Klimawandel Vergrößern Waldbrände das Ozonloch?

11. Februar 2021, 10:58 Uhr

Bereits 1974 hatten die Chemiker Mario M. Molina und Frank Sherwood Rowland vor den negativen Auswirkungen von Fluorchlorkohlenwasserstoffen (FCKW) auf die Ozonschicht gewarnt. 1985 bestätigte sich ihre Vorhersage, das Ozonloch über dem Südpol wurde entdeckt. Der weltweite Verzicht auf die schädigenden Chlorverbindungen sorgte dafür, dass sich die Ozonschicht langsam wieder erholt. Jetzt zeigen sich jedoch wieder Rekordlöcher, oft im zeitlichen Zusammenhang mit großen Waldbränden.

Waldbrand
Bildrechte: IMAGO / ITAR-TASS

Ist das Zufall? Oder gibt es da einen Zusammenhang? Schadet der Rauch der großen Waldbrände der Ozonschicht? Für den Meteorologen Dr. Albert Ansmann vom Leibniz-Institut für Troposphärenforschung TROPOS in Leipzig ist das durchaus denkbar, auch wenn es dazu bislang noch keinerlei Studien gibt. Dazu erklärt er, wie der Ozonabbau überhaupt vonstatten geht.

Aggressive Chlorkomponenten entstehen in stratosphärischen Wolken

Damit aggressive Chlorkomponenten entstehen und Ozonmoleküle zersetzen können, müssen stratosphärische Wolken entstehen. Die wiederum brauchen sehr kalte Luft: Minus 78 bis minus 85 Grad Celsius müssen vorherrschen. Stabile Polarwirbel sorgen dafür, dass sich die Luft an den Polen von anderen Strömungen isoliert und damit auf diese Temperaturen abkühlen kann. All dies geschieht im polaren Winter, in der Dunkelheit. Kommt dann mit dem Frühling die Sonne, stößt sie die chemischen Reaktionen in den stratosphärischen Wolken an. Eine reaktive Chlorkomponente kann dabei bis zu 10.000 Ozonmolkeüle zerstören.

Rauch der Waldbrände könnte Polarwirbel verstärken und Wolkenbildung beeinflussen

Dass der Rauch der riesigen Waldbrände in Sibirien im August 2019 und in Australien im Januar 2020 die Stratosphäre erreicht hat, ist nachgewiesen. Lasermessungen des Leibniz-Instituts für Troposphärenforschung in Punta Arenas/Südchile und während der jüngsten MOSAIC-Polarstern-Expedition zum Nordpol zeigten den Rauch in Höhen von 10 km bis teilweise weit über 20 km. Der sibirische Rauch verteilte sich gleichmäßig über den nördlichen Teil der Nordhemisphäre und der australische Rauch im südlichen Teil der Südhemisphäre. Wenige Monate danach wurde an beiden Polen ein Rekordschwund der Ozonkonzentration nachgewiesen. Dr. Albert Ansmann sieht folgenden möglichen Zusammenhang:

Der Rauch könnte zum einen den polaren Wirbel verstärken, der Voraussetzung für die Bildung sogenannter polarer stratosphärische Wolken (PSCs) ist. Durch diese werden die aggressiven Chlorverbindungen überhaupt erst frei und können dann ihr zerstörerisches Werk angehen.

Dr. Albert Ansmann, Meteorologe

Zum anderen beeinflussten die Rauchpartikel auch die Bildung der stratosphärischen Wolken sowie deren Eigenschaften und damit ihre Fähigkeit, reaktive Chlorkomponenten überhaupt erst frei zu setzen.

Albert Ansmann
Dr. Albert Ansmann forscht am Leibniz-Institut für Troposphärenforschung Bildrechte: Tropos

Die Rauchpartikel sorgen möglicherweise auch direkt dafür, dass das aggressive Chlor entsteht, das dann im Frühjahr nach Sonnenaufgang in der Arktis oder Antarktis das Ozon auffrisst. Der Rauch schafft also zusätzliche Möglichkeiten, in den verstärkten Ozonabbau einzugreifen.

Dr. Albert Ansmann

Rauchverschmutzung der Stratosphäre erst vor vier Jahren nachgewiesen

Die Studien, die die Zersetzung des Ozons in der Stratosphäre bislang untersucht haben, haben den Einflussfaktor Waldbrandemission, also Rauch, noch nicht berücksichtigt. Bis vor etwa vier Jahren war noch nicht einmal bekannt, dass Rauchpartikel die Stratosphäre in so massiver Form überhaupt erreichen können.

Diese riesigen Waldbrände wie wir sie in Sibirien und Australien hatten, produzieren ihre eigenen Gewitter. Damit entstehen regelrechte thermische "Fahrstühle", mit denen der Rauch binnen kürzester Zeit mehr als 15 Kilometer in die Höhe befördern kann.

Dr. Albert Ansmann, Klimaforscher

Vor 2017 sei dieses Phänomen so gut wie nie aufgetreten, so Dr. Albert Ansmann. Für ihn als Klimaforscher ist das ein Alarmsignal:

Diese enormen Waldbrände sind eine Folge des Klimawandels. Und wenn sie tatsächlich Einfluss auf den Ozonabbau haben, haben wir ein ganz neues Problem, eine neue Dimension.

Dr. Albert Ansmann

Die Dichte der Ozonschicht schwankt also weiterhin, sowohl am Südpol, als auch am Nordpol. Die Animation der Europäischen Weltraumagentur ESA zeigt hier das durchschnittliche Ozon über der Antarktis vom 10. bis 14. September für jedes Jahr zwischen 1996 und 2017 über dem Südpol. Gemessen wird das in DU, der Dobson-Unit (benannt nach Gordon Dobson, der das erste Instrument zur Ozon-Messung entwickelte), die Sie unten in der Animation sehen. Violett bedeutet also wenig Ozon, rot viel Ozon.

krm

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