich um einen Brand handeln könnte. "Das eigentliche Feuer ist in diesem Stadium noch nicht zu erkennen, weil Waldbrände fast immer am Boden entstehen", betont Thomas Sobczyk. Anschließend sende das System einen Alarm an die Zentrale in Hoyerswerda – dort werten Menschen die Kamerabilder aus, denn Fehlalarme gäbe es durchaus.

Waldbrand Früherkennung LK Bautzen
Auswertung der Kamerabilder in der Zentrale in Hoyerswerda. Bildrechte: Thomas Sobczyk

Die erste halbe Stunde ist entscheidend

Anhand der Kreuzpeilung zweier Kameras, die dieselbe Rauchwolke aus verschiedenen Perspektiven beobachten, lässt sich recht genau feststellen, wo sich ein Brand befindet. Allerdings müsse man auch beachten, dass der Wind die Rauchwolke möglicherweise ein Stück weitergeweht habe, betont Thomas Sobczyk. Ab einer gewissen Größe entdecke man so natürlich alle Brände, aber entscheidend sei, wie früh ein Brand erkannt werde: "In der ersten halben Stunde entscheidet sich, ob das ein schwer kontrollierbarer Großbrand wird oder wir es eben schnell löschen können."

Waldbrand Früherkennung LK Bautzen
Diese Kameras beobachten den Wald - und versuchen, Rauchwolken zu erkennen. Bildrechte: Thomas Sobczyk

In den vergangenen zehn bis 15 Jahren beobachte er, dass zunehmend Wälder betroffen sind, die früher eigentlich nicht als gefährdet galten, sagt Thomas Sobczyk. Flächendeckend gibt es solche Kamera-Frühwarnsysteme noch nicht in den Wäldern Mitteldeutschlands. Aber: wie wichtig das Thema wird, zeigt auch die große Zahl an Startups und neuen Ideen zur Früherkennung von Waldbränden. Ein Studierendenteam der FAU Erlangen arbeitet beispielsweise an speziellen Drohnen, die Waldbrände beim Überfliegen erkennen können.

Rauchmelder: Gassensoren im Wald

Eine andere Idee kommt vom Startup Dryad: Kleine, blattförmige, solarbetriebene Sensoren, die in drei Meter Höhe an Bäumen angebracht werden. Die Sensoren messen die Konzentration von Wasserstoff, Kohlenmonoxid und anderen Gasen, aber auch Temperatur, Feuchtigkeit und Luftdruck. So sollen Waldbrände schon während der Schwelbrandphase innerhalb der ersten 60 Minuten entdeckt werden, sagt Geschäftsführer Carsten Brinkschulte: "Quasi so früh, dass man den Brand fast noch mit einer Gießkanne löschen kann." Viele Kamerasensoren überwachen den Wald von oben – deswegen merken sie erst, wenn der Rauch bereits durch die Baumkronen dringt, dass es brennt. Bis das passiere, könne der Brand aber schon sehr viel größer sein, sagt Carsten Brinkschulte.

Waldbrandsensor von Dryad
Solarbetriebener Rauchsensor der Firma Dryad. Er soll Brände frühzeitig "riechen". Bildrechte: Dryad

Der Waldbrandsensor von Dryad ist Teil eines größeren Systems: Über ein Mesh-Gateway (Mesh steht für Netzwerk) sendet er Informationen an ein Border-Gateway, dass sich, wie der Name Border/Grenze bereits sagt, am Waldrand befindet. Dieses wiederum sendet die Informationen von dort ins Netz. Dann könne beispielsweise per E-Mail eine Warnung verschickt werden, sagt Carsten Brinkschulte. Damit sein System funktioniert, müsste etwa alle hundert Meter ein Sensor im Wald positioniert werden. Vorerst empfiehlt er die Sensoren aber verstärkt für Gebiete, in denen sich Menschen im Wald aufhalten – dort brenne es nämlich am häufigsten. "In Brandenburg beispielsweise sind 86 Prozent der Waldbrände menschengemacht", betont Carsten Brinkschulte.

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Die Firma Dryad will Waldbrände möglichst frühzeitig entdecken - laut eigenen Angaben schon etwas schneller als Kamerasysteme. Bildrechte: Dryad

An Waldbränden ist fast immer der Mensch schuld

Der Forstwissenschaftler Michael Müller von der TU Dresden sagt ebenfalls, von selbst entzünde sich der Wald eigentlich nicht. "Man braucht auch beim trockensten Material im Wald mindestens 300 Grad Celsius, um eine Flamme zu entzünden. Das ist schon ziemlich viel." Auf natürliche Art könne das eigentlich nur durch Blitzeinschläge passieren. Für alles andere sei der Mensch verantwortlich – ob bewusst oder unbewusst. Auslöser für Waldbrände können beispielsweise Zigaretten sein, Streichhölzer oder Lagerfeuer, aber auch Katalysatoren von Autos oder schnelldrehende Maschinen. Die Hauptursache für Waldbrände ist allerdings Brandstiftung.

bri Klimakiller 2 min
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