Artenschutz Hering, Otter und Langhornbiene – die Wesen des Jahres 2021
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08. April 2024, 13:50 Uhr
Immer zum Jahresende werden Wort und Unwort des Jahres gekürt, Trainer und Fußballer des Jahres... Da wird auf das vergangene Jahr geblickt. Aber es gibt auch eine Kür für das noch bevorstehende Jahr – die sogenannten Jahreswesen. Dabei geht es meist um Arten, die in ihrer Existenz bedroht sind, etwa weil der Lebensraum schwindet. Aber mitunter gibt es auch Erfreuliches zu berichten wie etwa vom Fischotter, der 2021 das Wildtier des Jahres ist.
Die Wahl der Jahreswesen ist eine wunderbare Gelegenheit, auf Tiere und Pflanzen einen neuen Blick zu werfen – zum Beispiel auf den Hering. Der Deutsche Angelfischverband hat ihn für 2021 zum Fisch des Jahres ausgerufen.
Normalerweise sehen wir ihn ja nur als Rollmops oder als Matjes auf dem Teller, aber wenn man ihn im Wasser beobachtet, dann kann man sehen, wie dieses silberne Schuppenkleid in unterschiedlichen Farben funkelt. Das kann man machen, wenn man zum Beispiel ins Ozeaneum nach Stralsund fährt. Da gibt es ein Becken – so ungefähr tausend Fische schwimmen da ruhelos rum und da kann man sehen, was für ein eleganter Fisch der Hering ist.
Doch der Hering ist auch fett und nahrhaft und war – auch fern der Meeresküsten – eine unentbehrliche Winter- und Fastenspeise. Das verdankt sich der Tatsache, dass er sich im Salz und auch im Rauchfang gut haltbar machen lässt. Aber bereits vor 150 Jahren schrieb der Naturforscher Alfred Brehm in seinem "Thierleben":
Wohl begründet ist die Furcht, dass das Meer, dem wir seit Jahrhunderten eine Ernte nach der anderen abgewonnen, verarmen kann, ja wenn wir so fortfahren wie wir es getrieben, verarmen muss.
Brehms düstere Prognose hat sich erfüllt. Doch die Wahl zum Fisch des Jahres soll nicht nur darauf verweisen, dass der Hering auf unserem Teller rar wird. Die Natur hatte ihn vor allem als Nahrung für Robbe und Dorsch vorgesehen, und fehlt der Hering, geht ein ganzes Ökosystem unter.
Die Wiederkehr der Fischotter
Doch mitunter gibt es auch Erfolgsgeschichten zu erzählen, wie die von der Wiederkehr der Fischotter, dem Wildtier des Jahres. Jahrhundertelang hatte der Otter als Fischräuber einen schlechten Ruf. Früher hieß es sogar, er würde Lämmer töten und unter Wasser ziehen – alles Jägerlatein. Dennoch gab es noch im 19. Jahrhundert eine Fangprämie für jede abgeschnittene Otternase.
Aber letztlich den Garaus machte dem Otter die Umweltverschmutzung, so die Flussbiologin Maria Schmalz. Sie kartiert die Dichte der Fischotterbestände in Thüringen. Vor allem das PCB, eine Stoffgruppe, die die Reproduktion verhindert, war schuld, so Schmalz. Und die Flussbegradigung, "die Nahrung nahm immer mehr ab und das hat in vielen Gebieten Deutschlands zum Aussterben geführt".
Ab den 1990iger-Jahren sind die Otter – vom Osten her – in die wieder sauberen Flüsse zurückgewandert. Und sie haben auch den einen oder anderen gut besetzten Karpfenteich gefunden.
Er frisst ja Fisch wie der Name sagt und er kann in Teichwirtschaften durchaus Schaden anrichten und das ist nicht von jedermann gern gesehen was ja auch verständlich ist.
Wald- oder Artenschutz?
Der Konflikt zwischen Wirtschaftsinteressen und Artenschutz ist ein Dauerthema, auf das der NABU mit seiner Wahl der Jahreswesen hinweisen will. Aber manchmal steht auch der Erhalt einer Art gegen Klimaschutzbestrebungen – wie das Beispiel des kriechenden Netzblattes zeigt.
Diese Orchidee wächst im Naturschutzgebiet Kernberge bei Jena und Biologe Jürgen Blank sucht sie der Einfachheit halber nach GPS: die Orchideenfreunde haben wirklich alle Standorten aufgelistet.
Die dunkelgrüne Blattrosette steht – halb schattig – zwischen Moos und Kiefernstreu. Früher war auf diesem Kalksteinplateau vermutlich ein Halbtrockenrasen, bis man sich vor Jahrzehnten entschlossen hat, einen Kiefernforst anzulegen und mit den Kiefern kam das Netzblatt.
Wahrscheinlich waren es die Zapfen. Orchideen haben ja ganz ganz winzige Samen und die bleiben natürlich auch an Zapfen hängen. Irgendwann werden dann mal die Samen ausgesät und mit den Zapfensamen hat man dann auch die Samen der Orchidee.
Heute sollen die Wirtschaftswälder nach und nach in klimaresistente Laubmischwälder umgebaut werden. Nur dass mittlerweile in dieser Kiefernmonokultur diese seltenen Orchideen wachsen. "Deshalb können wir nicht so einfach sagen, wir machen jetzt einfach Waldumbau", sagt Blank. Denn dann passiert folgendes: "Wenn wir den Kiefernforst fällen würden, dann würde hier relativ schnell Laubwald wachsen und dann ist es vorbei mit den kieferntypischen Pflanzen."
Zu den Jahreswesen 2021 gehören Schlafmohn, Schafgarbe und Meerrettich, Eintagsfliege, Wanderlibelle und Langhornbiene und jede Pflanze, jedes Tier repräsentiert ein eigenes Kapitel im Scheitern oder im Erfolg von Naturschutzbemühungen. Ihnen allen gilt in diesem Jahr unsere besondere Aufmerksamkeit. Denn nur, was wir kennen, das sehen wir und das werden wir auch bewahren wollen.
(sf)
Auf der Seite des Nabu finden Sie alle Wesen im Überblick. Und hier können Sie sofort etwas gegen Artenblindheit tun.